Für die Stadtratssitzung am Mittwoch, dem 18. Dezember beantragte die Linksfraktion extra eine aktuelle Stunde für das brennende Thema Kleinmesse. Die aktuelle Stunde fand zwar keine Mehrheit in der Ratsversammlung, aber OBM Burkhard Jung nutzte seinen Bericht des Oberbürgermeisters, um das ganze verzwickte Paket zu versuchen aufzudröseln, das schlichtweg dadurch entstanden ist, dass die Stadt Leipzig dem Fußballclub RB Leipzig mit der letzten Stadionerweiterung auch die notwendigen Stellplätze zugesagt hat. Oder genauer: vertraglich zugesichert. Als Baulasteintragung.
Und so etwas löst Zwänge aus. Erst recht, wenn das Thema jahrelang nicht angepackt wird. Und auch wenn Burkhard Jung in der Diskussion zu seinem Bericht dann versuchte, dem Stadtrat den Schwarzen Peter zuzuschieben, weil der 2019 die Pläne der Stadt ablehnte, das Arena-II-Gelände im Sportforum an RB Leipzig zu verkaufen bzw. in Erbbaupacht zu geben. Dann hätte RB hier seine neue Geschäftsstelle und ein zugehöriges Parkhaus gebaut. Aus Sicht der Stadtverwaltung wäre das Problem damit gelöst gewesen.
Dass der Stadtrat das damals ablehnte, hatte auch damit zu tun, dass hier eigentlich mal geplant war, die fehlende Grundschule fürs Waldstraßenviertel zu bauen. RB Leipzig nutzte dann die Gelegenheit, ein Grundstück an der Capastraße zu erwerben und dort seine Geschäftsstelle zu bauen.
Das Stellplatzproblem war dadurch immer noch nicht geklärt. Und das hatte Auswirkungen auf den lang erwarteten Rahmenplan zum Sportforum, in dem die fehlenden Stellplätze irgendwo nachgewiesen werden mussten.
Der Rahmenplan musste also wieder aufgeschnürt werden und kommt wohl Anfang 2025 in seiner neuen Variante zur Abstimmung in den Stadtrat. Und zumindest eine Chance sieht Burkhard Jung, das Stellplatzproblem tatsächlich zu lösen: Wenn in Zusammenhang mit dem Bau einer neuen Ballsporthalle neben der Arena auch ein entsprechend großes Parkhaus gebaut wird. Mit dem Freistaat sei er dazu schon im Gespräch. Denn bezahlen muss es ja irgendwer – und Leipzig hat diese finanziellen Spielräume nicht mehr.
Aber bevor hier gebaut wird, vergehen noch Jahre.
Wohin mit der Kleinmesse?
Was dann auf einmal das Kleinmessegelände in den Fokus rückte, das heute schon als Stellplatzfläche dient, wenn größere Spiele und Veranstaltungen sind und gerade keine Kleinmesse stattfindet. Perspektivisch habe die Stadt vor, das jetzige Festgelände ganz und gar an RB Leipzig zu verpachten. Und das ist wohl auch schon so zugesagt, auch wenn Burkhard Jung sagt, es sei nicht RB Leipzig, das hier Druck mache.
Linke-Stadtrat Volker Külow sprach am Mittwoch sogar von „Erpressung“. Eine Wortwahl, die Jung zurückwies. Aber Fakt ist auch: Die Pläne der Stadt gehen nur auf, wenn der Stadtrat Anfang 2025 dem neuen Rahmenplan zum Sportforum tatsächlich zustimmt.
Denn darin wird auch das Festgelände thematisiert und die Absprache, die Leipzig mit RB Leipzig getroffen hat: Dass der Fußballclub nämlich ab 2032, 2034 einen Erbbaupachtvertrag für das komplette Festgelände bekommt, um darauf ein neues Trainungsgelände zu etablieren.
