14 Gemeinden wurden in den 1990er Jahren nach Leipzig eingemeindet. Lindenthal ist eine davon, heute eine Ortschaft der Stadt Leipzig zwischen dörflichem Charakter und Industrie. Wir trafen uns mit dem Ortsvorsteher Thomas Hoffmann, um über Probleme, Erfolge und seine persönliche Einschätzung für die Gegenwart und Zukunft zu sprechen.

Guten Tag, Herr Hoffmann! Stellen Sie sich bitte einmal kurz vor.

Mein Name ist Thomas Hoffmann, ich bin für die CDU im Ortschaftsrat Lindenthal und wurde vom Ortschaftsrat zum Ortsvorsteher gewählt. Schon das dritte Mal und ich hoffe, die wertvolle Arbeit in Verbindung mit den Ortschaftsräten und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort weiter fortführen zu können.

Fährt man von der Kernstadt Leipzig über die Otto-Peters-Allee in Lindenthal ein, hat man den Eindruck einer dörflichen Gemeinde. Mit Erreichen der Lindenthaler Hauptstraße ändert sich das: Mehrgeschossige Wohnhäuser dominieren.

Ist Lindenthal eine Industriegemeinde oder ein Wohn-Vorort von Leipzig?

Sowohl als auch, wir haben viel Industrie. Meines Wissens werden im Leipziger Nordraum – speziell auch bei uns, Porsche, BMW, DHL, Flughafen – rund 40 Prozent der Steuereinnahmen der Stadt Leipzig generiert. Aber wir sind auch ein sehr schöner Wohnort. Natürlich ein Wohnort, wo wir mit Flug- und Autobahnlärm zu tun haben. Nichtsdestotrotz lässt es sich sehr schön hier wohnen. Also sowohl als auch, ist die Antwort.

Eine Verständnisfrage: Sie sprachen von Porsche, BMW und anderen Unternehmen. Welche liegen denn auf dem Gebiet von Lindenthal?

BMW gehört nicht zu uns, Porsche gehört aber zu uns. Auch das Güterverkehrszentrum gehört zu uns. Die vielen großen und kleinen Gewerbebetriebe, die wir hier angesiedelt haben, im Breitenfelder Gewerbegebiet zum Beispiel, die gehören alles zur Ortschaft Lindenthal mit Breitenfeld.

Die Grundschule in Lindenthal. Foto: Thomas Köhler
Die Grundschule in Lindenthal. Foto: Thomas Köhler

Oft beklagen die Menschen in den Ortschaften, dass ihre Probleme von der Stadt Leipzig nicht ernst genommen würden. Gilt das für Lindenthal auch und wie funktioniert die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung?

Das trifft bisweilen sogar zu Teilen zu. Es werden teilweise Innenstadtkonzepte über die Randlagen, Lindenthal, drüber gezogen. Das fängt schon beim Verkehr an. Ich kann die Straßen nicht so gestalten, dass ich überall Fahrradbügel hinbaue und Parkflächen wegmache. Wenn ich weiß, dass in der ländlichen Region nur einmal die Stunde ein Bus fährt, und weiß, dass die Bürger vor Ort auf die Kraftfahrzeuge angewiesen sind, das passt nicht zusammen.

Hier müsste etwas mehr Fingerspitzengefühl der innerstädtischen Verwaltung zum Tragen kommen. Direkt abgekoppelt fühlen wir uns, denke ich mal, nicht. Manchmal aber falsch verstanden. Ich denke, die Zusammenarbeit mit der Verwaltung hat sich in den letzten Jahren gebessert. Das sah bei meinem Amtsantritt, fand ich, wesentlich schlechter aus. Mittlerweile muss ich sagen, läuft es ganz gut.

Von Leipzig aus ist Lindenthal nur mit dem Bus erreichbar. Der fährt allerdings nicht so häufig, wie von Vielen gewünscht. Welche sind die dringendsten Verkehrsprobleme für den Ortsvorsteher und was wurde in den letzten Jahren erreicht?

