Ziemlich deutlich hat sich die Initiative Stadtnatur für den Erhalt der temporären Grünfläche am Gerichtsweg/Ecke Täubchenweg ausgesprochen. Sandra Kreisler hat deshalb auch eine Petition eingereicht, in der sie dieses Anliegen thematisiert. Das Stadtplanungsamt hat sich jetzt ausführlich zur Petition und zu den Gründen geäußert, warum die Stadt im Sommer überhaupt ein Bebauungs-Planverfahren für dieses Stück Grün in Reudnitz angestoßen hat.

Denn nach rund 30 Jahren (die Gestattungsvereinbarung für das Zwischengrün stammt aus dem Jahr 1994) ist das Grün zwar vor allem, an den Rändern des Geländes gewachsen und hat die Anmutung eines Parks. Aber die Zweckbindung für diesen temporären Park endet. Damit wird hier auch wieder das Baurecht aktiviert. Und die Stadt will sich natürlich bemühen, die künftige Nachverdichtung an dieser Stelle zu steuern.

Die Petition von Sandra Kreisler forderte, die heutige unbebaute Fläche als Park zu widmen oder aber die angestrebte Bebauung erheblich zu reduzieren. Und die Stadt lehnt das Ansinnen nicht von vornherein ab, sondern möchte das Anliegen durchaus in den Abwägungsprozess zum B-Plan mit einbeziehen.

Aber um die Gründe für das jetzt aufgenommene Verfahren deutlich zu machen, schildert das Stadtplanungsamt in seiner Stellungnahme für den Petitionsausschuss eben auch die Vorgeschichte dieses Grundstücks in Reudnitz.

Die Geschichte der Zwischennutzung

„Das ehemalige Fabrikgelände wurde auf Grundlage einer sogenannten Gestattungsvereinbarung zwischen der Eigentümerin und der Stadt Leipzig in den 1990er/2000er Jahren von den ursprünglich vorhandenen ruinösen baulichen Anlagen beräumt, begrünt und öffentlich zugänglich gemacht.

Im Gegenzug verzichtet die Eigentümerin und deren Rechtsnachfolgerinnen für die Laufzeit der Gestattungsvereinbarung auf die Ausnutzung des bestehenden Baurechts nach § 34 Baugesetzbuch. Spätestens mit Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 BauGB Leipzig-Reudnitz entfiel die öffentliche Zweckbindung, sodass das ursprüngliche Baurecht wiederauflebte.“

Aufgehoben wurde das Sanierungsgebiet Reudnitz in der Ratsversammlung am 28. April 2021.

„Das derzeitige Bauleitplanverfahren, der Planentwurf lag vom 02.07. bis 16.08.2024 zur Beteiligung der Öffentlichkeit (§ 3 Abs. 2 Baugesetzbuch) aus, wurde mit der Zielstellung begonnen, unter dem Leitbild der doppelten Innenentwicklung eine geordnete Nachverdichtung und die Schaffung möglichst öffentlich zugänglicher Freiflächen im Gebiet zu sichern“, erklärt das Stadtplanungsamt.

„Nicht die Schaffung von Baurechten steht im Vordergrund, sondern die Steuerung (Begrenzung) der auch ohne Bebauungsplan – dem heute nach § 34 Baugesetzbuch bestehenden Baurecht – zulässigen baulichen Nutzungen.

Hierbei sind die nach Grundgesetz geschützten Eigentumsrechte, die darauf begründeten und vorliegend bestehenden Baurechte einerseits mit dem öffentlichen Interesse an der angemessenen Versorgung der Wohnquartiere mit Frei- und Grünflächen andererseits abzuwägen und darüber hinaus noch viele andere Belange in den Blick zu nehmen, u.a. auch die im öffentlichen Interesse liegende Bereitstellung angemessenen Wohnraums.

Im Planentwurf ist die in der Petition vorgebrachte Forderung nach Erhalt von Grün für die Nachbarschaft durch die angestrebte Festsetzung von ca. 2.000 qm öffentlichen Grünflächen bereits ebenso eingeflossen wie die vom Stadtrat im Aufstellungsbeschluss konkret beschlossenen Planungsziele im Hinblick auf eine geordnete Nachverdichtung im Plangebiet.

Der Planentwurf entspricht auch den gesamtstädtischen Zielen, die insbesondere die Wiedernutzbarmachung von integrierten und gut an den ÖPNV angebundenen Brachen und deren balancierte und effiziente Ausnutzung im Falle der baulichen Entwicklung einfordert.“

Diesen Aufstellungsbeschluss fasste der Stadtrat schon im Januar 2022.

Keine Vorentscheidung mit einer Petition

Aber das Stadtplanungsamt erläutert auch, warum eine Petition das Ergebnis eines Planverfahrens nicht vorwegnehmen kann.

„Die gerechte Abwägung der verschiedenen, teils gegensätzlichen privaten und öffentlichen Belange ist nach § 1 Baugesetzbuch einzig dem Bauleitplanverfahren vorbehaltenen. Die Einflussnahme auf mögliche Inhalte der Planung erfolgt über die im Baugesetzbuch verankerten mehrstufigen förmlichen Beteiligungsverfahren für die Träger öffentlicher Belange bzw. die Öffentlichkeit. Das Ergebnis wird dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt und obliegt seiner Entscheidung“, so das Stadtplanungsamt.

„Wenn während eines Planverfahrens die angestrebten Planinhalte durch entsprechende Beschlussfassungen, z.B. durch Annahme einer Petition geändert würden oder einzelne Belange von vornherein höher gewichtet würden, während ebenfalls zu berücksichtigenden andere Belange (z.B. die bauliche Ausnutzung des eigenen Grundstücks) in diesem Kontext keine angemessene Berücksichtigung finden und im Ergebnis von vornherein geringer gewichtet wären, handelt es sich um ein Abwägungsfehler, welcher rechtlich nicht zulässig ist.“

Und deshalb schlägt die Verwaltung zwar keine Ablehnung der Petition vor, dafür aber, „die Inhalte der Petition als Äußerung im Rahmen der öffentlichen Auslegung zu werten und mit den übrigen Einwendungen in die planerische Abwägung gem. § 1 Abs. 7 BauGB einzustellen.“

Also sie den Einwendungen gleichzustellen, die in der öffentlichen Auslegung im Sommer auch von anderen Akteuren gemacht wurden. Daraus muss das Stadtplanungsamt jetzt einen Vorschlag für einen Bebauungsplan machen, der dann 2025 die Mehrheit in der Ratsversammlung finden kann: „Die Stadtverwaltung plant den Abwägungsvorschlag der Verwaltung sowie den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 468 ‚Gerichtsweg/Täubchenweg‘ im 2. Quartal 2025 dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.“

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