Im Gegenzug hat sich RB Leipzig bereiterklärt, der Stadt bei der Suche nach einem neuen Festgelände zu helfen. Eine Suche, bei der man in den nächsten zehn Jahren fündig werden will. Zwei Vorschläge, wo man das finden könnte, wurden in der Ratsversammlung schon geäußert. SPD-Stadtrat Christopher Zenker findet eine Suche im Messegrund an der Alten Messe durchaus zielführend. Grünen-Fraktionsvorsitzender Dr. Tobias Peter schlug gar den Parkplatz vorm Völkerschlachtdenkmal vor.
Zehn Jahre Galgenfrist
Aber bis ein Ausweichstandort gefunden wird, soll die Kleinmesse am Cottaweg bleiben. Da waren sich im Grunde alle Sprecher zu diesem Thema einig. Der Vorschlag, für die von RB Leipzig benötigten Stellplätze auf ein Stück Festgelände zu verzichten, kam ja direkt von den Schaustellern. Dann könnte die Kleinmesse tatsächlich auch dann stattfinden, wenn Fußballspiele im Stadion stattfinden.
Aber auch das scheint nur möglich, wenn Leipzig jetzt schon den Pachtvertrag mit RB Leipzig unterschreibt. Im Januar will Burkhard Jung diesen Pachtvertrag der Ratsversammlung vorlegen. Dann – so betonte er – sei auch gesichert, dass die Frühjahrskleinmesse im April am Cottaweg stattfinden kann.
Was gerade für die Schausteller ein denkbar knapper Zeitraum für die Planung ist, wie Volker Külow mehrfach betonte. Aber irgendwie scheint es aus Sicht der Stadtspitze nicht anders zu gehen: Erst der unterschriebene und vom Stadtrat abgesegnete Pachtvertrag für RB Leipzig schafft die Voraussetzung, dass die Kleinmesse die nächsten zehn Jahre noch auf dem Festgelände stattfinden kann. Es ist also gehörig Druck auf dem Kessel.
Es gibt 3 Kommentare
Wahrscheinlich setzt RB dem OBM die Pistole auf die Brust und heult zudem herum; der erklärt das dem Stadtrat für alternativlos und schon passt das.
Wenn der Stadtrat nun sagt: nein, was passiert dann? RB kann sich den Festplatz nicht alleine einverleiben. Und die Verwaltung kann den Platz ja nicht einfach so an RB vergeben, oder?
Es ist für mich unbegreiflich, wie viel Platz bereits an RB zugeschanzt wurde. Es ist ja nicht nur das Stadion, was man innenstadtnah wollte, und allein noch zu beherrschen wäre. Das ganze Drumherum ist nun der Geist, den man nicht mehr in die Flasche zurück bekommt.
Kann man nicht solche Trainingsflächen außerhalb anbieten?
Muss man das innenstadtnah auf Filetflächen tun?
An der Domholzschänke wäre z.B. viel Platz im Grünen.
@André
Ganz kurz runtergebrochen: RB hätte nach der Stellplatzsatzung Stellplätze für Kfz schaffen müssen. Das wollte weder RB noch die Stadt, aber der Gesetzgeber. Also hat man gesagt: Die Fläche an der Kleinmesse sind die Stellplätze und theoretisch stehen die auch zur Verfügung, wenn sie mal gebraucht werden. Die Kleinmesse konnte hiernach also stattfinden wie bisher und Stadt und RB waren glücklich. Das änderte sich als die Falschparkerei rings ums Stadion bis tief hinein in den Clarapark und Auenwald überhand nahm. Auf Druck wurde dann auch erheblich mehr kontrolliert. Hiernach nahmen die Beschwerden derer zu, die mit dem Auto zum Stadion fuhren und ein Knöllchen bekamen. RB gab den Druck auf die Stadt weiter in dem sie die Fläche der Kleinmesse auch tatsächlich zu den Spielen haben wollte.
Ich würde gern mal wissen, was da im Hintergrund gemauschelt wurde und wird, damit sich alles RB unterordnen muss.
Spielt da Korruption eine Rolle?
Ich hoffe der Stadtrat ist stark und autark genug, sich nicht von der Stadtspitze für irgendwelche Deals mit fragwürdigem Ausgang erpressen zu lassen.