Irgendwie scheint derjenige, der da ein Grundstück am Möbiusplatz in Reudnitz unter die Leute bringen wollte, mitbekommen zu haben, dass hier eine profitable Wohnbebauung nicht möglich sein wird. „Schade. Dieses Angebot ist schon weg. Vermutlich wurde die Anzeige gelöscht“, teilt das Portal immowelt mit. Am 19. Juni war dieses Grundstück der ehemaligen Brauerei in Reudnitz-Thonberg Thema in Stadtrat.

„Das in Rede stehende, derzeit auf Immobilienportalen zum Kauf angebotene Grundstück der ehemaligen Brauerei in Reudnitz-Thonberg (Flurstück 397/2, Gemarkung Reudnitz) liegt zwischen dem westlich angrenzenden Möbiusplatz (Kulturdenkmal Nr. 09263814) und dem südlich angrenzenden Alfred-Frank-Platz (Kulturdenkmal Nr. 09293936).

Nach Auflösung und umfangreichem Umbau befindet sich heute auf der Fläche die im Leipziger Osten bekannte Gaststätte ‚Reudnitz Terrassen‘ einschließlich großem Freisitz und großflächiger Stellplatzanlage für PKWs“, beschreibt das Stadtplanungsamt die Lage am Ort.

„Die Lage zwischen beiden Gartendenkmälern und die Vielzahl an Großgrün lassen das o.g. Grundstück als Teil der angrenzenden öffentlichen Grünfläche erscheinen. Im Flächennutzungsplan und im Landschaftsplan sind diese Flächen daher insgesamt als Grünfläche mit der Zweckbestimmung Parkanlage dargestellt. Die Gesamtfläche des heute weitgehend unbebauten Areals beträgt ca. 2 ha, einschließlich der gliedernden Straßenabschnitte Möbiusplatz und Oststraße.“

Martin Meißner, der für die Grünen-Fraktion den Antrag zum Erhalt der grünen Fläche in der Ratsversammlung vorstellte, verwies auch noch darauf, dass sich an der Stelle zwischenzeitlich auch bis 1990 eine chemische Reinigung befand, die das Erdreich bis in sieben Meter Tiefe kontaminierte, sodass dann 635.000 Euro an Steuergeldern aufgewendet werden mussten, um das Erdreich zu säubern.

Die Gaststätte „Reudnitz Terrassen“ hat sich längst etabliert, der zusammenhängende Grüngürtel wird gut angenommen.

Grünbestand soll erhalten bleiben

Und so traf der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei der Stadt auch auf offene Ohren.

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, umgehend die Aufstellung eines Bebauungsplans sowie einer Vorkaufsrechtssatzung für den östlichen Teil des Möbiusplatzes mit dem Ziel des Erhalts des vorhandenen Grünbestandes einzuleiten. Weitere geeignete Maßnahmen zur Verfolgung dieser Zielsetzung sind zu prüfen“, hatte die Grünen-Fraktion beantragt.

Und sie hatre auch betont, warum hier mehrgeschossiger Wohnungsbau eigentlich nicht hin passt: „Prägend für dieses Areal sind die Park-Strukturen und eine sich darin einfügende zurückhaltende Bestandsbebauung der Reudnitz-Terrassen. Eine Bebauung z.B. durch einen Blockrand schließenden Mehrgeschossbau steht zentralen stadtpolitischen Zielen wie dem Erhalt von Grünflächen für Klimaanpassung und Erholung entgegen.

Der Möbiusplatz befindet sich in einem Gebiet, das überdurchschnittlich von sommerlicher Hitzeentwicklung belastet, von hoher Bevölkerungsdichte und durch einen unterdurchschnittlichen Grünflächenanteil geprägt ist. Dementsprechend sind alle verfügbaren Maßnahmen zur Sicherung des jetzigen Charakters des Möbiusplatzes auszuschöpfen. Hierzu sind die Aufstellung eines Bebauungsplans sowie verbunden damit eine Vorkaufsrechtssatzung angezeigt.

Weiterhin ist zu prüfen, inwiefern weitere geeignete Maßnahmen, z.B. eine Versagung der Bebauung bereits nach § 34 BauGB, eine Veränderungssperre o.a. geeignet sind, die o.g. Zielsetzungen zu erreichen.“

Planung beginnt noch 2024

Und die Stadt sah das genauso und schlug vor: „Zur langfristigen Steuerung städtebaulicher Zielstellungen und zur Sicherung des Bestands von prägenden Parks und Grünflächen ist die Aufstellung eines Bebauungsplans sinnvoll. Die Verwaltung folgt dem Antrag und wird die Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans einschließlich Vorkaufsrechtssatzung zügig einleiten.“

Zügig heißt in diesem Fall tatsächlich, dass man 2024 den Planungsprozess einleiten will, wie das Stadtplanungsamt erklärt: „Im Ergebnis ist aller Voraussicht nach nicht mit dem Verlust des Grünbestandes rechnen. Um dennoch die städtebaulich-freiräumliche Entwicklung der Fläche sowie den Erhalt des vorhandenen Grünbestandes wirksam steuern zu können, wird die Verwaltung die Verfahren zur Aufstellung der Satzungen für einen Bebauungsplan sowie über das Besondere Vorkaufsrecht einleiten. Die konkreten Ziele werden in den jeweiligen Satzungen abschließend formuliert.

Unabhängig davon wird für 2024 der Satzungsbeschluss der neuen städtebaulichen Erhaltungssatzung ‚Reudnitz‘ (Arbeitstitel) angestrebt. Sie resultiert aus der Überarbeitung der bestehenden Erhaltungssatzung ‚Medienstadt‘ und wird das gegenständliche Grundstück miterfassen.

Städtebauliche Erhaltungssatzungen können hierbei Freiflächen vor Bebauung schützen, soweit diese in der Lage sind, die städtebauliche Struktur zu prägen, selbst wenn eine Bebauung planungsrechtlich zulässig wäre (BVerwG, Beschluss vom 3. 12. 2002 – 4 B 47/02). Die hier gegenständliche Fläche wird in der Satzungsbegründung explizit als eine solche Fläche beschrieben werden.“

Grünes Licht also für den Grünen-Antrag, der eigentlich volle Zustimmung im Stadtrat hätte finden können. Aber bei der Abstimmung stimmten dann doch die Stadträte, die es eher mit Investoren halten, gegen den Antrag: zehn Stück genau. Fünf enthielten sich der Stimme. Was eben trotzdem grünes Licht bedeutet für den Grünerhalt am Möbiusplatz.

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Keine Kommentare bisher

Die Fläche war bebaut und hätte sich auch jetzt wieder für eine große Bebauung mit Blockrandstruktur angeboten. Einerseits wird der Mangel an Wohnraum beklagt, andererseits will man nicht mal Bauland bebauen.
Der Mangel an Grünflächen und die Sorge vor Überhitzung ist hier eher unzutreffend. Der Park und der grüne Platz bleiben erhalten. Die Crottendorfer Bahnschneise ist in direkter Nachbarschaft. Etwas weiter südlich gibt es eine große Kleingartenanlage. Die Bebauung heute ist in der Ecke erheblich geringer als noch vor dem Krieg.
Als Ausgleich zur potentiellen Bebauung hätte man auch die überdimensionierte Oststraße und Holsteinstraße den heutigen Regelwerken anpassen können (das kommt sowieso irgendwann).
Insgesamt scheinen sich hier die NIMBYs mal wieder durchgesetzt zu haben. Die Konsequenz wird dann auch sein, dass man jwd Großwohnsiedlungen auf dem Acker hochzieht – mit allen bekannten Nachteilen.

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