Ich habe eben gesagt, wir haben einmal in der Stunde eine Busverbindung. In den Zeiten des Schülerverkehrs wird es auf zweimal die Stunde erhöht. Und, das ist die Antwort von den Leipziger Verkehrsbetrieben, was sehr gut ist, wir haben das Flexa-System. Das ist jetzt über Lindenthal und Breitenfeld ausgerollt worden. Die Bürger nutzen das.

Die Verfügbarkeit ist bisweilen beschränkt, das ist logisch, weil viele sitzen jetzt am Tisch, ziehen am Tischtuch und sagen, ich will jetzt unbedingt von dort nach dort fahren, und denken, nun jetzt fährt Flexa extra für mich. Flexa koordiniert natürlich und sagt auch manchmal, dass in zehn Minuten ein Bus vor Ort fährt, also geh doch mal lieber dorthin. Da sind nicht alle zufrieden, aber alles in allem hat sich die Verkehrsanbindung durch den ÖPNV insgesamt verbessert. Wir sind nicht in der Stadt, wo alle zehn Minuten Bus und Bahn fährt, das dürfte jedem klar sein. Es gibt immer etwas zu verbessern, aber dass man nur meckern kann, denke ich mal, muss nicht sein.

(Anmerkung der Redaktion: Zur Wahrheit gehört, dass die Linie 90 im 20-Minuten-Takt Lindenthal von Wahren kommend und im gleichen Takt von Paunsdorf kommend anfährt. Das stündlich bezieht sich wohl auf Breitenfeld.)

Der Ortschaftsrat in Lindenthal. Foto: Thomas Köhler
Der Ortschaftsrat in Lindenthal. Foto: Thomas Köhler

Was sind denn die Schwerpunkte bei der Verkehrsinfrastruktur, egal ob schon erledigt oder offen?

Die liebe Verkehrsinfrastruktur. Uns ist klar, dass die Stadt Leipzig sparen muss. Wir haben lange für den Minikreisel an der Hufschmiede gekämpft. Viele regen sich im Ort auf und sagen, Minikreisel ist so ein Blödsinn, wer denkt sich das aus?

Wir haben oft darüber diskutiert, hatten auch sehr oft das Mobilitäts- und Tiefbauamt hier im Haus. Eine Ampelkreuzung wäre viel teurer geworden. Der Minikreisel war dasjenige Konzept, bei dem wir gesagt haben, hier kann jeder damit umgehen. Wenn der Kreisel frei ist, fahre ich rein. Auch die Vorfahrtsstraßen, auf denen sich alles einordnet und keine langen Rückstaus mehr entstehen. Das hat die Verwaltung gut gelöst.

Unsere nächsten Projekte sind, dass die Lindenthaler Hauptstraße grundhaft saniert wird, also das restliche Stück. Wo wir richtig Handlungsbedarf sehen, das ist die Karl-Mansfeld-Straße, die hat nur einen Fußweg, die Straße ist verschlissen, der Bus fährt dort, es geht eng zu. Was uns fehlt, sind zwei, drei Meter, die müssten von einer Feldfläche dazu gekauft werden.

Das sind so unsere Hauptsachen, vielleicht noch die Verlängerung der Langen Trift. Das ist eine Straße, die im Grunde genommen von der Lindenthaler Hauptstraße in die Ortschaft reinführt. Sie endet allerdings in einem Wohngebiet. Wir wollen gerne die Verlängerung bis zur S1, sodass wir hier weitere Verkehre abfließen lassen können. Natürlich mit entsprechender Verkehrsberuhigung, das ist ja logisch.

Das Rathaus von Lindenthal. Foto: Thomas Köhler
Das Rathaus von Lindenthal. Foto: Thomas Köhler

Wie ist die Altersstruktur von Lindenthal und welche Angebote für Bürgerinnen und Bürger, von Kita, Schule über Kultur und Vereinsleben, gibt es?

In Lindenthal haben wir tatsächlich eine gesunde Mischung. Die Altersstruktur, jetzt müssen wir wieder unterscheiden, ist in Breitenfeld etwas höher. Dort haben wir das klassische Familienhaus-Szenario. Dort sind die Menschen schon etwas in meinem Alter. Hier in Lindenthal ist die Altersstruktur etwa um die 45 bis 50. Ich denke, das ist nicht die junge, hippe Gesellschaft, aber das ist die Gesellschaft, die gerade die Kinder hat. Wir haben also viele Kinder hier vor Ort. Das ist die Familienstruktur, die wir haben.

