Aus Sicht einer braven Bürgerpartei wie der Leipziger CDU sieht das bunte Leben auf diversen Leipziger Straßen und Plätzen immer ziemlich besorgniserregend aus. Weshalb sich Leipzigs CDU immer wieder etwas mehr Polizeipräsenz wünscht. Im September tat sie das mit einem Antrag für den Lindenauer Markt, zu dem das Ordnungsamt jetzt eine ziemlich deutliche Stellungnahme geschrieben hat: „Eine zusätzliche Außenstelle ist unbegründet und hätte eine rein primär symbolische Funktion.“
Von einem wirklichen Kriminalitätsschwerpunkt am Lindenauer Markt kann überhaupt keine Rede sein. „Prinzipiell muss konstatiert werden, dass das alleinige Bestehen einer Außenstelle von Polizei und Ordnungsamt eine primär symbolische Funktion erfüllt. Eine Immobilie mit entsprechender Kennzeichnung an der Fassade führt nicht zwingend zu einer gesteigerten Präsenz der Sicherheitsdienste im öffentlichen Raum“, erläutert das Ordnungsamt in seiner Stellungnahme.
„Diese kann nur durch einen personellen Zuwachs erfolgen – sei es durch die Schaffung neuer Stellen oder eine interne Umstrukturierung des bestehenden Personalpools, welche zwangsweise eine Reduzierung der Präsenz- und Einsatzzeiten andernorts zur Folge hätte. Das Polizeirevier Leipzig-Südwest liegt in nur rund einem Kilometer Entfernung zum Lindenauer Markt, sodass der Bedarf einer weiteren Außenstelle unbegründet ist.“
Aber das ist nicht der einzige Grund, der gegen die Einrichtung eines neuen Polizeipostens spricht. Denn das Bild, das die CDU-Fraktion in ihrem Antrag gemalt hat, bildet die Wirklichkeit am Lindenauer Markt ziemlich falsch ab.
Daten von 2016
„Bei den im Antrag exemplarisch geschilderten Ereignissen handelt es sich um singuläre Ereignisse, die durch die zuständigen Behörden intern ausgewertet wurden und denen bei Bedarf mit geeigneten Maßnahmen entgegengewirkt wurde“, schreibt das Ordnungsamt dazu. „So fanden beispielsweise im Zusammenhang mit den Vorfällen an Lindenauer Schulen mehrere Gesprächsrunden mit Akteuren statt, im Rahmen derer mit den relevanten Akteuren gemeinsame Maßnahmen erarbeitet wurden.“
Und besonders wunderte man sich im Ordnungsamt, dass die CDU-Fraktion ihren Antrag im Jahr 2024 ausgerechnet mit Daten aus dem Jahr 2016 untermauert hat.
„Ferner sind die im Antrag benannten Ergebnisse der Sicherheitsbefragung 2016 veraltet und bilden nicht die aktuelle Lage in dem Stadtviertel ab. Die Ergebnisse der jüngsten Erhebung, die voraussichtlich in Q4/2024 veröffentlicht werden, zeigen ein anderes Bild: Lediglich ein Viertel der Anwohnerinnen und Anwohner Altlindenaus wünschen sich eine stärkere Präsenz von Polizei bzw. Stadtordnungsdienst“, nimmt das Ordnungsamt diese jüngeren Befragungsergebnisse schon einmal vorweg. „Im Vergleich mit allen anderen Stadtteilen liegt dieser Wert im unteren Viertel.“
Was im Klartext heißt: Lindenau wird von seinen Bewohnern als relativ sicherer Stadtteil empfunden.
Was sich auch nicht ändert, wenn die CDU-Fraktion nun auf einmal ein Unsicherheitsgefühl in den Abendstunden zur Begründung heranzieht.
Auch dazu wird das Ordnungsamt deutlich: „Zu den fundamentalen Grundlagen der empirischen Sozialforschung zählt ferner der Befund, dass das Sicherheitsgefühl in den Nachtstunden im Vergleich zur Tageszeit (teils deutlich) geringer ist. Dieser Effekt wird in der Wissenschaft unter anderem schwächeren Lichtverhältnissen, geringerer Sozialkontrolle bzw. sozialisatorischen Faktoren zugeschrieben. Der im Antrag formulierte Befund bezieht sich auf alle Stadtteile und ist kein spezifisches Merkmal der Bewohnerinnen und Bewohner von Altlindenau.“
Begehungen zeigen keine besondere Kriminalitätsbelastung
Und auch bei den regelmäßigen Begehungen Lindenaus durch das Ordnungsamt, stellte sich keine irgendwie kritische Lage heraus. Im Gegenteil, schreibt das Ordnungsamt: „Der Lindenauer Markt stellt jeher einen Schwerpunkt der Kontrolltätigkeit des Ordnungsamtes dar. In diesem Jahr erfolgten bereits 54 Kontrollen durch den Stadtordnungsdienst (weniger Kontrollen aufgrund des EM-Einsatzes).
Feststellungen waren dabei eher selten und wenn, dann betraf es Fahrradfahrer oder verschiedene Sondernutzungen. Neben der Streifentätigkeit des Außendienstes werden darüber hinaus regelmäßig gemeinsame Streifen mit den Bürgerpolizisten durchgeführt.“
Vom gefährlichen Bild vom Lindenauer Markt, das die CDU-Fraktion gezeichnet hatte, bleibt da nicht viel übrig. Noch muss der Antrag durch die Ratsversammlung. Aber eigentlich täte die CDU-Fraktion gut daran, ihn einfach zurückzuziehen, weil er mit der gelebten Wirklichkeit am Lindenauer Markt nicht viel zu tu hat.
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