Es ist erstaunlich, dass zum Gehwegparken in Leipzig immer wieder dieselben falschen Argumente vorgetragen werden, obwohl jeder Autofahrer in der Fahrschule lernt, dass Gehwegparken generell verboten ist, wenn dort kein Verkehrszeichen steht, wonach das Parken auf dem Gehweg explizit erlaubt. Aber die wilden Argumente tauchten auch am Donnerstag, dem 19. September, wieder auf, als 33 Anwohneranfragen allein zur Karl-Heine-Straße zur Beantwortung anstanden.

Zwei Anwohner nutzten die Gelegenheit, nachzufragen. Baubürgermeister Thomas Dienberg nutzte die Gelegenheit auch, um zuzugestehen, dass die Kommunikation mit den Anwohnern im Vorfeld gefehlt hat. Irgendwie. Wobei eines nun einmal nicht stimmt, dass niemand von den Nutzern des Gehwegs als Parkplatz vorher nicht gewusst haben konnte, dass die Stadt hier Ordnung schaffen wird. Das stand auch hier in dieser Zeitung.

Natürlich gern überlesen von Leuten, die in anderen Zeitungen irgendetwas anderes lesen. Aber die Beschwerden über das Gehwegparken in der Karl-Heine-Straße, das vor allem Fußgänger und Radfahrer gefährdete, sind mittlerweile Legion. Zuletzt sah die ganze Diskussion ja so aus, als ginge es immer nur um die Kümmernisse der Autobesitzer, die nicht mehr wissen, wohin mit ihrem Auto.

Und um eine Haltung, wie sie CDU-Stadtrat Andreas Nowak an diesem Tag wieder formulierte, dass die Stadt verantwortlich sei dafür, dass reguläre Stellplätze entstehen. Da widersprach ihm auch OBM Burkhard Jung vehement. Genau dafür ist die Kommune nicht zuständig.

Karl-Heine-Straße, Ecke Forststraße. Foto: Initiative Verkehrswende
Karl-Heine-Straße, Ecke Forststraße in Leipzig. Foto: Initiative Verkehrswende

Der StVO Geltung verschaffen

Aber sie ist zuständig, die Einhaltung der StVO zu gewährleisten. Und Jung bestätigte genauso wie Dienberg, dass es nicht nur in der Karl-Heine-Straße massive Probleme mit illegalen Gehwegparkern gibt. Aber schon zu Jahresbeginn war klar, dass die Stadt – nach Jahren der Duldung – in der Karl-Heine-Straße für reguläre Parkbedingungen sorgen wird.

Anfang August wurden dann die falschen Parkmarkierungen in der Karl-Heine-Straße abgefräst, von denen niemand weiß, wer sie da aufgemalt hat. Mit standardisierten Parkmarkierungen, wie sie die Stadt anordnet, hatten sie nichts zu tun. Und dann wurden 14 Tage lang – so Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal – „Höflichkeitszettel“ verteilt, welche die Falschparker darauf hinwiesen, dass sie dort eine Ordnungswidrigkeit begingen.

Was dann auch eine Einwohneranfrage deutlich beantwortete, ob denn nicht die Knöllchen, die danach verteilt wurden, von der Stadt nicht kulant wieder zurückgenommen werden könnten. Was schlicht keinen Sinn ergibt, da alle dort Parkenden wissen, dass sie im Parkverbot stehen. Aber wie Dienberg eben zugab: Das Vorgehen im August hätte man kommunizieren müssen. Das wäre etwas anderes gewesen, als dann nur „Höflichkeitszettel“ zu verteilen.

Stadt arbeitet an einer regulären Parkanordnung

Aber Dienberg kündigte jetzt auch an, dass die Stadt die Situation vor Ort jetzt prüft und auch Verkehrszählungen in der Karl-Heine-Straße durchführt. Im Oktober will man die Ergebnisse beisammen haben, so Dienberg, und dann den Anwohnern ein Konzept vorlegen, an welcher Stelle des in diesem Anschnitt neun Meter breiten Gehweges tatsächlich reguläre Stellplätze eingerichtet und markiert werden können.

