Über ein Jahr war klar, dass die neue Schule im Löwitz Quartier westlich vom Hauptbahnhof mit diesem Schuljahr in Betrieb gehen würde und dass es für die Schülerinnen und Schüler sichere Wege zur Schule brauchen würde. Doch als die neu gebaute Schule jetzt in Betrieb ging, gab es nur eine einzige Zuwegung, die bei Eltern ziemlich mulmige Gefühle auslöste. Und das wird auch eine neue Ampel nicht wirklich bessern. Selbst auf einen Bürgervorschlag reagierte die Stadt, als hätte sie das Problem nicht begriffen.
Ein Thomas hat – wahrscheinlich als besorgter Vater – vorgeschlagen, einen sicheren Schulweg zur neuen Schule Hauptbahnhof-Westseite (Löwitz Quartier) anzulegen. Denn um zum neuen Gymnasium zu gelangen, müssen die Schülerinnen und Schüler nicht nur ein großes Baufeld überqueren, sondern auch mehrere unübersichtliche Stellen auf der Westseite des Hauptbahnhofs meistern und am Parkdeck West vorbeilaufen.
Mögliche Alternativen einfach nicht gebaut
Dabei hätte es die Möglichkeit gegeben, einen vorläufigen Fußweg direkt von der Kurt-Schumacher-Straße an der Parthe entlang zu vollenden. Doch die dazu benötigte Treppenanlage steht seit Monaten unfertig in der Landschaft. Diese Chance wurde vertan. Und die dritte Möglichkeit, die Zuwegung über die Parthe an der Berliner Straße, ist noch nicht fertig.
Also schlug Thomas vor: „Da die neue Schule Hauptbahnhof-Westseite (Löwitz Quartier) gerade im Bau ist und für das kommende Schuljahr fertiggestellt werden soll, ergibt sich hier eine nicht unberechtigte Frage nach dem sicheren Schulweg von der Straßenbahnhaltestelle Hauptbahnhof zur Schule. Hier geht es weniger um das Straßenverkehrsaufkommen. Viel mehr steht die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen im Vordergrund. Das Umfeld des Hauptbahnhofs versetzt schon so manchen Erwachsenen in Alarmbereitschaft! Und da sollen 10-jährige Kinder alleine zur Schule gehen!? Auch im Winter, bei zeitiger Dunkelheit!?
Hier würde dringend ein Konzept notwendig sein um das sozial geschwächte Umfeld nachhaltig zu unterstützen, die teilweise daraus resultierende Kriminalität einzudämmen und die Sicherheit der zukünftigen Schüler erheblich zu verbessern!“
Das war eigentlich deutlich. Es ging ihm nicht nur um den teilweise sehr unübersichtlichen Verkehr.
Ist doch genug Polizei in der Nähe
Und die Verwaltung brachte es trotzdem fertig, seinen Wunsch völlig falsch zu interpretieren: „Die Bedenken hinsichtlich der Schulwegsicherheit für die Schülerinnen und Schüler der neuen Schule Hauptbahnhof-Westseite nimmt die Stadtverwaltung sehr ernst. Das Umfeld des Hauptbahnhofs hat bereits eine Sonderstellung als Verkehrsknotenpunkt, in dem unterschiedliche Sicherheitsakteure der Stadt Leipzig im besonderem Maße aktiv sind.
So wird der Vorplatz des Hauptbahnhofs durch die Polizei videoüberwacht. Ferner befinden sich im und im unmittelbaren Umfeld des Bahnhofs Standorte der Bundes- und Landespolizei Sachsen. Hinzu kommen die gemeinsamen, regelmäßigen Streifen des kommunalen Außendienstes und der Polizeidirektion Leipzig (Einsatzgruppe BaZe).
Damit die Elternvertreter und Schulleitung direkt angebunden sind und Anregungen geben können wird die Themenstellung in der Arbeitsgruppe Schulwegsicherheit bearbeitet. Diese Arbeitsgruppe setzt sich aus Vertretern verschiedener Ämter der Stadt Leipzig (Amt für Schule; Verkehrs- und Tiefbauamt; Ordnungsamt; Branddirektion) sowie Akteuren der Polizeidirektion, Vertreter der Schulen, Vertretern der Messestadt-Verkehrswacht e.V. und Vertretern des Stadtelternrates zusammen. Die Arbeitsgruppe Schulwegsicherheit ist ein seit vielen Jahren gut erprobtes Instrument, um die Schulwegsicherheit in der Stadt Leipzig nachhaltig zu erhöhen.
Die Zusammenarbeit ermöglicht es, Maßnahmen besser zu koordinieren und Synergien zu nutzen, sodass infrastrukturelle Verbesserungen und polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen optimal aufeinander abgestimmt werden können. Darüber hinaus ist sie vernetzt mit weiteren Gremien der Stadtverwaltung und Institutionen vor Ort (u.a. AG Innenstadt, Kommunaler Präventionsrat). Die Arbeitsgruppe überwacht darüber hinaus die Situation kontinuierlich und reagiert flexibel auf Veränderungen, was in einem sich dynamisch entwickelnden Umfeld wie dem Hauptbahnhof besonders wichtig ist.
