Manchmal vergessen auch Ratsfraktionen, dass ihre Beschlรผsse auch finanzielle Folgen haben. Etwa beim Thema Park and Ride. Seit einigen Jahren ist klar, dass Leipzig die P+R-Plรคtze am Stadtrand ausbauen muss, um insbesondere Besucher der Stadt und ihrer Veranstaltungen dazu zu animieren, ihren Pkw auf dem P+R-Platz abzustellen und dann mit der StraรŸenbahn oder der S-Bahn in die Stadt zu fahren. Nur kosten auch P+R-Plรคtze Geld.

Das wurde zwar so in der Diskussion um diese Plรคtze nicht extra thematisiert.

Aber gerade in diesem Jahr, in dem der Finanzbรผrgermeister immer hรคufiger warnt, die Finanzknappheit im nรคchsten Doppelhaushalt 2025/2026 ernst zu nehmen, gibt es immer mehr Aufschlรคge in der Ratsversammlung, bei denen die Verwaltungsspitze den Stadtrรคten erklรคren muss, dass das Geld fรผr ihre Wunschprojekte im aktuellen Haushalt schlicht nicht zur Verfรผgung steht.

Und im nรคchsten vielleicht auch nicht โ€“ auch wenn darรผber noch diskutiert wird.

Wir haben das doch so beschlossen โ€ฆ

Und so war man wohl auch im Baudezernat eher verblรผfft, als die CDU-Fraktion nun anfragte: โ€žAm 17. Mai 2023 beschloss der Rat (VII-A-08172) mit groรŸer Mehrheit, im Kalenderjahr 2023 โ€šim Umfeld des S-Bahnhofs Heiterblick zwischen WodanstraรŸe und Technischem Zentrum Heiterblick ein P&R-Platz โ€˜ zur Verfรผgung zu stellen.

Da dies bis heute nicht erfolgt ist, fragen wir an:

1) Wann beginnt die Planung fรผr den im Mai 2023 beschlossenen P&R-Platz?

2) Wann wird dieser Platz zur Verfรผgung stehen?

3) Warum ist der โ€“ laut Ratsbeschluss โ€“ im Kalenderjahr 2023 einzurichtende P&R-Platz bis heute nicht vorhanden?โ€œ

Um nur die ersten drei Fragen zu zitieren. Nur hat der Stadtrat hier eben etwas beschlossen, was Geld kostet, das im Doppelhaushalt 2023/2024 รผberhaupt nicht vorgesehen war.

Ziemlich folgerichtig konnte die Stadt das Projekt gar nicht im Jahr 2023 umsetzen, wie das Verkehrs- und Tiefbauamt (inzwischen Mobilitรคts- und Tiefbauamt) antwortet: โ€žDie Planung ist fรผr 2025/26 vorgesehen, soweit die nรถtigen Planungsmittel entsprechend des Rahmenplans zur Umsetzung der Mobilitรคtsstrategie in den Doppelhaushalt aufgenommen werden kรถnnen. Eine Aussage bzw. Abschรคtzung zur Inbetriebnahme ist daher heute noch nicht mรถglich.โ€œ

Ist das nun eine Eigenwilligkeit der Stadt, die einfach einen Stadtratsbeschluss ignoriert?

Nicht wirklich, erklรคrt das Amt. Und erinnert die nachfragende Fraktion daran: โ€žMaรŸgeblich fรผr die Realisierbarkeit von inhaltlichen Beschlรผssen ist deren Untersetzung mit den personellen und finanziellen Ressourcen im Haushaltsbeschluss. Diese Untersetzung lag/liegt bisher nicht vor.โ€œ

Auch ein P+R-Platz kostet Geld

Das darf man ruhig auch so lesen: Der Stadtrat hat uns das Geld nicht bewilligt, also kรถnnen wir auch nicht bauen.

Der Rahmenplan fรผr die Mobilitรคtsstrategie beziffert die Kosten fรผr den P+R-Platz รผbrigens mit 410.000 Euro, die im Doppelhaushalt 2025/2026 eingestellt werden mรผssten. Wenn sie dort nicht auftauchen, weil sie einfach nicht ins umkรคmpfte Budget passen, kann der P+R-Platz am S-Bahnhof Heiterblick auch 2025/2026 nicht gebaut werden. Die Stadtratsfraktionen kรถnnen also selbst darauf achten, dass das Projekt mit in den Doppelhaushalt kommt, der dann Anfang 2025 beschlossen werden soll.

