Seit 2021 kämpft der Leipziger Stadtrat darum, dass die 2018 eingerichtete Waffenverbotszone rund um die Eisenbahnstraße endlich abgeschafft wird. Längst liegen die Monitorings vor, die ihre Unwirksamkeit bestätigen. Das, was die Polizei hier erreichen wollte, erreicht sie mit diesem Mittel nicht. 2023 gab es dann endlich ein klares Signal, dass die Waffenverbotszone endlich aufgehoben wird. Aber Innenministerium und Polizeidirektion stellten dafür eine Bedingung.
Diese Bedingung war die Einrichtung eines ständigen Polizeipostens in der Nähe der Eisenbahnstraße. Doch dafür fehlte dem Freistaat die benötigte Immobilie und das ganze Jahr ging darüber hin, irgendwo an der Eisenbahnstraße eine freie Lokalität für den Polizeiposten zu finden. Ein Prozess, der das eigentliche Vorhaben, rund um die Eisenbahnstraße endlich wirksame Präventionsprogramme aufzulegen, auszubremsen schien.
Und so ging die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Stadtratsanfrage noch einmal grundsätzlich auf das Thema ein.
„Zur Abschaffung der Waffenverbotszone und zur Umsetzung des Maßnahmenplans im Ergebnis der Evaluierung der Waffenverbotszone in Neustadt-Neuschönefeld bzw. Volkmarsdorf hat der Rat im Dezember 2023 beschlossen (VII-A-04905-NF-02-Ifo-ÄA-03), ab 1.1.2024 zur Umsetzung des Maßnahmenplans einen Aktionsfonds im Umfang 100.000 EUR außerplanmäßig bereitzustellen sowie pilothaft ein dialogisches Konfliktmanagement im öffentlichen Raum im Umfang von einer zusätzlichen Personalstelle (1 VZÄ) und außerplanmäßig bereitzustellenden 50.000 EUR Sachmittel durchzuführen.
Zudem wurde eine integrierte und koordinierte Umsetzung von Gewaltprävention für Kitas, Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen beschlossen, unter Prüfung einer vorrangigen Anwendung von Maßnahmen im Leipziger Osten. Der Oberbürgermeister wurde beauftragt, sich beim Freistaat für eine Reaktivierung der Verwaltungsvorschrift Prävention einzusetzen.
Dem Stadtrat sollen jeweils zum Ende des 4. Quartals ein Umsetzungsstand sowie ein Jahresplan für das Folgejahr vorgestellt sowie eine Informationsveranstaltung der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Schließlich wurde der Oberbürgermeister beauftragt, sich beim Freistaat bis zur Einrichtung eines dauerhaften Polizeipostens für die Einrichtung eines mobilen Polizeipostens in Verbindung mit einer vollständigen Aufhebung der Waffenverbotszone zum 1.1.2024 einzusetzen.“
Warum gibt es keinen mobilen Polizeiposten?
Und genau diese Frage stellten sich auch nach der Beantwortung der Fragen für den Fraktionsvorsitzenden der Grünen Dr. Tobias Peter. Denn wenn es dem Freistaat über Monate nicht gelingt, ein Ladenlokal für einen festen Polizeiposten zu finden, wäre ein mobiler Polizeiposten auf dem Parkplatz an der Eisenbahnstraße doch eine Übergangslösung, oder?
Die Antwort des Ordnungsamtes dazu klang dann nicht nur für Tobias Peter etwas seltsam: „Auf Ebene des Kommunalen Präventionsrates wurde die interimsmäßige Einrichtung eines mobilen Polizeipostens mit Vertreter/-innen der Polizeidirektion Leipzig diskutiert. Die Abwägung des Mehrwerts einer mittelfristigen, mobilen Lösung und den dafür notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen führt zu dem Ergebnis, dass der Einrichtung einer langfristig bestehenden Außenstelle des Reviers Zentrum Vorzug zu gewähren ist.
Einrichtung und Betrieb eines mobilen Polizeipostens bedürfen nicht nur der Erarbeitung eines Konzeptes, sondern müssen auch finanziell und personell unterlegt sein. Gleichzeitig birgt diese Option besondere Herausforderungen, die von Sanitär- und Rückzugsräumen über Stellplatz und Sicherheitsbedenken reichen.“
Wer am Deutsch deutscher Ämter verzweifelt, hat dabei völlig recht. Auch Heiko Rosenthal musste zugeben, dass diese Antwort zu Missverständnissen geradezu einlädt. In der Fragestunde des Stadtrates machte er dann freilich deutlich, dass die Stadt den Vorschlag für einen mobilen Polizeiposten sehr wohl der Polizei auf den Tisch gepackt hatte. Was jetzt als Wortpappe in der Antwort auftaucht, ist letztlich die Auskunft der Polizei selbst, die ganz offensichtlich selbst gewaltige Ängste vor einer klaren, bürgerfreundlichen Sprache hat.