Das werden dann weniger sein als vorher die irregulär genutzten Flächen, so Burkhard Jung. Aber auch das war schon vorher klar: Wenn man hier wirklich sichere Bedingungen vor allem für die schwächeren Verkehrsteilnehmer – Fußgänger und Radfahrer – schaffen will, dann muss die zum Parken genutzte Fläche deutlich schrumpfen und übersichtlicher werden.

Die Karl-Heine-Straße / Ecke Forststraße nach der Durchsetzung des Parkverbots. Foto: Initiative Verkehrswende
Die Karl-Heine-Straße, Ecke Forststraße nach der Durchsetzung des Parkverbots. Foto: Initiative Verkehrswende

Und auch Nowaks Argument, man habe dort noch keine gefährlichen Situationen mit Radfahrer erlebt, stimmt nicht. Dem widersprach Thomas Kumbernuß (Die PARTEI) deutlich, der hier als Radfahrer schon mehrfach gefährliche Situationen mit ausparkenden Kraftfahrern erlebt hat.

Aus der Sicht eines Radfahrers sieht die Situation völlig anders aus als aus der Sicht der 33 Autobesitzer, die die Stadt mit Anfragen zur Karl-Heine-Straße geschwemmt haben. Und die fast alle so taten, als wären sie im August aus dem heiteren Himmel gefallen.

Die Stadt ist nicht für den Bau von Parkhäusern zuständig

Das Ergebnis der Fragestunde: Das Baudezernat prüft jetzt die Anordnung von regulären Stellplätzen im Abschnitt zwischen Kolbestraße und Erich-Zeigner-Allee und will – so Dienberg – die Vorschläge, welche Parkanordnung es dann gibt, der Bürgerschaft im Quartier vorstellen.

Der Forderung, die Stadt müsse – etwa über Parkhäuser – dafür sorgen, dass genügend Stellplätze zur Verfügung stehen, erteilte er hingegen eine klare Absage.

Das formulierte das Baudezernat auch in den Antworten an die 33 Anfragenden: „Der hohe Parkraumbedarf kann allerdings grundsätzlich nicht allein im öffentlichen Verkehrsraum abgedeckt werden. Der öffentliche Straßenraum ist flächenmäßig begrenzt, so dass in den dicht bebauten Gründerzeitvierteln ganz objektiv nicht für jeden Haushalt dort ein Stellplatz vorhanden sein kann. Hier liegt die Verantwortung, neben den Fahrzeughaltern, auch bei den Eigentümern und Vermietern, Angebote zu schaffen und diese wirtschaftlich zu betreiben.“

Im Einklang mit Fußverkehrsstrategie der Stadt Leipzig

Nach der Sitzung meldete sich auch die Initiative Verkehrswende Leipzig zu Wort: „Durch das Ende des illegalen Parkens auf dem Gehweg hat sich die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer auf der Karl-Heine-Straße massiv verbessert.

Zu Fuß Gehende und Rad fahrende Kinder werden nicht mehr durch auf dem Gehweg entlangfahrende Autos bedrängt und gefährdet; Eltern können ihren Nachwuchs sicher zu den umliegenden Kindertagesstätten bringen und von dort abholen; Radfahrer werden nicht mehr durch ein- bzw. ausparkende Kraftfahrzeuge gefährdet, die meist rückwärts, also mit stark eingeschränkter Sicht, über den Radfahrstreifen auf die Fahrbahn fuhren; Passanten, darunter zahlreiche Kinder und Jugendliche des benachbarten Karl-Heine-Gymnasiums erreichen sicher die Straßenbahnhaltestelle Alte Straße; Autofahrer werden nicht mehr durch riskante Ein- und Ausparkmanöver auf einer Straße mit dichtem und schnell fließendem Verkehr gefährdet.