Das Misstrauen der CDU-Fraktion wurde auch in ihrer letzten Frage deutlich: โ€žFรผr wie bindend hรคlt das zustรคndige Dezernat vom Rat getroffene Beschlรผsse?โ€œ

Nur hat das Misstrauen keine Grundlage, stellt das Amt fest: โ€žDie MaรŸnahme wurde aufgrund des Stadtratsbeschlusses entsprechend priorisiert.โ€œ

Eine von รผber 200 MaรŸnahmen

Da kann man schon mal die รœbersicht verlieren, denn in der Fortschreibung des Rahmenplans zur Mobilitรคtsstrategie stehen รผber 200 EinzelmaรŸnahmen fรผr FuรŸgรคnger, Radfahrer, ร–PNV und auch den motorisierten Verkehr, die in den Jahren 2025/2026 umgesetzt oder zumindest begonnen werden sollen.

Am 25. April hat der Stadtrat diese Fortschreibung beschlossen. Die ganzen Einzelposten mรผssten jetzt also im Doppelhaushalt 2025/2026 auftauchen. Wobei die finanzielle GrรถรŸenordnung fรผr den P+R-Platz Heiterblick darauf hindeutet, dass das erst einmal nur die Planungsmittel sind und ein tatsรคchlicher Bau des Platzes eher in den nรคchsten Doppelhaushalt 2027/2028 fรคllt.

Und dann lohnt sich auch noch der Blick in die Ratsversammlung vom 17. Mai 2023, in der die Stadtverwaltung ganz sachlich vorgeschlagen hatte, den Vorschlag fรผr einen P+R-Platz in Heiterblick erst einmal zu prรผfen: โ€žDer Oberbรผrgermeister wird beauftragt zu prรผfen, ob ein neuer Park+Ride-Standort (P+R) am S-Bahn-Haltepunkt Leipzig-Heiterblick errichtet werden sollte.โ€œ

Doch auch damals schon wollte die CDU-Fraktion mit dem Kopf durch die Wand, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass die Herrichtung so eines Platzes Geld kostet, das im Haushalt gar nicht zur Verfรผgung stand.

Nachdem der Verwaltungsstandpunkt damals mit 25:30 Stimmen in der Ratsversammlung durchfiel, stimmte eine Mehrheit von 34:4 Ratsmitgliedern bei 17 Enthaltungen fรผr den CDU-Antrag: โ€žDie Stadt Leipzig stellt im Umfeld des S-Bahnhofs Heiterblick zwischen WodanstraรŸe und Technischem Zentrum Heiterblick einen P&R-Platz in Form eines offenporigen Schotterplatzes zur Verfรผgung. Die Umsetzung erfolgt im Kalenderjahr 2023.โ€œ

Dazu kann man eigentlich nur sagen: Entweder waren sie alle trunken vor Tatkraft oder wollten einfach zeigen, dass sie auch mal Unfug beschlieรŸen kรถnnen, wohl wissend, dass man die Stadt nicht mit dem Bau so eines Platzes โ€žbitte sofortโ€œ beauftragen kann, wenn niemand sagt, woher das Geld dafรผr kommen soll.

Dass die AfD-Fraktion, die damals mit dafรผr stimmte, รผber solche Dinge nicht nachdenkt, das kennt man ja. Aber von der CDU-Fraktion erwartet man eigentlich gerade bei knappen stรคdtischen Finanzen deutlich mehr Aufmerksamkeit auf die Finanzierung so wichtiger Projekte.

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Keine Kommentare bisher

Wer hat behaupet, dass die CDU-Hanseln im SR Ahnung haben?
Das gleiche vollzog sich doch beim Parkhaus EisenbahnstraรŸe oder dem SPD-Antrag zum Parkhaus Anger-Crottendorf, dem die CDU zustimmte. Da hat auch niemand erklรคrt, wo das Geld dafรผr herkommen soll.

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