Wer Stadtpolitik macht, braucht einen langen Atem. Einen sehr langen Atem. Gerade, wenn es um Brücken- und Straßenneubauten geht. Das liegt am (fehlenden) Geld, an fehlenden Planern, an fehlenden Kapazitäten – und inzwischen einem riesigen Investitionsstau, der in Leipzig viele Projekte dringlich macht. Während ein schon für 2016 geplantes Projekt, wie die Windmühlenstraße wohl erst 2035 umgesetzt wird. Das war am 19. September in der Ratsversammlung Thema.

Da stand der Antrag des Stadtbezirksbeirats Mitte auf der Tagesordnung, der die Windmühlenstraße zwischen Bayerischem Platz und Wilhelm-Leuschner-Platz in ein grünes Band verwandelt sehen möchte.

„Die weitgehende Abwesenheit von Bäumen und Begrünungen in der Windmühlenstraße und am Bayrischen Platz steht im Widerspruch zum Leitziel einer klimagerechten Stadt, die auch Schutz vor Überhitzung und Trockenheit bietet. Die Definition der verkehrlichen Anforderungen an die Windmühlenstraße wird auch Auswirkungen auf die Gestaltung des Verkehrsknotens und des Stadtplatzes Bayrischer Platz haben und muss daher gemeinsam geplant werden“, hieß es im Antrag des Stadtbezirksbeirats Mitte.

„Der geforderte und frühzeitige Planungs- und Beteiligungsprozess soll sicherstellen, dass die Bedeutung der Windmühlenstraße und des Bayrischen Platzes gewürdigt und in einem größeren planerischen Kontext betrachtet wird, der über das benannte Gebiet hinausgeht. Das Erbe der DDR-Städteplanung erfordert besondere Anforderungen und Anstrengungen, um hier künftig einen zeitgemäßen Straßen- und Freiraum zu schaffen.“

Diesen Antrag hat der SBB Mitte nach der Stellungnahme aus dem Stadtplanungsamt noch einmal überarbeitet. Denn die gewünschten Ziele, hier die Bedingungen für Radfahrer zu verbessern und viel mehr Grün zu schaffen, teilt auch die Stadt. Die würden, so das Stadtplanungsamt, auch in die Planungen einfließen. Aber die sind eben noch nicht spruchreif.

Der Bayerische Platz hat Vorrang

Denn der Stadtrat hat selbst beschlossen, dass ein Teil dieses Straßenkomplexes für einen Komplettumbau vorgezogen wird: der Bayerische Platz, jetzt eine einzige Tristesse aus Steinpflaster, Asphalt und Beton. Ein Ort, der sich im Sommer regelrecht aufheizt, mit einer Aufenthaltsqualität, die gegen null geht.

„Entsprechend der zeitlichen Einordnung der Komplexmaßnahme wurde der Bayrische Platz im Stadtplatzprogramm (VII-DS-07999-NF-01) unter den ersten 22 Plätzen priorisiert. Im Rahmen der Haushaltsplanung 2025/2026 wurden vom Verkehrs- und Tiefbauamt gemäß Zuarbeit des Stadtplanungsamtes für 2026 20.000 Euro für die Vorbereitung eines Wettbewerbs angemeldet“, schreibt das Stadtplanungsamt. Das heißt: Dieser Platz wird zuerst umgebaut.

Größtenteils schattenlos: die heutige Windmühlenstraße. Foto: Ralf Julke
Größtenteils schattenlos: die heutige Windmühlenstraße. Foto: Ralf Julke

In der kleinen Debatte zum SBB-Antrag am 19. September wurde dann freilich auch deutlich, dass man die künftige Gestaltung der Windmühlenstraße dabei schon mitdenken wolle, so Baubürgermeister Thomas Dienberg – denn der Übergang ist hier ja nahtlos. So wie der Bayerische Platz aussehen wird, wird er prägend für die Gestaltung der Windmühlenstraße.

Nur ist diese mittlerweile ans Ende des aktuellen Planungshorizonts gerutscht, wie das Stadtplanungsamt mitteilte: „Der Start der Beteiligung ist abhängig von der Gesamtprojektterminschiene. Re-Priorisierungsliste zum Rahmenplan VII-DS-07679 sind folgende Meilensteine beschlossen: Projektstart 01/2028, Baustart 2035.“

Daran rüttelte am 19. September auch niemand, denn inzwischen wissen zumindest die gestandenen Stadträte, dass jede Änderung in den beschlossenen Prioritätenlisten sofort die Streichung eines anderen wichtigen Projektes bedeutet. Die beschlossenen Prioritätenlisten geben zumindest die Gewähr, dass Leipzig wenigstens einen Teil seines Investitionsstaus abgebaut bekommt.

Geld im Haushalt 2025/2026 ist noch gar nicht notwendig

Ein wenig hin und her ging es am 19. September über die Frage, ob Antragspunkt 2, in dem es schon um Gelder für die Bürgerbeteiligung ging, die in den Haushalt 2025/2026 eingestellt werden sollten, zugestimmt werden sollte. Eigentlich ein verfrühter Antrag, wenn die Beteiligung zur Windmühlenstraße erst 2028 starten soll. Aber man könne das natürlich in der Bürgerbeteiligung zum Bayerischen Bahnhof mit berücksichtigen, fand der Fraktionsvorsitzende der Grünen Dr. Tobias Peter.

In der Abstimmung fand dieser Punkt dann sowieso keine Mehrheit. Da war der SBB einfach schon drei Jahre zu früh losgeprescht. Aber viel wichtiger war, dass er in der Neuformulierung seines Antrags noch einmal konkretisierte, was beim Umbau der Windmühlenstraße unbedingt Beachtung finden soll:

„Schaffung eines innovativen und qualitätsvollen Stadtraumes; flächensparende und versiegelungsarme Verkehrsraum-Entwicklung ; sichere und barrierefreie Erreichbarkeit und Mobilität; Klimaanpassung, wie Versickerungsflächen und Rigolen; erkennbar gestalterische Verknüpfung der künftigen Grün- und Parkflächen zwischen Wilhelm-Leuschner-Platz und Bayrischen Bahnhof, in der Windmühlenstraße und Bayrischer Platz, Promenadencharakter“

Also wesentliche Teile einer Grünachse, in der man sich auch als Passant aufhalten kann.

Gegenrede gab es an diesem 19. September eigentlich nicht. Bis auf den Punkt 2 bekam der Antrag aus dem Stadtbezirksbeirat eine deutliche Zustimmung mit 42 : 0 Stimmen bei 20 Enthaltungen.

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