Da geht das Jahr 2025 noch drüber hin
Vor allem ist die Idee des mobilen Polizeipostens gescheitert, weil es der Polizei zu teuer gewesen wäre. Aber inzwischen – so Rosental – habe die Polizei eine Fläche in der Hermann-Liebmann-Straße gefunden, die freilich noch zu einem Polizeiposten umgebaut werden müsse. Dafür sei dann wieder das Sächsische Immobilien- und Baumanagement (SIB) zuständig.
Und so weit er erfahren habe, sei das Geld für den Ausbau des Polizeipostens im Haushalt des Freistaats 2025 schon vorgesehen. Dumm nur, dass auch Sachsen einen mehr als komplizierten Regierungsbildungsprozess hinter sich hat. Noch ist der Ministerpräsident nicht gewählt. Und eine Beschlussfassung zum sächsischen Haushalt wird es wohl auch erst zur Jahresmitte geben – was ja bekanntlich im ganzen Land schon für berechtigte Ängste sorgt.
Bevor der Haushalt nicht verabschiedet ist, kann nicht gebaut werden. Heiko Rosental: „Da wird wohl das ganze Jahr 2025 drüber hingehen.“
Das Verhängen von Waffenverbotszonen geht fix in Sachsen. Sie aber wieder aufgehoben zu bekommen, dauert ganz schnell mal sieben Jahre.
Auch die Prävention hängt am Geld und an der Haushaltsbewilligung
Und was ist mit dem Aktionsfonds, mit dem Initiativen im Gebiet Eisenbahnstraße finanziert werden sollen, die hier endlich richtige Netzwerkarbeit zur Prävention machen sollen?
„Zusätzliche finanzielle Mittel in Höhe von 100.000 EUR wurden für den Doppelhaushalt in vollem Umfang angemeldet. Unter Vorbehalt der Bestätigung des Doppelhaushalts 2025/26 startet die erste Förderperiode im Frühjahr 2025“, antwortete die Verwaltung.
Und auch das hängt ja bekanntlich am seidenen Faden. Denn frühestens im März wird der Stadtrat den neuen Doppelhaushalt 2025/2026 beschließen können. Dann prüft die Landesdirektion. Und auch das war ja in der Ratsversammlung am 21. November Thema: Es wird eine regelrechte Gratwanderung für den Stadtrat, überhaupt einen genehmigungsfähigen Haushalt auf die Beine zu stellen.
Die Stadt ächzt mittlerweile unter so vielen zugewiesenen Pflichtaufgaben, die von Bund und Land nicht finanziell abgesichert sind, dass es trotz intensiver Sparmaßnahmen fast unmöglich ist, einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen. Unter solch prekären Rahmenbedingungen musste Leipzig seit 1990 noch nie einen Haushalt aufstellen. Für das Aktionsprogramm heißt das: Auch dieses Geld wird frühestens im letzten Jahresdrittel zur Verfügung stehen. Für Vereine eine unmögliche Ausgangslage, so etwas zu planen.
Koordinatorin kann endlich ihre Arbeit aufnehmen
Aber auch im Kommunalen Präventionsrat Leipzig (KPR) klemmt es, wie Rosental eingestehen musste. Von vier dort eingerichteten Stellen ist aktuell nur eine einzige arbeitsfähig. Kleiner Lichtblick: Am 1. Januar kann endlich jene Mitarbeiterin im KPR ihre Arbeit aufnehmen, die sich um die Koordination im Leipziger Osten kümmern soll.
Im Wortlaut der Antwort aus dem Ordnungsamt: „Im August 2023 wurde die Stelle als Projektkoordinatorin
‚Dialogisches Konfliktmanagement im öffentlichen Raum‘ ausgeschrieben. Die Einstellung der neuen Mitarbeiterin erfolgt zum 1. Januar 2025. Damit startet die konkrete Umsetzung des Vorhabens zunächst mit der Erarbeitung eines Konzepts, welches die zu ermittelnden Bedarfe im Leipziger Osten berücksichtigt.“
Was dann vielleicht noch 2025 die Möglichkeit in Aussicht stellt, dass erste Präventionsprojekte anlaufen können. Und dann 2026 wird – wahrscheinlich – auch der Polizeiposten in der Hermann-Liebmann-Straße bezogen, sodass auch der sächsische Innenminister keine Ausrede mehr hat, die Waffenverbotszone offiziell aufzuheben.
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