Seit dem Frühjahr kämpft die Ortsgruppe Südost des BUND Leipzig darum, dass der Dorfanger Probstheida wieder ein Ort wird, an dem sich Menschen aufhalten können, nicht von parkenden Autos zugestellt und als Abkürzungsstrecke von der Prager Straße zum Klinikum missbraucht. Also so, wie es der Bebauungsplan für Probstheida eigentlich vorsieht. Mit einer Petition hat die BUND-Gruppe ihrem Anliegen noch mehr Gewicht gegeben. Und die Stadt reagiert recht arbeitsam darauf.

Im September startete die Stadt testweise mit ersten Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung.

Aber dabei soll es nicht bleiben, wie es jetzt in den Vorschlägen der Verwaltung zur Petition zu lesen ist, auch wenn nicht jeder einzelne Wunsch umsetzbar ist, etwa der nach Tempo 20.

„Im B-Plan 98.01 sind die Russenstraße als auch die anderen angrenzenden Straßen als Straßenverkehrsfläche eingeordnet, eine weitere Spezifizierung liegt im B-Plan nicht vor. Aktuell ist in der Russen- und der Nieritzstraße eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h angeordnet, in der Augustinerstraße nördlich der Russenstraße besteht eine Tempo 30-Zone“, schreibt das Mobilitäts- und Tiefbauamt dazu.

„Im Zuge der Maßnahme in der Prager Straße ist die Eingliederung der erstgenannten Straßen in die Tempo 30-Zone vorgesehen. Tempo 20-Zonen sind rechtlich lediglich in zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion zulässig und daher hier nicht anordenbar.“

Ein paar bauliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung

Aber mit baulichen Maßnahmen will man die Autofahrer dennoch zur Geschwindigkeitsreduzierung bewegen: „Ungeachtet dessen ist es vorgesehen, parallel zur Umsetzung der Maßnahme in der Prager Straße auch flankierende (bauliche) Maßnahmen in der Russenstraße und Augustinerstraße umzusetzen, um das Geschwindigkeitsniveau und die Attraktivität als Umfahrungsstrecke zu senken.“

Und die Augustinerstraße (Trenn- oder Mischprinzip) soll im Rahme der Umsetzung der Mobilitätsstrategie umgebaut werden. Die BUND-Ortsgruppe hatte auch vorgeschlagen, „durch Schwellen, Aufpflasterungen, Blumenkübel, Versätze, Fahrbahnverengungen, Parkstände und Bepflanzung“ ohne großen Aufwand eine Verkehrsberuhigung zu bewirken.

Was dann im Wesentlichen sogar den Vorschlägen der Verkehrsplaner entspricht, die im April als flankierende Maßnahmen zur Baumaßnahme Prager Straße im Stadtbezirksbeirat Südost vorgestellt wurden.

„Dazu gehören ‚Sofortmaßnahmen‘ und bauliche Maßnahmen, die eine gewisse planerische Betrachtung und Lösungsfindung benötigen. Bestandteil dessen sind auch Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, z.B. durch Schwellen, Aufpflasterungen, Fahrbahnverengungen und durchgezogene Gehwege in Einmündungsbereichen (z. B. Planung und Bau von Gehwegnasen bzw. angehobenen Gehwegüberfahrten in der Naunhofer Straße/Kommandant-Prendel-Allee; Kreisverkehr in der Naunhofer Straße/Ludolf-Colditz-Straße; durchgezogener Gehweg und Fahrbahneinengung in der Russenstraße/Augustinerstraße)“, so das Mobilitäts- und Tiefbauamt.

„Am Knoten Naunhofer Straße/Gletschersteinstraße wurden bereits Gehwegnasen errichtet, die Verkehrsfreigabe erfolgte im Mai. Die bauliche Umsetzung der flankierenden Maßnahmen soll über bestehende Rahmenzeitverträge noch vor dem Baubeginn der Komplexmaßnahme Prager Straße erfolgen.“

Mit den flankierenden Maßnahmen werde auch der Einmündungsbereich der Nieritzstraße in die Russenstraße baulich angepasst und eingeengt. Zurzeit erfolge die Prüfung von verschiedenen Gestaltungsvarianten, so die Verwaltung. „Als erste Maßnahme wurden bereits die Zugänge zur Grünfläche durch Poller gesichert.“

Für Fußwegergänzungen fehlt der Platz

Der Wunsch nach der Ergänzung fehlender fahrbahnbegleitender Fußwege freilich könne gerade in Probstheida nicht erfüllt werden: „Allgemein sind beidseitig fahrbahnbegleitende Fußwege wünschenswert. In gewachsenen dorfähnlichen Strukturen, wie dem Dorfanger Probstheida, kann jedoch ein einseitig fahrbahnbegleitender Fußweg wie in der Russenstraße durchaus eine ausreichende Verkehrssicherheit gewährleisten, zumal auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite der Dorfanger mit mehreren Gehwegen durch die Grünfläche anliegt.“

