Die Wellen schlagen hoch in Leipzig-Thekla. Grund dafür ist die Anmietung des Objektes Tauchaer Straße 100 durch die Stadt Leipzig zum Zwecke der Unterbringung von geflüchteten Menschen. Es gibt eine Petition gegen diese Maßnahme, einen Aufruf zu einer Informationsveranstaltung von Gegnern der Asylunterkunft und eine zu einer Gegenveranstaltung. Dazu einen Antrag der AfD-Fraktion im Stadtrat, bereits einen Brandanschlag auf das Objekt und einige Fragen dazu an die Stadtverwaltung.

Worum geht es eigentlich? In Kürze beschrieben wurde ein Bauprojekt für betreutes Wohnen, das auf dem genannten Grundstück genehmigt worden wäre. Mit Medieninformation der Stadt vom 19.06.2024 wurde angekündigt, dass dieses Objekt als neue Unterkunft für Geflüchtete von der Stadt Leipzig angemietet wird.

Der Zeitpunkt wird vom Einreicher der Petition „Bürger gegen Flüchtlingsunterkunft in Thekla Tauchaer Str 100“ in einem „Offenen Brief an die Parteien im Stadtrat“ (liegt der Redaktion vor) so thematisiert: „Diese Entscheidung wurde bereits vor der jüngsten Stadtratswahl getroffen, jedoch erst danach öffentlich bekannt gegeben.“

Eine Aussage, die – nicht nur unterschwellig – den Versuch einer Wahlbeeinflussung durch die Stadtverwaltung insinuiert.

Ein Vorwurf gegen die Stadtverwaltung, der im AfD-Antrag erhoben wird, lautet: „Unglaublich, dass die Stadt Leipzig nun in den privaten Markt eingreift und ein Seniorenwohnprojekt verhindert, nur um sogenannte Asylbewerber im benannten Gebäudekomplex unterzubringen.“ Der im o.g. offenen Brief angedeutete Vorwurf wird dort direkt ausgesprochen: „Bezeichnend, dass die Pläne zur Einrichtung der Theklaer Asylunterkunft erst nach der Europa- und Kommunalwahl bekanntgegeben wurden. Das ist Wählertäuschung nach Jung´scher Art!“

Zu diesen Vorwürfen, besonders dem des Markteingriffs, haben wir bei der Stadtverwaltung angefragt und Antworten vom Sozialamt erhalten.

Frage: Wie war der Ablauf um die Anmietung des Objektes?

Antwort: „Mitte Oktober 2023 wurde uns das Objekt erstmalig durch den Eigentümer an die Stadt Leipzig als Wohnhaus für Geflüchtete angeboten. Das Angebot wurde inhaltlich geprüft und im November 2023 fanden erste Vertrags- und Mietpreisverhandlungen statt. Nach andauernden Abstimmungen über Einzelheiten des Vertrages sowie der Nutzung des Objektes wurde die Entscheidung zur Anmietung in der DB OBM im Juni 2024 getroffen.“

Frage: Hat die Stadt Leipzig, wie von der AfD-Fraktion behauptet, ein Seniorenwohnprojekt verhindert?

Antwort: „Nein. Wie aus der Antwort zur Frage 1 hervorgeht, wurde der Stadt Leipzig die Liegenschaft durch den Eigentümer als Wohnhaus für Geflüchtete angeboten. Über die Nutzung einer Immobilie entscheidet allein der Eigentümer bzw. die Eigentümerin. Die ursprüngliche Absicht der Nutzung für Seniorenwohnen/Betreutes Wohnen war dem Sozialamt nicht bekannt und spielte auch während der Verhandlungen keine Rolle.“

Also kein Markteingriff durch die Stadt. Dass dem Sozialamt die ursprüngliche Nutzungsabsicht nicht bekannt war, ist glaubhaft, allerdings gab es bestimmt jemanden in der Stadtverwaltung, der das vor der Dienstberatung des OBM hätte einbringen können.

Frage: Warum kommuniziert die Stadtverwaltung, in dieser aufgeheizten Stimmung, die korrekten Vorgänge nicht proaktiv?

Antwort: „Die Stadt Leipzig kommuniziert offen und transparent über das Verwaltungshandeln sowie die einzelnen Schritte der Entscheidungsfindung unmittelbar nach einer Entscheidung.

Im vorliegenden Fall wurde der Fachausschuss Soziales, Gesundheit und Vielfalt und der Stadtbezirksbeirat Nordost am selben Tag der Entscheidung informiert. Am 19.06.2024 hat die Stadt Leipzig eine entsprechende Medieninformation veröffentlicht.

Darüber hinaus wird die Stadtverwaltung zur nächsten Sitzung des Stadtbezirksbeirates mit den zuständigen Mitarbeitenden vor Ort sein, um aus erster Hand zu informieren und Fragen zu beantworten. Dort wird auch erläutert, welche Angebote es im Stadtbezirk für Seniorinnen und Senioren und Pflegebedürftige gibt.
Der Stadtbezirksbeirat Nordost tagt am 07.08.2024 ab 18 Uhr in der Gedächtniskirche Schönefeld, Ossietzskystraße 41, in Leipzig.“

Hier haben wir eine völlig korrekte Antwort des Sozialamtes, aus dessen Sicht. Leider wird der Vorwurf des Markteingriffs und der Wahlbeeinflussung voraussichtlich erst mit den Verwaltungsstandpunkten zum AfD-Antrag in einigen Wochen oder Monaten beantwortet. Bis dahin ist das unsere Aufgabe.

Fazit: Die Unzufriedenheit einiger (nicht aller) Bürgerinnen und Bürger in Thekla mit der Entscheidung der Stadtverwaltung, dieses Objekt als Unterkunft für Geflüchtete anzumieten, ist die eine Sache. Mit Falschbehauptungen zu argumentieren, ist eine andere. Es ist Aufgabe der Medien, diese Falschbehauptungen richtigzustellen, indem wir bei der Stadt nachfragen und unsere Leserinnen und Leser informieren.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar