Jede neue Generation, die mit dem Leipziger ÖPNV konfrontiert wird, wundert sich aufs Neue, wie kompliziert viele Dinge gerade für die Nutzerinnen und Nutzer konstruiert sind. So wie die eigentlich viel zu schmal angelegte Haupthaltestelle der LVB vor dem Hauptbahnhof. Hier kommt es beim Queren der Gleise oft zu brenzligen Situationen. Das hat nun Marina in ihrem Bürgervorschlag für den Bürgerhaushalt 2025/2026 zum Thema gemacht: Kann man das denn nicht ändern?

„Das Straßenbahn- und Personenaufkommen an der Haltestelle ‚Hauptbahnhof‘ ist groß. Oft ist die Situation unübersichtlich. Insbesondere beim Überqueren der Gleise sind häufig Personen zu beobachten, welche anfahrende Straßenbahnen nicht wahrnehmen bzw. kurz vor diesen die Gleise überqueren und es zu ‚Beinahe-Kollisionen‘ kommt“, schildert Marina ihre Beobachtungen.

Und so schlug sie vor: „Um die Sicherheit zu verbessern, sollten in Höhe der Hauptausgänge des Hauptbahnhofs auf den Gleisanlagen zur Überquerung Einrichtungen wie Ampeln, größere Warnhinweise oder Z-Schranken u.ä. installiert werden.“

Ein Ansinnen, das schon mehrfach im Leipziger Stadtrat angesprochen wurde. Auch das Jugendparlament hat es schon auf die Tagesordnung gesetzt.

Aber aus sehr nachvollziehbaren Gründen lehnt die Verwaltung eine Umsetzung in dieser Weise lieber ab, lässt den Vorschlag aber „auf Grundlage der Anforderungen des Leipziger Bürgerhaushaltes zur Abstimmung“ zu.

Untersucht und abgewogen …

Das Problem ist über die Jahre gewachsen und war auch absehbar, als die Haltestelle in Vorbereitung der Fußball-WM 2006 umgebaut wurde.

„Die Haltestellenbereiche am Hauptbahnhofsvorplatz sind die vom ÖPNV am stärksten frequentierten Verkehrsanlagen in Leipzig. Die Gestaltung der Fußgängerquerungen über die Gleise wurde bereits bei der Planung der Verkehrsanlagen sorgfältig untersucht und abgewogen“, erklärt nun die Stadt.

„Im rechtlichen Sinne nehmen die Straßenbahnen dort nicht am Straßenverkehr teil, da sie sich beidseits der Fußgängerquerungen auf einem sogenannten besonderen Bahnkörper befinden und die Querungsstellen nicht in die vorhandene Ampelsignalsteuerung einbezogen sind. Die maßgebenden Signalstandorte befinden sich jeweils erst hinter den Konfliktflächen. Rechtsgrundlage für die Sicherung ist hier die Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen § 20, Abs. (4). Demnach muss der Bahnübergang nicht technisch gesichert sein, da lediglich ein Fußweg kreuzt und eine gute Übersicht über die Bahnstrecke gegeben ist.“

Was sicher manche Passanten anders sehen. Denn allein schon durch die sich täglich hier kreuzenden Fußgängerströme entstehen unübersichtliche Situationen. Das Bimmeln der Straßenbahnen, wenn sie sich in dem Gewimmel fortbewegen wollen, gehört dazu.

Keine sinnvollen Ampelschaltungen möglich

„Ungeachtet dessen wurde auch die Einbeziehung der Fußgängerquerungen in die Ampelsteuerungen untersucht. Wegen der Absicherung der großen Anzahl von Straßenbahnen gegenüber den Fußgängern und der unterschiedlichen Straßenbahnrelationen untereinander, kann jedoch keine sinnvolle und bedarfsgerechte Schaltung von Grünzeiten für Fußgänger zzgl. der gemäß Richtlinien vorgeschriebenen Sicherheitszeiten erfolgen“, erläutert die Stadtverwaltung das Grundproblem.

Und betont dann auch, dass man sehr wohl eine ganze Reihe von Warnzeichen sehen kann, auf die man als Fußgänger achten sollte: „Am Hauptbahnhof wird auf den Vorrang der Straßenbahnen bzw. die mögliche Gefahr mit mehreren Hinweiszeichen aufmerksam gemacht. Zusätzlich ist die Höchstgeschwindigkeit der Straßenbahnen auf 20 km/h begrenzt (innerbetriebliche Anweisung). Der Einsatz von Warnblinkern wurde geprüft. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass diese dauerhaft blinken und damit den Sinn der Warnung vor einzelnen Fahrzeugen nicht erfüllen würden.“

Und so ist das Fazit der Stadt: „Es ist davon auszugehen, dass die Akzeptanz einer Signalisierung unzureichend wäre, nicht zuletzt, da die Fußgänger auch zügig zwischen den verschiedenen Linien umsteigen möchten. Darüber hinaus müsste dann auch die Fußgängerquerung in der Mitte der Haltestelle gesichert werden, was technisch nicht beherrschbar wäre. Aus den genannten Gründen wurde letztendlich auf eine Fußgängersignalisierung am Hauptbahnhof verzichtet.“

Wer die Querung häufiger nutzt, lernt ziemlich schnell, alle Sinne offenzuhalten. Und genau das empfiehlt die Verwaltung an der Stelle auch: „Von den Fußgängern darf und muss an dieser offensichtlich anspruchsvollen Verkehrsanlage ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit und ein dementsprechend aufmerksames, vorsichtiges Verhalten erwartet werden, wie es auch beim Straßenbahnfahrpersonal vorausgesetzt wird.“

Was freilich noch nichts daran ändert, dass die Bahnsteige für den Hochbetrieb viel zu schmal ausgelegt sind und die Haltestelle mit steigenden Fahrgastzahlen natürlich erweitert werden muss.

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Keine Kommentare bisher

Komisch, daß bei den Diskussionen nie betrachtet wird, daß wir zwischen Bahnhof und Innenstadt praktisch eine Autobahn bzw. Bundesstraße haben.
Wenn dieser Durchgangsverkehr mal endlich etwas mehr außen rum geführt würde, wäre hier viel mehr Platz für ÖPNV und vor allem für Fußgänger.
Aber ich hör schon den Aufschrei…. Das ginge nicht…..
Dann mal nach Straßburg schauen und lernen.

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