Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Leipziger Stadtrat hat einen neuen Antrag ins Verfahren gebracht, der den Oberbürgermeister beauftragen soll, den vom Stadtrat beschlossenen Abriss des früheren Technischen Rathauses in der Prager Straße nicht umzusetzen und die notwendigen Maßnahmen für den Erhalt und die Sanierung des Komplexes einzuleiten. Den Kauf des entkernten Gebäudes für 27 Millionen Euro hatte der Stadtrat im April genehmigt.
Für den Abriss werden noch einmal 11 Millionen Euro veranschlagt. An der Stelle will die Stadt dann ein modernes Verwaltungszentrum bauen, das auch modernen Anforderungen an Bürogestaltungen genügt.
Aus Verwaltungssicht eignet sich der alte Stahlbetonbau mit seinen Abmessungen nicht dafür. Doch das sehen die Grünen anders. Sie wollen, dass im Rahmen einer unabhängigen Machbarkeitsstudie vorzugsweise die Nutzung für eine Verwaltungsunterbringung geprüft wird. Ein Ergebnis der Prüfung fordert die Fraktion bis zum 2. Quartal 2025 ein.
„Seitens des Bundes Deutscher Architekten, BDA Sachsen e.V. wurde uns mit Schreiben vom 22.10.2024 eine vertiefte Betrachtung vorgelegt, die wesentliche Annahmen der Ratsentscheidung kritisch hinterfragt. Demnach lassen im Gegensatz zu den im April ins Feld geführten Argumenten sowohl die statischen Voraussetzungen als auch die Deckenhöhen eine Verwaltungsnutzung sehr wohl zu“, fasst Dr. Tobias Peter, Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Stadtentwicklung und Bau, die Einschätzung der Architekten zusammen.
„Zudem gehen die Experten davon aus, dass bei Vermeidung eines Abrisses und der Annahme von Sanierungskosten in Höhe von 50 % eines Neubaus von einer deutlich kostengünstigeren Realisierung einer Verwaltungsunterbringung mit Einsparungen in Höhe von 67 Millionen Euro ausgegangen werden kann.
Die günstigere Klimawirkung eines Erhalts des seit Jahren brachliegenden Stahlbetonskeletts liegt ohnehin auf der Hand. Auch größere Terminrisiken sind nicht zu erwarten. Die vom BDA angeführten Vergleichsprojekte zeigen zudem, dass Sanierung und Erhalt ähnlicher Gebäude zur erprobten Praxis gehören.“
Die Entscheidung im April
Der Stadtrat hatte am 24. April 2024 beschlossen, das Grundstück Prager Straße 20–28 anzukaufen sowie für eine Verwaltungsunterbringung das darauf befindliche Alte Technische Rathaus abzureißen. Maßgeblich von der Verwaltung ins Feld geführt wurden dafür eine mangelnde Eignung für die Verwaltungsunterbringung aufgrund unzureichender Geschosshöhen sowie unzureichende statische und wirtschaftliche Voraussetzungen für andere Nutzungen, insbesondere Wohnungen.
Der damalige Änderungsantrag der Grünen-Fraktion, in einer Machbarkeitsstudie vertieft zu prüfen, inwiefern ein Abriss verhindert und eine sinnvolle Nachnutzung erfolgen kann, fand in der Ratsversammlung keine Mehrheit des Stadtrates.
„Es gebietet der Respekt vor dem Berufsstand, ausweislich der namhaften unterzeichnenden Architekten, diese Hinweise zum Anlass zu nehmen, den Abriss zu stoppen und zunächst eine vertiefte Machbarkeitsstudie zu beauftragen, die Erhalt und Sanierung des Komplexes untersucht“, betont Tobias Peter.