Sofern es im Zusammenhang mit der Zunahme von Schülerinnen und Schülern durch den Quartierneubau zu besonderen Vorkommnissen oder einem gesteigerten Gefühl der Unsicherheit kommt, wird die Thematik in den benannten Gremien umgehend bearbeitet werden.“
Zwischen Baugattern zur Schule
Kein Wort dazu, dass die gewählte Variante mit einem mit Baugattern abgesperrten Zuweg die Ängste der Eltern nicht ansatzweise berücksichtigt.
Und diese äußern sich nach den ersten Schultagen auch entsprechend besorgt. „Schulweg ist ein Graus“, liest man da in einer Leserzuschrift. „Die Stadt kümmert sich aber nicht wirklich. Aktuell führt der von der Stadt empfohlene Schulweg am Parkhaus Bahnhof-Westseite vorbei (einen anderen Zugang gibt es meines Wissens auch nicht) …“
Tatsächlich hätte die Zufahrtsstraße mit Gehwegen längst ausgebaut sein sollen, das hatte der Investor der Stadt zugesagt: Die zwischen Hauptbahnhof und Parkhaus West verlaufende Straße Preußenseite sollte grundhaft ausgebaut werden und durchgehende Radwege sowie Beleuchtung bekommen.
Nichts davon ist zu sehen. Nur ein Provisorium, abgesperrt mit Bauabsperrungen, hinter denen Obdachlose eine Möglichkeit zum Übernachten gefunden haben. „Auf der anderen Seite fahren die Autos zum und vom Parkhaus. Die Kinder müssen die Fahrbahn queren und gut gekennzeichnet ist das auch nicht … Aktuell gehen Eltern mit. Aber ein (sicherer) Schulweg sollte meiner Meinung nach anders aussehen. In ein paar Wochen ist es morgens ja auch schon wieder dunkel …“
Berechtigte Ängste. So hätte der Schulstart eigentlich nicht laufen dürfen.
Provisorische Ampel für chaotische Kreuzung
Einen neuralgischen Punkt – der eigentlich vorher auch schon lange bekannt war – will das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) jetzt etwas entschärfen.
„Um die Zufahrt ins Löwitz-Quartier zu steuern und die Schulwegsicherheit rund um das neue Gymnasium zu erhöhen, wird an der Gleisüberfahrt westlich des Hauptbahnhofs derzeit eine temporäre Ampel eingerichtet“, meldete das VTA am Montag, dem 5. August. Und statt die eigene Besorgnis zu artikulieren, dass die versprochene Planstraße nicht fertig ist, verkauft man das Ganze als Waschmittel-Werbung: „Autofahrer können so sicherer die Gleise überqueren, auch die Schülerinnen und Schüler sollen so besser über die Kreuzung zum Gymnasium beziehungsweise zu den Haltestellen der Leipziger Verkehrsbetriebe gelangen.“
Die komplette Westseite des Hauptbahnhofs ist verkehrstechnisch eine Katastrophe und in besonderem Maße fußgängerunfreundlich. Von klaren Wegebeziehungen kann hier keine Rede sein, sodass das VTA endlich auch ankündigt, dass diese Kreuzung längst reif ist zum Komplettumbau.
„In der Woche ab 12. August kann die Ampel voraussichtlich in Betrieb gehen“, kündigt das VTA an. „Bis das neue Stadtquartier nördlich an die Berliner Straße angebunden ist, wird der Verkehr vorrangig aus Richtung Süden über die Kurt-Schumacher-Straße geführt. Die temporäre Anlage ist zunächst so lange vorgesehen, bis die Kreuzung Kurt-Schumacher-Straße/Preußenseite umgestaltet wurde. Für ein Jahr kostet die Ampel rund 77.000 Euro.“
Auch das hätte nicht passieren dürfen. Alle diese Probleme waren bekannt und hätten vor Schulstart gelöst werden müssen. In dem neuen Gymnasium werden künftig bis zu 1.300 Schülerinnen und Schüler lernen. Die ersten Jahrgänge haben am Montag, 5. August, ihr Leben im neuen Gymnasium angefangen.
Es gibt 2 Kommentare
Es hätte auch nicht geschadet, die Straßenbahn direkt durch das neue Viertel zur Berliner Straße zu führen. Dann würde das Konzept des autoarmen Viertel wirklich Sinn machen und die Schule wäre ordentlich angebunden. Ebenso wie am geplanten Viertel am Bayrischen Bahnhof fährt der ÖPNV hier in gebührendem Abstand drumherum. Oder man hätte wenigstens die geplante Haltestelle an der Berliner Str. schon mal gebaut…
Man kann übrigens auch durch den Bahnhof laufen. Das werden die Kinder, welche mit der S-Bahn anreisen, wahrscheinlich sowieso schon tun. Da hat man dann nur ein kurzes Stück durch die Baustelle.