Der Gehweg ist nun frei und durch das Fehlen der vielen Kraftfahrzeuge wird das Straßenbild deutlich aufgewertet, da das Erscheinungsbild der Gründerzeithäuser gewahrt bleibt. Gleichzeitig wurde die Aufenthaltsqualität im Bereich vor den Häusern gesteigert.“

Und deutlich positioniert sich die Initiative auch gegen die Anspruchshaltung der Autobesitzer, dass sie dort ihr Auto parken können müssen: „Die Aufhebung der Duldung des verbotswidrigen Gehwegparkens steht im Einklang mit Fußverkehrsstrategie der Stadt Leipzig, die freie, sicher zu nutzende Gehwege vorsieht. Sie beendet einen Zustand der Willkür und stellt Rechtssicherheit durch die klare Anwendung der StVO her: Es gibt keine Ausnahme. Auf Gehwegen darf nicht geparkt werden.“

Und noch deutlicher: „Die Duldung des verbotswidrigen Gehwegparkens wurde von Bürgern, aber auch von vielen entsprechend angewiesenen gemeindlichen Vollzugsbediensteten als Willkür wahrgenommen, da letztere das gleiche Fehlverhalten an manchen Stellen sanktionieren mussten – und an anderen Stellen nicht durften.

Verwaltungshandeln muss gesetzeskonform, eindeutig und widerspruchsfrei sein, wenn es von der Bürgerschaft verstanden und akzeptiert werden soll. Ein solcher Zustand ist nun erreicht und sollte daher auch so beibehalten werden. Die Stadt darf sich trotz der Reaktionen auf die Entduldung des illegalen Gehwegparkens auf keine faulen, rechtswidrigen Kompromisse einlassen.“

Die Initiative Verkehrswende kann sich auf den jetzt frei gewordenen Flächen aber auch etwas ganz anderes vorstellen, als dann regulär aufgebrachte Parkmarkierungen.

„Der von Autos befreite Gehweg wartet nun auf neue, der Allgemeinheit und nicht mehr einzelnen Autobesitzern zugute kommende Nutzungen. Der Fantasie sind zunächst keine Grenzen gesetzt“, formuliert die Initiative.

„Es besteht die Chance für eine partielle Entsiegelung, die sich positiv auf das Mikroklima auswirkt und Wasserversickerung ermöglicht – Stichwort Schwammstadt. Bereits jetzt führt die Abwesenheit der Falschparker zu besserer Zugänglichkeit für die Abfallentsorgung. Der Verkehrsraum ist übersichtlicher und es gibt Platz zum Spielen für Kinder, für Sitzgelegenheiten, Fahrradbügel, Hochbeete, Sport- und Spielgeräte, Kunst im öffentlichen Raum u.v.m.“

Solche Elemente ebenfalls mit unterzubringen, wäre zumindest ein vernünftiger Vorschlag an die Leipziger Verkehrsplaner.

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Es gibt 12 Kommentare

Sebastian, nicht ohne Grund wurde die Anordnung des Verkehrszeichens 315 (-85) ausgeschlossen, denn der Fußweg wird in Eigenverantwortung von Autofahrenden nicht nur tangiert sondern überfahren, um sich z.B. hinter die Baumpoller zu stellen. Neben den diskutierten Sicherheitsproblemen ist der Fußweg nicht für diese Belastung gebaut, was man ihm schon sehr deutlich ansieht – gerade für nur eingeschränkt mobile Personen ein riesiges Problem. Die angekündigten Markierungen werden sicher nur dort zu finden sein, wo es ein direktes Auffahren von der Fahrbahn aus und ausreichende Sichtbeziehungen gibt. Die Gefahren durch mangelnde Sicht hatte Herr Kumbernuß ja thematisiert. Zur Verringerung dieser bedarf es auch eines regelkonformen Sicherheitstrennstreifens von mindesten 0,75m (neuere Regelwerke meist 1m), so dass zum schon markierten 0,50m Sicherheitstrennstreifen noch einmal 0,25m – 0,5m hinzukommen müssen. Mit zusammen also mindestens 5,20m + 0,25m für einen Standardparkstand (EAR 23) wird es auf dem Asphaltstreifen knapp, auf 5m verkürzt, wird es wahrscheinlich gerade so reichen.