„Bei Vorliegen der Annahmen des BDA ist davon auszugehen, dass die Entscheidung im April grundlegend anders ausgefallen wäre. Politik muss in der Lage sein, sich zu korrigieren. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltsituation der Stadt wäre es außerdem unverantwortlich, die skizzierten Einsparpotenziale sowohl hinsichtlich der Vermeidung der Abrisskosten als auch einer vergleichsweise kostengünstigen Realisierung einer Sanierung nicht zu heben.“
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Der Antrag von Bündnis 90 Die Grünen
Altes Technisches Rathaus erhalten – Abriss verhindern, Nachnutzung entwickeln!
Beschlussvorschlag: Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den vom Stadtrat beschlossen Abriss des früheren Technischen Rathauses nicht umzusetzen und die notwendigen Maßnahmen für den Erhalt und die Sanierung des Komplexes einzuleiten. Dabei ist im Rahmen einer unabhängigen Machbarkeitsstudie vorzugsweise die Nutzung für eine Verwaltungsunterbringung zu prüfen. Das Ergebnis ist dem Stadtrat bis zum 2. Quartal 2025 vorzulegen.
Begründung: Der Stadtrat hat am 24.4.2024 beschlossen, das Grundstück Prager Straße 20–28 anzukaufen sowie für eine Verwaltungsunterbringung das darauf befindliche Alte Technische Rathaus abzureißen.
Maßgeblich von der Verwaltung ins Feld geführt wurden dafür eine mangelnde Eignung für Verwaltungsunterbringung aufgrund unzureichender Geschosshöhen sowie unzureichende statische und wirtschaftliche Voraussetzungen für andere Nutzungen, insbesondere Wohnungen. Der Änderungsantrag unserer Fraktion, in einer Machbarkeitsstudie vertieft zu prüfen, inwiefern ein Abriss verhindert und eine sinnvolle Nachnutzung erfolgen kann, fand keine Mehrheit.
Seitens des Bundes Deutscher Architekten, BDA Sachsen e.V. wurde nun mit Schreiben vom 22.10.2024 eine vertiefte Betrachtung vorgelegt, die wesentliche Annahmen der Ratsentscheidung hinterfragt. Demnach lassen sowohl die statischen Voraussetzungen als auch die Deckenhöhen eine Verwaltungsnutzung zu.
Zudem ist bei Vermeidung eines Abrisses und der Annahme von Sanierungskosten in Höhe von 50 % eines Neubaus von einer deutlich kostengünstigeren Realisierung einer Verwaltungsunterbringung mit Einsparungen in Höhe von 67 Mio. EUR auszugehen.
Die günstigere Klimawirkung eines Erhalts liegt ohnehin auf der Hand. Größere Terminrisiken sind nicht gegeben. Die vom BDA angeführten Vergleichsprojekte zeigen, dass Sanierung und Erhalt ähnlicher Gebäude zur erprobten Praxis gehören.
Es gebietet der Respekt vor dem Berufsstand, ausweislich der namhaften unterzeichnenden Architekten diese Hinweise zum Anlass zu nehmen, den Abriss nicht umzusetzen und eine vertiefte Machbarkeitsstudie zu beauftragen, die Erhalt und Sanierung des Komplexes untersucht. Bei Vorliegen der Annahmen des BDA ist davon auszugehen, dass die Entscheidung im April grundlegend anders ausgefallen wäre.
Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltssituation der Stadt wäre es unverantwortlich, die skizzierten Einsparpotenziale sowohl hinsichtlich der Vermeidung der Abrisskosten als auch einer vergleichsweise kostengünstigen Realisierung einer Sanierung nicht zu heben.
Es gibt 10 Kommentare
Ich wusste gar nicht, dass es nur nicht-linke Architekten gibt. Wieder was gelernt.
Für linke Kräfte, die sich angeblich totdiskutieren, lieber User “Thomas_2”, halten sie allen Ernstes die Architekten, die die Erhaltung und Weiternutzung des Gebäudes verlangen? Da irren Sie bestimmt.
Auch ein Grund, warum die Rechten immer stärker werden.
