Es war nicht das erste Mal, dass im Leipziger Stadtrat am 19. Juni über die Zukunft der Leipziger Kleinmesse diskutiert wurde. Irgendwie scheinen sich ja alle Fraktionen einig zu sein, dass die Kleinmessen erhalten werden sollen, eben weil sie ein ganz besonderes kulturelles Angebot sind. Diesmal war es das Jugendparlament, das einen Antrag „Kleinmesse erhalten“ geschrieben hatte. Eigentlich ganz einfach und eindeutig. Aber die Tücken stecken noch immer im Detail.
Das wurde in der Diskussion klar, die sich an den Vortrag von Adrian Habermann (der den Antrag des Jugendparlaments vorstellte) anschloss. Denn faktisch geändert hat sich ja seit der letzten Diskussion dazu im Stadtrat im März nichts, auch wenn der ein oder andere Zeitungsbeitrag den aufgeregten Lesern etwas anderes suggerierte.
Die Verwaltung hatte den Antrag des Jugendparlaments zuvor in ihrer Stellungnahme abgelehnt, weil sie nicht garantieren kann, dass zwei Kleinmessen und ein Weihnachtszirkus auf dem Veranstaltungsgelände am Cottaweg und ohne Unterbrechung durchgeführt werden können.
Denn durch die Stadionerweiterung und die dadurch notwendigen zusätzlichen Stellplätze, die die Stadt RB Leipzig durch eine Baulast auf dem Kleinmessegelände zugesichert hat, entsteht nun ein Konflikt zwischen 92 Tagen Kleinmesse in attraktiven Zeiten und neun Bundesliga-Spieltagen von RB Leipzig, die genau in diese Kleinmesse-Zeiten fallen.
Da werden die zusätzlichen Stellplätze gebraucht, die Kleinmesse müsste also abgebaut werden. Oder in weniger attraktive Monate ausweichen, wenn RB Leipzig Spielpause hat. Aber das ist für die Schausteller völlig unattraktiv und ergibt wirtschaftlich keinen Sinn.
Die Kompromisslösung ist ein großes Parkhaus, das OBM Burkhard Jung gern gleich neben der Arena gesehen hätte – mit RB-s und Sportmuseum. Diese Variante hat der Stadtrat abgelehnt. Also musste ein neuer Standort gesucht werden, ein Teil des Kleinmessegeländes bot sich an.
Wenn der Stadtrat nicht so will wie der OBM
In der Diskussion wurde mehrfach darauf verwiesen, dass der Stadtrat – bzw. jene Mehrheit darin – hier eigene Sichtweisen hat und seine Interessen auch durchsetzt. Aber die Verwaltung spielt auch ihr eigenes Spiel. Und dass es ohne Einbinden von RB Leipzig nicht geht, macht die Sache nicht einfacher.
Wobei Burkhard Jung darauf verwies, dass die Stadt durchaus dabei sei, eine Kompromisslösung für die Kleinmesse zu finden. Im Einvernehmen mit RB Leipzig. Nur sei der entsprechende Rahmenplan noch nicht fertig, sondern werde erst im 3. Quartal – dann dem neu gewählten Stadtrat – vorgestellt.
In der in den Anträgen formulierten Konkretheit werde er einen Stadtratsbeschluss nicht umsetzen können, so Jung, auch wenn er noch nicht durchblicken ließ, wie denn nun der Kompromiss mit RB Leipzig aussehen wird.
Klares Ja zur Kleinmesse und auch eins für den Standort
Abgestimmt wurden am Ende die beiden Änderungsanträge von Grünen und CDU. Wobei der erste Beschlusspunkt in beiden Anträgen dasselbe Anliegen beinhaltete. In der Formulierung des Grünen-Antrags, die dann auch mit 38:32 Stimmen eine Mehrheit bekam: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt
1. eine ordnungsgemäße Durchführung von zwei Kleinmessen im Jahr wie bisher üblich, zu bisher üblichen Terminen auch nach 2024 und ohne Unterbrechung sicherzustellen.“
Kleinmessen soll es weiter geben, nur die Festwiese ist (noch) nicht sicher.
Durchsetzen konnten die Grünen auch einen weiteren Beschlusspunkt: „Zur Umsetzung der Beschlusspunkte 1 und 2 soll die Suche nach einem Alternativstandort auch unter Berücksichtigung ggf. zu erwerbender Flächen vertieft werden. Die Ergebnisse sind dem Stadtrat bis zum 4. Quartal 2024 vorzulegen.“
Beschlusspunkt 2 hatte die Sicherung des Weihnachtszirkus beinhaltet, war aber von der Stadtratsmehrheit abgelehnt worden. Aber nicht wegen des Weihnachtszirkus, sondern weil die Grünen ihn gern tierfrei gehabt hätten. Das war für die Stadtratsmehrheit genauso zu radikal wie der Wunsch der Grünen danach, das Kleinmessegelände zu renaturieren und dem Auwald zurückzugeben. Auch das wurde abgelehnt.
Dafür bekam die CDU-Fraktion Zustimmung, die den Erhalt des Weihnachtszirkus ohne den Passus „möglichst tierfrei“ beantragt hatte.
Aber viel wesentlicher war eigentlich dieser Antragspunkt aus dem CDU-Antrag, mit dem der OBM beauftragt wurde, „mit einer zügigen Erarbeitung und Umsetzung des Verkehrskonzeptes für RBL und inkl. stadionnahem Parkhaus und funktionierenden P+R-Plätzen, den bisherigen Standort am Cottaweg für öffentliche Veranstaltungen zu erhalten.“ Dafür gab es 46:16 Stimmen. Deutlicher konnte eine Favorisierung des Festgeländes am Cottaweg nicht formuliert werden.
Sodass die Ratsversammlung an diesem Tag zwar jede Menge über die Entstehung des „Gordischen Knotens“ am Sportforum, wie es CDU-Stadtrat Falk Dossin formuliert hatte, diskutierte, auch über lauter Schuldfragen, die in der Regel keine Lösung bringen.
Aber beschlossen wurde eben das doppelte Bekenntnis zu Kleinmesse und Weihnachtszirkus. Und das Plädoyer für den Erhalt des Veranstaltungsgeländes am Cottaweg. Denn einen anderen derart günstig gelegenen Standort für die Kleinmessen gibt es in Leipzig nicht, was Linke-Stadtrat Volker Külow zumindest andeutete.
Nun kann man gespannt sein, was OBM Burkhard Jung im Herbst als neuen Rahmenplan fürs Sportforum vorlegt, ob ein Parkhaus drin ist und ein Kompromiss gefunden wurde, der den Erhalt der Kleinmessen am Cottaweg auch über 2024 hinaus ermöglicht.
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