@EarlGrey
Das ist immer so ein Phänomen: Wenn irgendwo wegen einer Sperrung Parkplätze nicht nutzbar sind sind die Autos weg, ohne dass man das Gefühl hat, in den direkt angrenzenden Straßen wäre eine höherer Parkdruck entstanden. Scheinbar lässt man aus denen die Luft ab und nimmt sie mit in die Wohnung…

Aber was für mich eine drängende Frage ist: Wo stehen denn heute die Fahrzeuge, die gestern noch auf dem Gehweg standen? Kurz vor Halle? Und sage bitte niemand: Auf dem Gehweg im Kurvenbereich drei Straßen weiter. Denn da standen sie auch schon immer.

Touristen sind immer die anderen!

Ach, und wenn wir beim Zwang anfangen: die Stadt tut jede Menge Dinge, die sie nicht zwangsläufig tun müsste. Nicht nur die absoluten Pflichtaufgaben sind Themen, die die Arbeitsfelder von Rat und Verwaltung bilden. Von den “Privatproblemen” ganz zu schweigen.
Und der Fußweg wird doch dort gar nicht tangiert, sieht man ja gut auf dem Bild oben. Rechts viel Platz für den Fußverkehr, links der leere Asphalt, für den nun händeringend smarte, schöne, städtebaulich wertvolle und in die Zeit passende Verwendungen gesucht werden. Möglichst so, dass die Ansicht der Fassaden vom Eindruck her aufgewertet wird…
Für mich klar ist, dass das Befahren der rechten Seite (ich bleibe beim Bild oben) auf dem Weg zum eigentlichen Stellplatz nicht geht, aber wenn man will findet man Wege. So wie offenbar bei dem Kompromiß in diesem Fall.

@Sebastian
Immer wieder erstaunlich, dass die größten Ideologen nur bei anderen Ideologie sehen, die eigene aber partout nicht erkennen können/wollen.
Ein Gehweg ist für den Fußverkehr da. Das scheinen vielen Menschen nicht begreifen zu wollen. Selbst wenn der Gesetzgeber mit VZ 315 eine Ausnahme erlaubt, gilt dennoch zunächst §39, 1 StVO. Da bereits geregelt ist, dass mit Fahrzeugen nur die Fahrbahn benutzt werden darf, stellt sich die Frage nach der zwingenden Notwendigkeit Autos auf Gehwegen abstellen zu müssen. Parken ist schließlich ein privates Problem.

Ach, die Leute kreuzen in Volkmarsdorf schon auf. Stellen sich beitbeinig hin, wissen alles besser und vor allem, dass alles Schikane sei und man werde das schon zu verhindern wissen. Auf die Nachfrage wie das denn gehen soll, antwortet der Wutbürger: “Durch Ratsmehrheiten.” Als man dann erklärt, die Sperrpfosten sind eine verkehrsrechtliche Anordnung, daran kann keine Ratsmehrheit etwas ändern, zieht der Bürger lautschimpfend ab.

Da hat die CDU in Volkmarsdorf also wieder Dinge versprochen, die sie gar nicht halten kann. Das wusste die CDU auch schon vor der Wahl. Und trotzdem.

Und (vermutlich) hat die CDU in der KH auch Dinge versprochen. Die in Teilen gleichlautenden Eiwnohneranfragen lassen darauf schließen, dass da im Hintergrund jmd agiert hat. Und nun?

Ach ja: und wenn man in Volkmarsdorf tatsächlich Bedarf an Erklärungen zu Parkproblemen hätte: da soll es ab und zu Bürgersprechstunden geben, die zum Thema “lokale Vereine und ihr Engagement bei der Stadt für Poller auf Kreuzungen ” abgehalten werden. Vielleicht dort mal aufkreuzen und wirklich aktiv werden?