Und ob es ein Parkraumkonzept für das gesamte Wohngebiet am Dorfanger geben wird, ist völlig offen. Das werde noch im Rahmen des „Langfristkonzept für den ruhenden Verkehr der Stadt Leipzig“ geprüft. „Der Zeitplan sieht eine Fertigstellung im 1. Halbjahr 2025 vor, noch 2024 ist eine Bürgerbeteiligung vorgesehen. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und darauf ggf. aufbauender Beschlüsse ist dann ein mögliches Parkkonzept im Umfeld des Herzzentrums/Bruno-Plache-Stadions zu betrachten.“

Dasselbe gilt für die mögliche Einrichtung von Fahrradstraßen in der Russenstraße im gesamten Bereich des Dorfangers, der gesamten Augustinerstraße und im weiteren Verlauf Naunhofer Straße entlang der Lindenallee bis zur Kommandant-Prendel-Allee, wie ex sich die BUND-Ortsgruppe gewünscht hatte.

Auch das hat seine Grenzen, so die Stadt: „Durch die Hauptverkehrsfunktion der Naunhofer Straße zwischen Schönbach- und Ludolf-Colditz-Straße, kann eine mögliche Fahrradstraße dort zumindest nicht durchgängig umgesetzt werden. In diesem Abschnitt kann die Führung auf Radfahrstreifen erfolgen. Eine weitergehende Prüfung auf Umsetzbarkeit als Fahrradstraße ist vorgesehen, die Naunhofer Straße ist im Hauptnetz Rad mit entsprechenden Klassifizierungen ausgewiesen.“

Welche Auswirkungen wird die Baumaßnahme Prager Straße haben?

In der Diskussion um den Dorfanger Probstheida spekulierten manche Diskussionsteilnehmer freilich auch mit der felsenfesten Überzeugung, dass künftig mehr Autofahrer von der Prager Straße auf die Nebenstraßen ausweichen würden, wenn die Prager Straße am Völkerschlachtdenkmal umgebaut wird wie geplant.

Aber diesen Behauptungen will die Stadt so nicht folgen: „Das Bauprojekt Prager Straße basiert auf den grundlegenden Strategien für die Entwicklung der Stadt Leipzig, es soll nicht das Hauptstraßennetz entlasten und Verkehr in das Nebenstraßennetz verlagern.

Im Zusammenhang mit den Planungen zur Prager Straße wurden auf der Grundlage des Verkehrsmodells der Stadt Leipzig, unter Beachtung der strukturellen Entwicklung sowie der städtischen Strategien, die Prognosedaten für den ‚Nullfall‘ (Prager Straße bleibt im aktuellen Ausbauquerschnitt, der Stadtbahnausbau ist nicht umgesetzt) sowie für den ‚Planfall‘ (vorliegende Planvariante) ermittelt.

Hierbei wurde für den Planfall eine Differenz von +150 Kfz/24 h im Bereich Augustinerstraße (sowie bis zu 70 Kfz/24 h für die Naunhofer Straße) für das Jahr 2035 prognostiziert. Bei den Untersuchungen zu möglichen Verkehrsverlagerungen wurden die Änderungen von Fahrbeziehungen, Einbahnstraßenregelungen und die Sperrung von Strecken beurteilt und die jeweiligen Auswirkungen dargestellt.

Um Schleichverkehr zu vermeiden und die Einhaltung der bereits vorgenommenen verkehrsregelnden Maßnahmen zu unterstützen, sind als kurzfristige Maßnahmen die genannten flankierenden Maßnahmen vorgesehen.“

Die flankierenden Maßnahmen wurden bereits teilweise umgesetzt, betont das Mobilitäts- und Tiefbauamt, so etwa die Gehwegnasen am Knotenpunkt Naunhofer Straße/Gletschersteinstraße. „Verbleibende Maßnahmen sollen bis zum Baubeginn der Komplexmaßnahme Prager Straße fertiggestellt werden. Diese Maßnahmen einschließlich ihrer Finanzierung sind Bestandteil des Bau- und Finanzierungsbeschlusses zur Komplexmaßnahme i-19 Prager Straße (VII-DS-09870). Die Beschlussfassung im Verwaltungsausschuss ist für November 2024 vorgesehen.“

All diese Punkte tauchen auch im Vorschlag des Petitionsausschusses für die Ratsversammlung auf. Sie sollten dort eigentlich auch auf eine wohlwollende Mehrheit stoßen.

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