Am 23. Oktober war auch ein Antrag der Linksfraktion Teil der Tagesordnung, der eine Überprüfung der Sicherheit für Radfahrende auf der Karl-Liebknecht-Straße und am Peterssteinweg zum Inhalt hatte. Anlass war der tragische Unfall einer Radfahrerin am 4. Juli auf der Fahrradweiche auf dem Peterssteinweg. Doch statt der Linksfraktion bekam dann die CDU-Fraktion ihren Änderungsantrag durch. Die neuen Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat zeigen Wirkung.
Was die Vorsitzende der Linksfraktion Franziska Riekewald dann doch sehr ärgerte. Denn der CDU-Antrag entschärfte das eigentliche Anliegen in zentralen Punkten. Die Linke hatte sich in ihrem noch einmal überarbeiteten Antrag dafür eingesetzt, verschiedene Maßnahmen, wie die strikte Trennung des Rad- und KfZ-Verkehrs, Temporeduzierung oder die Anpassung der Ampelschaltung, zu prüfen und im besten Falle durchzusetzen.
„Das Ergebnis ist enttäuschend“, sagte Franziska Riekewald nach der Entscheidung. „Schließlich geht es um die Sicherheit für die viele Leipzigerinnen und Leipziger, die tagtäglich mit dem Fahrrad durch die Stadt unterwegs sind. Die viel befahrene Karl-Liebknecht-Straße ist dabei nur beispielgebend für die zahlreichen Achsen im Stadtgebiet, die von Radfahrenden genutzt werden.
Dass die Angst vor der stellenweisen Einrichtung von Tempo 30 ausschlaggebend ist, unseren Antrag abzulehnen, ist schwer nachvollziehbar. Mit dem Stadtratsbeschluss wird nun lediglich geprüft, ob bauliche Veränderungen den Rad- und Autoverkehr voneinander trennen können. Wir hoffen natürlich, dass die Verwaltung diesen Prüfauftrag sehr ernst nimmt und überall dort, wo es möglich ist, auch Veränderung – und vor allem Verbesserung – schafft.“
Das Gespenst von Tempo 30
Für die CDU-Fraktion hatte Falk Dossin eigentlich genauso für die Sicherheit der Radfahrenden auf KarLi und Peterssteinweg argumentiert.
Aber in seiner Rede wurde schnell deutlich, wie so ein Thema, in dem eigentlich die vielen gefährlichen Stellen für Radfahrende auf der Strecke Thema sind, sofort verwässert wird, wenn dann (scheinbar) wieder für alle Verkehrsteilnehmer plädiert wird und dafür, dass Straßen zum Durchkommen da seien. Dossin malte gleich mal ein flächendeckendes Tempo 30 an die Wand, obwohl das vom Antrag der Linken gar nicht intendiert war.
Und die farbliche Markierung der Fahradweiche, die die Stadt kurz nach dem tragischen Unfall aufgetragen hat, erklärte er wegen Rutschgefahr für höchst gefährlich. Selbst in der Begründung des CDU-Antrags klang noch kurz die Sorge um die Radfahrenden an.
Aber mitten im Text wurde das Anliegen der Linksfraktion dann deutlich herabgedimmt: „Der Ursprungsantrag verweist zurecht auf die gefährliche Situation für Radfahrer an Fahrradweichen. Die farbliche Kennzeichnung von Radstreifen in Mittellage stellt allerdings ein inadäquates Werkzeug dar. Beispielsweise positionierte sich der Bundesvorstand des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) bereits 2019 gegen Fahrradweichen. Dabei verwies der ADFC auch auf die Studienlage. Diese zeigt sogar einen leichten Anstieg der Abbiegeunfälle auf.
Vielmehr sollte es in Kreuzungsbereichen zu einer bestmöglichen Entzerrung des Verkehres kommen. Die Nutzung von gemeinsamen Geh- und Radwegen und die Lenkung des Radverkehrs gemeinsam mit der Ampelschaltung der Fußgänger ist zu bevorzugen. Im Bereich des Wilhelm-Leuschner-Platzes ist dies bereits weitgelebte Realität, besonders im Abschnitt Peterssteinweg. Die farbliche Kennzeichnung soll trotzdem für den Fall der Fälle geprüft werden.“
Auch die Stadt teilt den Tenor des Linke-Antrags
Von all den Sorgenpunkten der Linken ist da nicht viel übrig geblieben. Anders als im Verwaltungsstandpunkt, der das Anliegen des Linke-Antrags ganz und gar unterstützte und es nur dort einschränkte, wo es rechtlich so nicht umsetzbar war. Etwa bei der Entscheidungshoheit über Ampelschaltungen. Aber auch dem letzten Punkt der Linken stimmte Baubürgermeister Thomas Dienberg zu: „Dem Stadtrat wird im zweiten Quartal 2025 das Prüfergebnis mit dem daraus resultierenden Maßnahmenkatalog inklusive zeitlicher Einordnung der Maßnahmen vorgelegt.“
Eigentlich das Sinnvollste, was man in diesem Fall beschließen kann. Auch wenn Dienberg zu Geduld mahnte, weil der Verkehrsunfallbericht der Polizei noch nicht vorliegt. Den brauche man, um wirklich einschätzen zu können, wie mit der Fahrradweiche am Peterssteinweg künftig umgegangen werden muss. So lange müsse man sich noch gedulden.
