Immer mehr Leipziger Straßen bekommen jetzt nach und nach Straßenbäume. Und in manchen Straßen warten die Anwohner sehnsüchtig, dass auch hier welche gepflanzt werden. Etwa in der Kohlenstraße und der Paul-Gruner-Straße in der Südvorstadt. Denn in der im Stadtrat lange heftig umkämpften Shakespearestraße nebenan sind ja nun Bäume gepflanzt worden. Doch ganz so schnell wird es in der Kohlenstraße nicht gehen, teilt das Amt für Stadtgrün und Gewässer mit.

Dustin Rösner hatte sich in einer Einwohneranfrage erkundigt, wann es in den beiden Straßen so weit sein wird, dass hier ebenfalls Bäume gepflanzt werden.

„Wir möchten Sie bitten, in Erwägung zu ziehen, zusätzliche Bäume am Straßenrand zu pflanzen, ähnlich wie es bereits in der Shakespearestraße und Emilienstraße erfolgreich umgesetzt wurde. Neben Bäumen könnten auch andere Grünflächen etabliert werden, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern“, schrieb er in seiner Einwohneranfrage.

Der Anlass ist für jeden sichtbar, der hier auf die freigeräumten Baufelder für Wohnbauprojekte zum Beispiel auf dem Gelände des Bayerischen Bahnhofs schaut.

„In den vergangenen Jahren haben wir im Bereich Paul-Gruner-Straße und Kohlenstraße einen signifikanten Verlust von Bäumen und Grünflächen durch Neubauprojekte erlebt. Dieser Verlust wirkt sich direkt auf die Aufenthaltsqualität und das Wohlbefinden der Anwohner aus.

Hinzu kommt, dass die verlorenen Bäume und Grünflächen oft nicht direkt im Quartier nachgepflanzt und ausgeglichen werden. Die zunehmende Versiegelung der Flächen führt zu einer erhöhten Hitzebelastung im Sommer, was insbesondere für ältere Menschen und Kinder eine erhebliche Belastung darstellt. Zudem reduziert das Fehlen von Grünflächen die Möglichkeiten für Erholung und soziale Interaktion im Freien, was das Stadtleben insgesamt weniger attraktiv macht“, stellt Rösner fest.

„Die Klimaanalyse der Stadt Leipzig aus dem Jahr 2022 bestätigt unsere Beobachtungen und Bedenken. In dieser Analyse wird das Umfeld um die Kohlenstraße und Paul-Gruner-Straße als sehr ungünstig in Bezug auf die thermische Belastungssituation identifiziert. Es wird festgestellt, dass es in diesem Bereich an ausreichenden Erholungsflächen fehlt, die bei hohen Temperaturen für Abkühlung und Entspannung sorgen könnten. Diese Faktoren machen deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um die Lebensqualität in unserem Viertel zu verbessern.“

Gefällter Gehölzbestand an der Ecke Kohlenstraße/Paul-Gruner-Straße, 2023. Archivfoto: Sabine Eicker
Gefällter Gehölzbestand an der Ecke Kohlenstraße/Paul-Gruner-Straße, 2023. Archivfoto: Sabine Eicker

Also schnell Bäume pflanzen?

Warten auf den Ausbau

So schnell geht das nicht, bremst die Stadtverwaltung nun. Denn wenn die neuen Wohngebäude stehen, soll vor allem die Kohlenstraße hier komplett neu gebaut werden.

„Das Verkehrs- und Tiefbauamt plant den Ausbau der Kohlenstraße/Lößniger Straße von Shakespearestraße bis Alfred-Kästner-Straße. Aktuell wird die Entwurfsplanung abgestimmt und erarbeitet. In der Planung werden Baumneupflanzungen und Gehwegbreiten von mind. 2,50 m berücksichtigt. Im Bereich des zukünftigen Stadtteilparks wird der Platz an der Kohlenstraße geplant“, schreibt die Verwaltung dazu.

Und: „Die Paul-Gruner-Straße ist in der Fortschreibung des Rahmenplans (VII-DS-09238) in der Anlage 2 aufgeführt und demnach nicht im Doppelhaushalt 2025/2026 vorgesehen.“

Das heißt: Es dauert noch.

Obwohl die Stadt konkret für die Paul-Gruner-Straße hohen Bedarf sieht, hier schattenspendende Bäume zu pflanzen.

„Die Paul-Gruner-Straße ist im Maßnahmenplan des Straßenbaumkonzeptes aufgeführt und besitzt eine hohe Priorität. Das Amt für Stadtgrün und Gewässer hat alle Abschnitte der Paul-Gruner-Straße auf die Möglichkeit zur nachträglichen Einordnung von Straßenbaumstandorten hin untersucht“, erklärt das Amt für Stadtgrün und Gewässer dazu.

„Durch die geringen Gehwegbreiten in durchgängig allen Abschnitten der Paul-Gruner-Straße ist die Einordnung von Baumstandorten ausschließlich auf der Fahrbahn und den dort vorhandenen Parkstreifen im sogenannten ‚Zwickauer Modell‘ denkbar. Jedoch wird eine Pflanzung von Straßenbäumen im Fahrbahnbereich durch nahe am Straßenbord verlaufende Leitungstrassen verhindert. Die nachträgliche Pflanzung von Straßenbäumen ist somit ohne umfangreiche und kostenintensive Um- bzw. Neuverlegung von Leitungen vorerst nicht möglich.“

Baurecht hat Vorfahrt

Auch das klingt erst einmal danach, dass hier auf eine größere Umbaumaßnahme der Straße gewartet werden muss. Und natürlich entsteht eine Lücke zwischen den gerade erst beseitigten Gehölzen auf den Baugrundstücken und dem ganz bestimmt noch jahrelangen Warten darauf, dass die betroffenen Straßen umgebaut und mit Straßenbäumen bepflanzt werden.

Auf die Frage Rösners, ob sich das bei künftigen Bauvorhaben nicht verhindern ließe, gesteht die Stadt ihre sehr begrenzten Handlungsspielräume ein, Investoren zum Erhalt von gewachsenen Grünbeständen zu verpflichten. Baurecht schlägt Naturschutz, was derzeit gleich an mehreren Stellen im Stadtgebiet zu frustrierenden Erfahrungen der Anwohner führt.

Oder mit den Worten der Verwaltung: „Bei der Bebauung innerstädtischer Brachen stehen regelmäßig Interessen der Grundstücksbesitzer dem Erhalt von Grünstrukturen auf den jeweiligen Grundstücken entgegen. Der Erhalt von Bäumen und Grünstrukturen wird regelmäßig durch baurechtlich zulässige Vorhaben verhindert. Ziel ist es Kompensationsmaßnahmen räumlich nahe am ursprünglichen Standort einzufordern, um die negativen ökologischen und klimatischen Auswirkungen zu reduzieren.“

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