Im Grunde genommen ist nur die Grundschule auf Lindenthaler Grund. Die ist jetzt auf Dreizügigkeit erweitert worden, hier stehen wir noch ein bisschen im Konflikt. Wir im Ortschaftsrat glauben nach wie vor, dass die bestehende denkmalgeschützte Sporthalle für eine dreizügige Schule immer noch zu klein ist. Jetzt wird die Schule sogar dreieinhalbzügig gefahren. Dort haben wir noch einen Konflikt. Die weiterführende Paul-Robeson-Schule ist auf Wahrener Grund. Wir mischen uns dort ganz stark ein, was die grundhafte Sanierung angeht, weil auch viele Lindenthaler und Breitenfelder Kinder dorthin gehen.

Wir haben den Vorteil, wir haben jetzt ein grundhaft saniertes denkmalgeschütztes Gebäude bekommen. Das ist die alte Schule, die alte Dorfschule. Dort ist mit dem GeyserHaus e.V. ein Träger eingezogen, der dort einen offenen Treffpunkt geschaffen hat. Wir haben dort die Jugendarbeit im Haus, aber wir haben auch einen Raum für die generationsübergreifende Arbeit ausgebaut.

Dort haben wir für die Seniorinnen und Senioren ein Veranstaltungsangebot geschaffen. Es gab auch eine Informationsveranstaltung, die zusammen mit der Verbraucherzentrale Sachsen durchgeführt worden ist. Es gibt das Ökobad Lindenthal und wir veranstalten viele größere und kleine Ortsfeste, die die Vereine vor Ort organisieren. Zum Beispiel der Breitenfelder Bürgerverein, der Freiwillige Feuerwehrverein organisiert dann hier Lindenthaler Heimatfest. Also wir haben etliches an kleinen und großen Festen vor Ort. Das ist unsere Kultur.

Das Ökobad Lindenthal. Foto: Thomas Köhler
Das Ökobad Lindenthal. Foto: Thomas Köhler

Sie sagen also, dass Lindenthal ein funktionierendes Vereinsleben hat?

Auf alle Fälle. Erst letztens hat der Ortschaftsrat sämtliche Vereine aus dem Ort eingeladen. Da waren alle da. Vom TSV Lindenthal, über den Feuerwehrverein, Bürgerverein, der Araberhof war da, die Gartenvereine waren da. Also ich war schon erstaunt. Auch der Förderverein von der Grundschule und der Kirchverein waren da.

Es werden Terminabsprachen getroffen da wird geguckt, wie wir zukünftig Brauchtumsgelder sinnvoller einsetzen können. Also ja, wir haben auf alle Fälle ein sehr starkes Vereinswesen. TSV Lindenthal ist übrigens der größte Verein, gefolgt vom Bürgerverein und vom Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr.

Was wünscht sich der Ortsvorsteher für die nächsten Jahre?

Schauen wir mal in die Zukunft. Lindenthal wird wachsen und ich hoffe, dass wir durch viele Quartiersneubauten, die wir am Ort haben, die 1.000 bis 1.500 Menschen, die dann hoffentlich mehr zu uns kommen, auch gut wegstecken. Dazu plant gerade das Amt für Stadtgrün und Gewässer eine Fläche, die im Eigentum der Stadt Leipzig steht.

Dort werden neue Verbindungen geschaffen, die werden also überarbeitet, um Aufenthaltscharakter zu schaffen. Da hoffe ich, dass das alles gut geht, dass sich auch die neuen Bürger hier wohlfühlen. Ich würde mir wünschen, dass der Stadtrat und die Verwaltung das ebenso sehen wie der Ortschaftsrat, dass wir eine neue Sporthalle brauchen. Die Flächen wären da. Ich würde mir wünschen, dass wir mit den Straßen weiterkommen. Das sind die Hauptwünsche, denke ich mal.

Herr Hoffmann, ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche Ihnen und der gesamten Ortschaft viel Erfolg.

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