Niemand fragt in Volkmarsdorf, warum in Plagwitz oder Grünau so oder auch so geparkt werden darf. Stadtteile sind unterschiedlich, die Verhältnisse vor Ort demzufolge auch.
Das Bild ohne Autos auf der Asphaltfläche oben im Artikel sieht einfach nur leer aus. Das ist an sich überhaupt nichts, was es zu erreichen lohnte. Leere Flächen sind öde und Verschwendung, und nicht der schwärmerische Zustand “das Straßenbild deutlich aufgewertet”.
Und, das nächste tolle Argument der Initiative: das Erscheinungsbild der Häuser würde nun aufgewertet. Ohne Bäume kämen die noch besser zur Geltung, oder?

Die Stadt und ihre Flächen sind für die Menschen da, nicht für Ideologien. Und an solchen Orten, wo der Platz für alle riesig vorhanden ist, dort muss das Parken absolut nicht verhindert werden, erst recht nicht mit Verhinderungsideen wie “Kunst im öffentlichen Raum”, die dort nun stehen könnte.

Und zum Zeichen 315 wünsche ich mir einfach einen neuen Beschluss vom Rat.

Wenn der Aufschrei in einem privilegierten Viertel groß ist, handelt die Stadt auch im Sinne der Autobsitzenden. Das ist der eigentliche Skandal an der Geschichte. Der Stadtrat hat beschlossen, dass es in Leipzig kein Gehwegparken mehr geben darf. Alle VZ 315 werden seit 3 Jahren peu á peu entfernt und in der Karl-Heine-Straße will man nun den Roll-Back weil ein paar Reiche sich keinen Parkplatz leisten wollen. Wie soll man das denn den Menschen in Möckern, Volkmarsdorf oder Mockau erklären. Dienberg schafft hier gesellschaftlichen Unfrieden und das gilt es zu verhindern.

Das ist doch eine gute Nachricht, lieber Autor, daß das von den LE-Verkehrswendern und weiteren herbeigesehnte und inzwischen durch ordnungspolitisches Durchgreifen geschaffene Wolkenkuckucksheim mit von Kfz freigekehrtem Breit-Trottoir im fraglichen Bereich der Karl-Heine-Straße absehbar ein Ende finden wird. Dabei hatten auch Sie, lieber Autor, längst erkennbar großen Gefallen gezeigt, hier die himmlische Vision einer Flaniermeile als solcher realisiert zu sehen. Derlei kann gar nicht breit genug sein, die ausladenden Reifröcke, die Ihnen dabei vorschweben werden, benötigen selbstredend Platz. Das abgestellte Kfz als solches ist hier daher ein Argernis, zumal die StVO mit klarer Stimme spricht. Dumm nur, daß Stadtverwaltung unmittelbaren Einfluß auf die StVO hat. Das war vor vielen Jahren so, als die bis dahin bestehende Parkordnung abgeschraubt wurde, was die Leute völlig zurecht ewig und drei Tage ignorierten, und das wird so sein, wenn dort nun neue Schilder hinkommen werden, und bestimmt noch mehr als diese.

Den LE-Verkehrswendern war diese nun im Sommer zustandegekommene Durchgreif-Phase eine ihrer Herzens-Low-Hanging-Fruits, mit der ihren ins Disneyland-artige gehenden Fuß- und Radverkehrsstrategien ein weiteres schönes Fleckchen zugeschlagen werden konnte. Was haben die Damen und Herren nicht alles für Dramatisierungen bemüht, wie das Trottoir gewissermaßen zur fußläufigen Unpassierbarkeit geraten sei, durch die Löcher und Bodenwellen, die böse Autos hinterlassen. Wenige hundert Meter auf der Zschocherschen hat man es mit realer Unpassierbarkeit zu tun, bis zum Überdruß aufgestellte Eßtische mit Bestuhlung verunmöglichen die Gehwegnutzung als solche, aber das ist paletti, hingegen dort, wo üppig Platz zur Gehwegnutzung blieb, mußten quasi Tränenzieher rausposaunt werden, wie schlümmschlümm es doch mit dem Fußweg in der Karl-Heine-Straße ist.

