Das Stöhnen kam irgendwie von Herzen: „Sie geben uns einfach zu viele Aufträge“, sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung am 22. Mai in der Ratsversammlung, als SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker den Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal ein bisschen gelöchert hatte, warum ein Stadtratsauftrag von 2021 immernoch nicht abgearbeitet ist. Obwohl die Stadt schon längst ein Konzept zum Fockeberg vorlegen wollte.
Die Antwort des Umweltdezernats auf die SPD-Anfrage hatte jedenfalls Christopher Zenker nicht zufriedengestellt.
„Im Februar 2021 wurde der Antrag ‚VII-A-01895 Erhalt und Aufwertung des Fockebergs‘ im Sinne des Verwaltungsstandpunkts beschlossen. Ziel war es, bis zum 4. Quartal 2021 im Eingangsbereich zum Fockeberg Fahrradabstellmöglichkeiten sowie eine neue Sitzgelegenheit an der Auffahrt zu installieren, die Sichtschneisen Richtung Innenstadt und Richtung Osten freizuhalten sowie die bereits vorhandenen Sitzgelegenheiten zu reparieren. Darüber hinaus sollte die Stadtverwaltung ebenfalls bis zum 4. Quartal 2021, unter Beteiligung der Öffentlichkeit, ein Konzept zu Sicherung und Nutzung des Fockebergs erstellen“, zählte die SPD-Anfrage auf, was die Stadt eigentlich alles schon machen wollte.
„Im November 2021 wurde von den ganzen Punkten zunächst die Sitzbank umgesetzt und mittlerweile sind auch die Sichtfenster freigeschnitten worden. Allerdings sind die auf dem Fockeberg vorhandenen Sitzgelegenheiten bislang nicht erneuert worden und auch zum Bürgerbeteiligungsverfahren gab es auch unsere Anfrage vom 18.10.2023 die Information, dass ein beauftragtes Ingenieurbüro, das über ein Vergabeverfahren den Zuschlag bekommen hat, seine Konzeptidee auf einer ersten Bürgerbeteiligung vorstellen möchte“, so die SPD-Anfrage.
Es ist doch schon was passiert!
Nur: Auch das ist bis heute nicht passiert. Kein beauftragtes Ingenieurbüro, kein Konzept, keine Bürgerbeteiligung.
Und so teilte das Amt für Stadtgrün und Gewässer denn auch mit: „Das Vergabeverfahren ist leider noch immer nicht abgeschlossen. Ein Büro wurde aktuell noch nicht beauftragt.“
Logisch, dass Christopher Zenker höchst ungeduldig wurde. Die Stadtratslegislatur geht zu Ende – aber am Fockeberg herrscht Arbeitspause. Oder doch nicht?
Etwas genervt verwies das Amt für Stadtgrün und Gewässer auf seine Antwort auf die letzte Anfrage der SPD-Fraktion im Herbst 2023:
„Im Jahr 2021 wurde im Rahmen der Gefahrenbeseitigung die Metalltreppe im südlichen Hangbereich zurückgebaut. In Zusammenarbeit mit Studenten der HTWK, wurde unter Leitung von Herrn Prof. Ulrich ein gemeinnütziges Projekt verwirklicht. Eine selbstkonstruierte Rundbank wurde in unmittelbarer Nähe des Weges aufgebaut und seit 19.11.2021 können Besucher auf der Rundbank Platz nehmen. In den letzten Jahren wurde die forstliche Bewirtschaftung des Fockebergs priorisiert und die Durchführung von Maßnahmen zur Verkehrssicherung standen im Vordergrund. Insbesondere nach dem Sturm am 21.10.2021 wurden zahlreiche Sturmschäden entlang des Weges beseitigt, sodass eine gefahrlose Begehung für Besucher wieder möglich war.“
Was Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal am 22. Mai dann zu der Aussage brachte, die Abteilung Stadtforsten (die zum Amt für Stadtgrün und Gewässer gehört) sei deshalb die letzten Jahre völlig überlastet gewesen. Man hätte Aufgaben priorisieren müssen und sei einfach nicht dazu gekommen, das Konzept – wie versprochen – in Auftrag zu geben.
Stimmt: Wir hätten informieren müssen
Man arbeite trotzdem an Verbesserungen, hatte das Amt für Stadtgrün und Gewässer mitgeteilt: „Durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer wurden aktuell Verbesserungen vor Ort durch das Freischneiden der Sichtachsen und die Reparatur von Sitzgelegenheiten sowie durch das Aufstellen drei neuer Sitzbänke und von fünf Fahrradbügeln geschaffen. Auf dem Plateau wird eine weitere Bank in Kürze installiert.“
Es gab aber auch zu: „Sinnvoll wäre es gewesen, den Stadtrat im Februar 2024 darüber zu informieren, dass die Beauftragung des Planungsbüros sich weiter verzögert.“
Wobei Heiko Rosenthal am 22. Mai versicherte, dass die Beauftragung nun im Juni 2024 erfolgt.
Den Vorwurf Christopher Zenkers, man habe versprochene Termine nicht eingehalten, wollte er jedenfalls so nicht stehen lassen. Wobei Zenker ja auch wissen wollte, warum man die Termine so versprochen hatte. War es wirklich Arbeitsüberlastung? Ist auch das Amt für Stadtgrün und Gewässer personell unterbesetzt? Oder hat OBM Burkhard Jung vielleicht den richtigen Punkt berührt, als er von „zu vielen Aufträgen“ sprach?
Auf einmal steht das Auensystem in der Priorität ganz oben
Denn natürlich sind in den vergangenen drei Jahren noch mehr Arbeitsaufträge gerade für das Amt für Stadtgrün und Gewässer obendrauf gekommen – man denke nur an das Auenentwicklungskonzept (das nun 2025 vorgelegt werden soll) und das Auenrevitalisierungsprogramm, mit dem auf einmal die Wiederbelebung der ganzen Elsteraue auf der Tagesordnung steht.
Natürlich hätte man das viel früher anpacken müssen. Der Klimawandel und die Dürren seit 2018 haben ja erst richtig deutlich gemacht, dass Leipzig überhaupt keine Zeit mehr hat, den Auwald zu retten und enormer Handlungsdruck besteht. Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass die Stadt das Thema in den Jahrzehnten zuvor nicht ernst genug genommen hat. Logisch, dass dann solche aktuellen Handlungszwänge auch im Amt für Stadtgrün und Gewässer alles über den Haufen werfen und der Fockeberg in der Priorität abrutscht.
Wobei andere Ämter am Fockeberg trotzdem weitere Bausteine gesetzt haben, wie das Amt für Stadtgrün und Gewässer mitteilt: „Entlang der Fockestraße werden im Straßenraum gegenüber von zwei Parkeingängen weitere Fahrradanlehnbügel aufgestellt. Hier erfolgt die Umgestaltung der Parkeingänge aus dem Fußverkehrsentwicklungsplan durch das Verkehrs- und Tiefbauamt voraussichtlich Ende des IV. Quartals 2024/Anfang des I. Quartals 2025 (siehe Beispiele in der Aurelienstraße am Eingang zum Spielplatz Karl-Heine-Platz).“
Es tut sich also trotzdem was am Fockeberg und Christopher Zenker kann davon auch in seinem Wahlkreis erzählen, zu dem der Fockeberg gehört. Denn er möchte, wenn man genau hinhört, gern auch im nächsten Stadtrat wieder sitzen und Nachfragen zum Fockeberg stellen.
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