Der Beschluss des Stadtrates von 2020 zu Feuerwerk im Stadtgebiet konnte eindeutiger nicht sein. In Punkt 3 lautete er: „Vollständiges Verbot für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in öffentlichen Park- und Grünanlagen sowie Natur- und Landschaftsschutzgebieten.“ Doch am 25. Mai 2024 war das dem Bürgerverein Leipzig Nordost völlig egal. Da gab es das beliebte Wasserfest am Bagger in Thekla und ab 23 Uhr fand ein Feuerwerk direkt am Bagger statt, mitten im Landschaftsschutzgebiet Partheaue Machern.

Nach Berichten des Naturschutzbundes (NABU) Leipzig wurde dabei das Feuerwerk sowohl in der Nähe des Schilfgürtels als auch auf dem See gezündet, was zu teilweise katastrophalen Auswirkungen auf die dort brütenden Vögel führte, von denen einige starben. Obwohl eine Untersagung des Feuerwerks schon deshalb hätte geschehen müssen, weil das Naturbad Nordost, der im Volksmund sogenannte Bagger, mitten im Landschaftsschutzgebiet Partheaue-Machern liegt.

Der Stadtratsbeschluss von 2020

Bereits 2020 hatte der Stadtrat auf Initiative der Grünen-Fraktion beschlossen, dass innerhalb von Schutzgebieten generell kein Feuerwerk mehr erlaubt wird. Unterjähriges Feuerwerk ist zudem anzumelden. Wie es daher dazu in unmittelbarer Nähe zu Schutzgütern mit den beschriebenen Folgen kam, ist nun Gegenstand der Anfrage der Fraktion, die am, 19. Juni in der Ratsversammlung beantwortet werden soll.

Was durchaus spannend ist: Hat das Umweltdezernat hier geschlafen und trotzdem eine Genehmigung ausgereicht? Oder hat die Führung des Bürgervereins Nordost das Verbot einfach ignoriert? Und wie wird das eigentlich sanktioniert? Oder ist es völlig egal, was der Stadtrat beschließt, wenn sich politisch gut vernetzte Vereine einfach über Verbote hinwegsetzen?

„Es besteht erheblicher Klärungsbedarf. Indem die Organisatoren gegen den erklärten Willen von örtlichen Naturschützern das Feuerwerk durchgezogen haben, erweisen sie dem beliebten Wasserfest einen Bärendienst“, findet Tobias Peter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Leipziger Stadtrat.

„Erst im März wurde bei der Verabschiedung der Entwicklungskonzeption für das Naturbad Nordost der hohe naturschutzfachliche Wert im Umfeld des Baggers festgestellt. Unsere Fraktion hat deshalb ein Natur- und Artenschutzkonzept durchgesetzt.

Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehen, wie es zu diesem Feuerwerk mit offenbar schwerwiegenden Auswirkungen für die dort lebenden Arten kommen konnte. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Stadt ihre eigenen Beschlüsse nicht ernst nimmt, wenn Stadträte wie beim Wasserfest in zentraler Position agieren.“

Die Genehmigung hätte nie erteilt werden dürfen

„Eine Genehmigung hätte bei dem vorliegenden Sachverhalt gar nicht erteilt werden dürfen“, stellt Jürgen Kasek, Stadtrat und umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, fest. „Es ging darum, insbesondere unterjährige Feuerwerke zu reduzieren, um die Belastung für Mensch und Natur zu senken. Dabei ist klare Beschlusslage, dass innerhalb von Schutzgebieten oder bei Schutzgebieten keine Genehmigungen erteilt werden.

Wir haben schon einen deutlichen Rückgang der Biodiversität auch im Bereich der Vögel in der Stadt zu verzeichnen. Es kann nicht sein, dass wir dieser Zerstörung noch Vorschub leisten, indem nicht nur die Anzahl an Grünflächen abnimmt, sondern auch bestehende Gebiete so genutzt werden, dass letztlich der Artenschutz völlig auf der Strecke bleibt.“

Die Grünen fragten dann gleich noch nach der stadtweiten Entwicklung unterjähriger Feuerwerke. Aber die zentrale Frage ist dennoch: „Wie verhält sich die Genehmigung zu Beschlusspunkt 3 des Antrags VII-A-00865-NF-03 vor dem Hintergrund, dass der Theklaer Bagger im Landschaftsschutzgebiet liegt, in dem ein klares Verbot für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern besteht? Wer hat die Genehmigung erteilt?“

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Die Anfrage zur Beantwortung am 19. Juni 2024

„Feuerwerk und Naturschutz“

Immer wieder kommt es zu Diskussionen hinsichtlich des Einsatzes von pyrotechnischen Erzeugnissen mit erheblichen Schallemissionen. Mit Beschluss von Juli 2020 (VII-A-00865-NF-03 „Klare Grenzen für Silvesterfeuerwerk“) besteht ein vollständiges Verbot für die Nutzung von Feuerwerkskörpern in öffentlichen Grün- und Parkanlagen sowie Natur- und Landschaftsschutzgebieten außerhalb des 31.12. Zielstellung war, dass insbesondere unterjährige Feuerwerke deutlich reduziert werden sollen.

Am Wochenende des 24.05.-26.05. fand das beliebte Wasserfest am Bagger in Thekla statt, wo es ebenfalls zum Einsatz von Feuerwerk kam, das in der Nähe des Schilfgürtels und direkt auf dem See gezündet wurde. In der Folge, so berichtet es der NABU Leipzig, wurden etliche besonders und streng geschützte Vogelarten aufgescheucht, verschwanden und verstarben zum Teil.

Vor diesem Hintergrund fragen wir an:

  1. Wie viele unterjährige Feuerwerke wurden dieses Jahr bereits angemeldet und genehmigt, und wo fanden diese Feuerwerke statt?
  2. Unter welchen naturschutzrechtlichen Auflagen und Abwägungen erfolgte die Genehmigung für den Einsatz des Feuerwerks beim Wasserfest am Bagger und wie wurde Sorge getragen, dass brütende Vögel nicht in Mitleidenschaft gezogen werden? Wie verhält sich die Genehmigung zu Beschlusspunkt 3 des Antrags VII-A-00865-NF-03 vor dem Hintergrund, dass der Theklaer Bagger im Landschaftsschutzgebiet liegt, in dem ein klares Verbot für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern besteht? Wer hat die Genehmigung erteilt?
  3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Stadt Leipzig als Genehmigungsbehörde aus den Schilderungen des NABU und der Wildvogelhilfe hinsichtlich des Einsatzes von Feuerwerk in der Nähe von Habitaten während der Brutzeit?
  4. Wie hat sich die Anzahl von angemeldeten unterjährigen Feuerwerken innerhalb der letzten 3 Jahre entwickelt, wie schätzt die Stadt die Dunkelziffer ein, wie viele Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden gestartet?

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