Wenn es ins Dickicht deutscher Gesetzgebung geht, dann wird es wirklich kompliziert. Auch bei einer so simplen Sache wie der Zulassung bzw. Nichtzulassung von Motorbooten auf dem Cospudener See. Mehrfach hat Leipzig deutlich gemacht, dass die Stadt keine Zulassung von Motorbooten im Sinne der Sächsischen Schifffahrtsverordnung auf dem beliebtesten Leipziger Badesee will. Warum dann nicht die Schifffahrtsverorbnung ändern, meinte Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek.
Der Grünen-Stadtrat begründete am 19. Juni in der Ratsversammlung den Grünen-Antrag, der nun schon seit ein paar Monaten durch die Ausschüsse rollte und zu dem die Stadt schon eine deutlich ablehnende Stellungnahme geschrieben hatte. Nicht, weil sie das Anliegen nicht teilen würde.
Aber auf die sächsische Gesetzgebung hat Leipzigs Oberbürgermeister noch viel weniger Einfluss als auf Anordnungen der Landesdirektion. Denn um Gesetze zu ändern, muss man nicht nur Minister überzeugen, sondern ganze Fraktionen, muss das komplette Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, das in Sachsen längst schon Jahre dauert. Und kann trotzdem nicht damit rechnen, dass es die Regierungsmehrheit genauso sieht wie die Menschen in Leipzig und Markkleeberg, die keine (weiteren) Motorboote auf dem Cossi haben wollen.
Das Hintertürchen Schiffbarkeit
Tatsächlich gibt es schon welche, denn durch Einzelgenehmigung können auch jetzt schon Boote mit Motor zugelassen werden. Das reguliert deren Zahl auf dem See. Und Markkleeberg wie Leipzig würden diese sinnvolle Praxis auch gern beibehalten und haben entsprechend auch ihre Stellungnahmen und Gutachten bei der Landesdirektion Sachsen abgegeben.
Die ist in Sachsen ganz offiziell Schifffahrtsbehörde und zuständig dafür, die „Schiffbarkeit“ zu erklären. Oder es aus zwingenden Gründen zu unterlassen oder einzuschränken. Und auch die Stadt Leipzig hat in ihrem Gutachten zur geplante Schiffbarkeitserklärung jede Menge guter Gründe aufgeführt, den Cospudener See eben nicht für – mehr – Motorboote freizugeben.
Das betonte am 19. Juni auch Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal extra noch einmal, weil er fürchtete, der Grünen-Antrag würde im Stadtrat eine Mehrheit finden.
„Der Antrag ist abzulehnen“, betonte in der Stellungnahme der Verwaltung das Amt für Umweltschutz extra. „Die Entscheidung über die Schifffahrt auf dem Cospudener See wird durch die Landesdirektion Sachsen getroffen. Im Kern soll der Oberbürgermeister mit einem Stadtratsbeschluss beauftragt werden, diverse Verwaltungsverfahren nach dem Willen der Ratsversammlung zu führen und die Ergebnisse dieser Verwaltungsverfahren werden gleichsam vorweg festgeschrieben.
Ein derart gefasster Beschluss wäre rechtswidrig und müsste vom Oberbürgermeister beanstandet werden, da Verwaltungsverfahren ergebnisoffen zu führen sind und andererseits ausschließlich Behörden involviert wären, die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung zu erfüllen haben. Diese staatlichen Weisungsaufgaben erledigt der Oberbürgermeister in eigener Zuständigkeit, vgl. § 53 Abs. 3 SächsGemO, und sie sind nach § 28 SächsGemO der Befassungskompetenz des Stadtrates entzogen.“
Das heißt in Klartext: Der Stadtrat kann nicht selbst Naturschutzgebiete ausweisen oder ausweiten. Das darf allein die Untere Naturschutzbehörde, das Amt für Umweltschutz. Und das dauert mit allen Prüfungen Jahre, wie jüngst erst eine Auskunft der Naturschutzbehörde deutlich machte.
Tickt die Uhr gegen Leipzig?
Man ahnte schon, dass es Jürgen Kasek vor allem um Tempo ging, irgendeine schnelle Lösung, die am Cossi Motorboote verhindert.
Aber der Grünen-Antrag wurde schon im Umweltausschuss deutlich abgelehnt. Das merkte dann Andreas Geisler an, der einen SPD-Änderungsantrag vorstellte, welcher den Grünen-Antrag letztlich komplett aushebeln sollte.
Nämlich genau auf den Spielraum, den die Stadt tatsächlich hat: „Der Stadtrat bekräftigt seine ablehnende Haltung gegenüber der Zulassung von Motorbooten auf dem Cospudener See und fordert die Verwaltung auf, in diesem Sinne alle möglichen und nötigen Schritte zu unternehmen. Der Stadtrat, sowie der Fachausschuss Umwelt/Klima/Ordnung, werden über den Fortgang des Verfahrens selbständig und fortlaufend informiert.“
Und diese Schritte sind nun einmal – wie Heiko Rosenthal betonte – ganz allein fachliche Einwände an die Landesdirektion, die der Genehmigungsbehörde klare Entscheidungsgrundlagen geben, eine Zulassung von Motorbooten auf dem Cospudener See deutlich einzuschränken.
Wobei Michael Neuhaus, der naturschutzfachliche Sprecher der Linksfraktion, so seine Zweifel hat, ob die Landesdirektion diesen Wünschen der Anliegerkommunen tatsächlich folgt. Denn dazu dauert ihm das Genehmigungsverfahren, das schon über ein Jahr läuft, viel zu lange. Er befürchtet hingegen, dass die Behörde bis nach der Landtagswahl im September wartet, bis sie ihre Entscheidung bekannt gibt.
Das Wassergesetz von 2013
Eine Entscheidung, die eher nicht mit der Schifffahrtsverordnung zu tun hat, wie der Grünen-Antrag suggerierte, sondern mit dem Sächsischen Wassergesetz, das die Anwendung der Schifffahrtsverordnung auf Tagebauseen erst ermöglicht hat. Das wurde vom Sächsische Landtag 2013 verabschiedet. Und damals war der heutige FDP-Stadtrat Sven Morlok (FDP) sächsischer Verkehrsminister. Fast folgerichtig, dass er sich gepiesackt fühlte, als Kasek auch noch von einem Gesetz sprach, das gegen Verfassungsrecht verstieße.
Aber Gesetze sind nun einmal keine Kinder ohne Eltern. In ihnen manifestiert sich der politische Wille bestimmter Parteien. Und tatsächlich stammt der Leipziger Protest gegen die Schiffbarmachung der Tagebauseen schon genau aus dieser Zeit. Und hat am Gesetz jedenfalls nichts geändert, weil das die Mehrheiten im Landtag nicht hergeben.
Was also tun? Kasek hätte den SPD-Änderungsantrag gern als ersten Punkt in den Grünen-Antrag übernommen. Aber Andreas Geisler bestand darauf, dass es ein eigenständiger Antrag war, der den Grünen-Antrag ersetzte. So sah es auch OBM Jung. Und so wurde denn auch nur der SPD-Antrag abgestimmt, der ein weiteres Mal deutlich machte, dass eine politische Mehrheit in Leipzig keine Schiffbarmachung des Cospudener Sees will.
Dass es eine motorbootverliebte Minderheit gibt, wurde dann trotzdem deutlich. Während 36 Ratsmitglieder den SPD-Antrag unterstützten, stimmten 23 dagegen.
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