Die linken Kräfte diskutieren sich tot. Und noch mal einen Arbeitskreis, und nochmal drüber sprechen. Sind denn wirklich ALLE mit im Boot, “abgeholt”, ist jeder Beauftragte (egal von wem, egal womit) befragt und hat sein OKAY gegeben? Da haben die wenigstens Bock drauf, da kommt nichts bei rum, außer, dass es länger dauert und immer teurer wird.
Gerade in diesem Fall ist doch alles geklärt, da kann man doch jetzt einfach mal machen.
@A&O
Sicherlich benötigt man dank Homeoffice zukünftig ein paar feste Büroplätze weniger. Allerdings nicht in jedem Amt. Wie soll denn Homeoffice in der Kfz-Zulassungsstelle ablaufen?
Vielleicht auch noch mal zum Vergleich: Sieh dir das aktuelle Technische Rathaus an. Das hat mehr als doppelt so viel Nutzfläche im Vergleich zur Prager 26. Bereits das aktuelle TR kommt mit seiner Kapazität an eine Grenze. In das neue TR sollen noch weitere Ämter einziehen. Das wird also auch mit Homeoffice eng.
@A&O
Institutionen mit Publikumsverkehr lassen sich schwerlich ins Homeoffice auslagern.
Hinzu kommen Vorschriften, welche öffentlichen Publikumsverkehr betreffen.
Also ganz so einfach ist es auch nicht.
Weiterhin:
Technische Anlagen, welche heutigen ökologischen Ansprüchen gerecht werden sollen, benötigen mehr Platz (Bsp: Ökodesignrichtlinie, Flächenheizungen etc.).
@Rudi&Christian: Jetzt ist aber die Zeit von modernen Arbeitswelten und Home Office möglich, d. h., eine geringere Anwesenheitsquote pro Tag führt auch zu tendenziell weniger Raumbedarf.
Ich kann verstehen, wenn man der Verwaltungsargumentation zunächst nicht folgen möchte – die Verwaltung hätte bestimmt gern einen schönen, neuen Bau ohne Einschränkungen nach heutigem Standard.
Was ich bisher aber an Fakten dazu gelesen habe, dürfte es tatsächlich nur mit recht hohem Aufwand möglich sein, das Gebäude diesbezüglich zu ertüchtigen, wenn überhaupt.
(Wir haben bspw. im Büro (2010) eine lichte Höhe von 2.90m – dort roh 3m!)
Zumal, wie Rudi schreibt, ein Platzproblem existiert.
Ich hörte davon, dass man graue Energie auch heben kann, in dem man das abgebrochene Betonmaterial wieder als neuen aufbereiteten Beton verwertet.
Hat jemand schon davon gehört?
Das wäre ja auch eine Möglichkeit, das Projekt etwas ökologischer zu gestalten.
Damit tun sich die Grünen keinen Gefallen. Selbst wenn es möglich wäre dieses Gebäude zu retten, so müsste dann noch geklärt werden, wo denn die restliche Verwaltung untergebracht wird, die in diesen Bau nicht passt.
Erst mit dem Abriss schafft man die Möglichkeiten das gesamte Grundstück für den Neubau zu nutzen. Das Gebäude in der Prager Straße 26 ist einfach viel zu klein, weshalb damals das ASG, AfU … in der Nonnenstraße saßen und nicht wie heute im Technischen Rathaus.
Ja das wäre schon schön, wenn der Klotz sinnvoll zu reaktivieren wäre.
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Aber was sind die Fakten – Geschosshöhe, Größe der Treppenhauskerne und Installationsschächte usw….?
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Ich kenne das Gebäude noch in seiner Funktion als Technisches Rathaus, mit Paternoster, Fluren wo ich fast mit dem Kopf an die Decke stieß und winzigen Büros. Wenn sich die entsprechende Nutzung nach Arbeitsstättenrichtlinien usw heute wieder realisieren ließe – schön. Hat das mal jemand verbindlich geprüft?
Eine Stadtrats-Initiative von B90/DG, lieber Autor, die ausdrücklich zu begrüßen und zu unterstützen ist!