Immerhin stellte Thomas Kumbernuß aus der Freien Fraktion noch den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung. Aber der wurde dann mit 24:35 Stimmen bei sieben Enthaltungen abgelehnt. Dann kam der Änderungsantrag der CDU-Fraktion zum Aufruf, und der machte dann deutlich, dass die neuen Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat andere geworden sind, denn jetzt stimmten CDU, AfD und BSW gemeinsam und erzielten mit 33:32 Stimmen für den CDU-Änderungsantrag die nötige Mehrheit.
Kein Wunder, dass Franziska Riekewald sauer war. Aber vielleicht war einfach eine Formulierung im Antrag der Linken zu erschreckend für die Fraktionen, die in „Tempo 30“ schon aus Prinzip ein rotes Tuch sehen: „Auf der gesamten Karl-Liebknecht-Straße wird die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Grundlage der letzten StVO-Novelle (z. B. aufgrund von Unfallschwerpunkten, Spielplätzen, viel genutzten Schulwegen, 500 m Lückenschluss) geprüft und wenn möglich veranlasst.“
Hier ist zwar von Prüfung die Rede. Aber die Formel „gesamte Karl-Liebknecht-Straße“ führte auch bei Falk Dossin dazu, hier gleich mal eine Komplettverdrängung des motorisierten Individual-Verkehrs zu mutmaßen. Was bei Tempo 30 zwar nicht passiert. Aber manchmal reichen solche Schreckensbilder, um auch in Leipzig Stadtratsmehrheiten zu erreichen.
Es gibt 3 Kommentare
Eine grundsätzliche Anhaltepflicht gibt es übrigens weder für den motorisierten noch für den nichtmotorisierten Verkehr: “Wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen, darf rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Sie dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss, wer ein Fahrzeug führt, warten.” Das Konzept der überfahrbaren Kaphaltestelle kommt an der gerade am Südende stadtwärts sehr engen Haltestelle Münzgasse aufgrund der Kombination einer hohen Radverkehrsstärke (vermutlich ca. 7000 an Werktagen) mit der gut frequentierten Haltestelle an seine Grenzen. Da reicht ein kleiner Teil an Radfahrenden, der sich falsch verhält, um eine insgesamt unsichere Situation entstehen zu lassen. Ansonsten werden gegenüber immer wieder Radfahrende durch mit KFZ nach rechts in die Münzgasse Abbiegende verletzt – die leichte Linkskurve bietet schlechte Sicht im rechten Spiegel, so dass besondere vonnöten wäre.
Da bin ich anderer Meinung, die KarLi ist immer noch die Hauptnetzstraße für den Leipziger Süden. Oder welche wäre es sonst. Ich hoffe das sich die Situation an der Kreuzung Petersteinweg / Härtelstraße entschärft wird. Dabei besonders die Gefährdung der Nutzer der Straßenbahn durch die Fahrradfahrer. Gestern erst wäre ich beinahe beim Einsteigen mit einem zusammen geknallt. Der war überraschend auch der Meinung das Anhalten in der Haltestelle gilt nur für motorisierten Verkehr. Fußgänger hätten erst die Fahrradfahrer passieren zu lassen, bevor sie einsteigen oder wie er so schön sagte “Digger ich habe doch dreimal geklingelt”.
Die strikte Trennung führt zu mehr Unfällen und nicht zu weniger. Und je stärker die Trennung, desto schneller wird gefahren. Logischerweise sind dann auch die Unfälle schwerer. Wenn es in der KarLi keine Trennung des Rad- und Kfz-Verkehrs gebe, könnten die Autos auch nur so schnell fahren, wie die Radfahrenden. Generell müsste man sich für die KarLi auch mal überlegen, wo die Reise hingehen soll. Eine Hauptnetzstraße mit regem Kfz-Durchgangsverkehr wie noch in den frühen 2000er Jahren ist sie schon sehr lange nicht mehr. Vielleicht ist auch der Zeitpunkt gekommen, den Durchgangsverkehr aus dieser Straße komplett rauszunehmen.