Im Frühjahr gab die Stadtverwaltung Pläne bekannt, nach denen die Flächen in der Rackwitzer Straße 38–42 für die Unterbringung von mehr als 600 Geflüchteten mit öffentlichen Geldern in Höhe von fast 40 Millionen Euro angekauft und entwickelt werden sollte. Im Juni stand die Vorlage auf der Tagesordnung der Ratsversammlung. Und wurde dann doch noch einmal vertagt. Zum Glück, wie die Linksfraktion jetzt feststellen kann. Denn die Ungereimtheiten aus den Ausschüssen haben sich inzwischen bestätigt.

„Wir hatten als Linksfraktion erstens gefordert, die Unterkunft zu verkleinern und mit anderen sozialen Nutzungen zu erweitern und zweitens kritisch angemerkt, dass die Stadtverwaltung das Gelände selbst entwickeln solle, um von profitorientierten Investoren unabhängig zu sein“, beschreibt die Linksfraktion das Problem, dass sie mit diesem Unterbringungsprojekt hatte.

Wurde die Solvenz nicht ausreichend überprüft?

„Das Projekt wurde noch vor Abstimmung durch den Stadtrat nach internen kritischen und intensiven Diskussionen ad acta gelegt und nicht weiterverfolgt. Zum Glück, denn jetzt ist bekannt geworden, dass gegen den Eigentümer der Fläche ein Insolvenzverfahren läuft.“

Die Stadt habe also die Solvenz des Eigentümers nicht ausreichend geprüft, bevor sie dem Stadtrat dann die Vorlage über das 40-Millionen-Projekt auf den Tisch legte.

„Nicht nur im Finanzausschuss und im Grundstücksverkehrsausschuss haben sich schon damals Ungereimtheiten aufgezeigt. Das Ärgernis aus unserer Sicht: Die Stadtverwaltung war damals kurz davor, einen Deal mit dem Eigentümer einzugehen, obwohl dieser augenscheinlich finanziell nicht in der Lage gewesen wäre, das ehrgeizige Projekt umzusetzen“, kritisiert Dr. Volker Külow, Sprecher für Gesundheit, Soziales und Senior/-innen der Linksfraktion.

„Seinerzeit lag der Vorwurf im Raum, die Stadtverwaltung habe nicht im ausreichenden Umfang die notwendigen Wirtschaftseinkünfte eingeholt. Nachdem das Kind fast in den Brunnen gefallen wäre, erwarten wir von der Stadtverwaltung, dass Investoren künftig besser auf Herz und Nieren geprüft werden. Aufgrund der Entstehungsgeschichte des Vorhabens und der jüngsten Entwicklungen behalten wir uns vor, gegebenenfalls einen Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht zu stellen.“

Auch Nagel sieht die Sachlage kritisch

Und auch Juliane Nagel, Sprecherin für Migration der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, findet das Projekt von Anfang an überdimensioniert: „Wir haben das Projekt von Anfang an abgelehnt, weil so keine menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten aussehen kann.

Jetzt sind wir einmal mehr froh, dass uns dieses Vorhaben erspart bleibt. Wir setzen uns weiterhin für kleinteilige Unterbringung, besser noch dezentral in eigenen Wohnungen ein – ohne das Risiko, das private Investoren mitbringen, wenn sie aus sozialen Schieflagen Profit schlagen wollen.“

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