Und genau dieses Trähnenziehende ist es, was einem beträchtlichen Anteil der Einwohnerinnen und Einwohner nicht unbeträchtlich zuwider geworden ist, lieber Autor. Und ich wiederhole mich gern, Ordnungspolitik ist nichts, was für welche Veränderung auch immer, die Sie oder wer auch immer sich wünschen möchte, geeignet ist. Damit kann es nicht gehen, und derlei Ansatz ist bestimmt nicht links.

Daß die Karl-Heine-Straße inzwischen rund um den Tag im fraglichen Abschnitt als Fahrstraße notorisch überlastet ist, hat etliche Gründe. Derlei taugt aber nicht für ein, sagen wir, verkehrsinfarktliches Menetekel. Denn die eigentliche gute Nachricht ist doch, daß nun anhand amtlicher Zahlen wirklich unübersehbar geworden ist, daß die Kfz-Zahl privater Halter in Leipzig sinkt. Da ist es besonders dumm, nun, metaphorisch gesprochen, am wachsenden Gras ziehen zu wollen, indem nun munter und anwachsend ruhende Kfz vergrämt werden sollen. Denn derlei nützt der Stadtgesellschaft nichts, nur denen, die sich damit als die besseren Mitmenschen aufplustern wollen und tatsächlich auch nicht davor zurückschrecken, die großen Zusammenhänge gar nicht wahrzunehmen: Flächenfraß, Versiegelung, Öl-/Gas-/Kohleförderung, Luft-/Wasserverschmutzung und Vermüllung laufen an anderem Ort munter weiter. Aber wir, wir wollen es schließlich nice haben!

Tja, und dazu paßt, lieber Autor, der von Ihnen von den LE-Verkehrswendern für mich neu gebrachte Aspekt, nämlich, daß “das Erscheinungsbild der Gründerzeithäuser gewahrt” bleiben möge. Mit überspitzten Worten: Disneyland wollen die Enthusiasten, aber böse Autos stören die Szenerie. Absterbende Straßenbäume, verlotterte Baumscheiben: interesseren auch?

Ich hörte gestern Fr 20.9.2024 in der Thomaskirche Herrn Pfarrer i.R. Christian Wolff, dessen Texte zu gesellschaftlichen Themen auch in diesem Medium ab und zu wiedergegeben werden. Es ging in der Motettenansprache um Flut und Verwüstung. Der Geistliche kam für mich zu dem Schluß, daß das betont vorwurfsvolle Draufhauen von gesellschaftlichen Gruppen aufeinander nichts zum besseren wendet. Es würde nur, wie Christian Wolff sagte, Gnade helfen. Ich muß klar sagen: der Mann hat recht.

Querplatzplätze, wie sie dort bislang illegal okkupiert wurden, sind rechtlich aufgrund des angrenzenden Radfahrstreifens nicht genehmigungsfähig. Denn das Ohne-Sicht-Ausgeparke auf den Radweg ist hochgradig gefährlich und kann von vielen Radlern an dieser Stelle bestätigt werden. Theoretisch wären Längsparkplätze denkbar, sofern es der Untergrund zulässt.
Allerdings stellt sich die Frage, warum man Verkehrsteilnehmern, welche dort über dreißig Jahre lang Zeit hatten, sich einen regulären Stellplatz zu suchen, derart entgegenkommen und knappe finanzielle Mittel der Stadt aufbringen sollte. Man hat jahrzehntelang den Autofahrern das Bußgeld geschenkt. Sollen sich die Falschparker doch von dem Geld selbst ein Parkhaus bauen.

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