Ein Wohngebiet direkt an der Weißen Elster, ein asphaltiertes Stück Auwald am Zentralstadion – immer wieder erschüttern Nachrichten die Stadt, dass am Rand des streng geschützten Landschaftsschutzgebiets (LSG) Leipziger Auwald einfach vollendete Tatsachen geschaffen und Eingriffe ins LSG genehmigt werden. Das sorgt besonders in der Grünen-Fraktion für Besorgnis. Wird das Landschaftsschutzgebiet beschnitten, noch bevor es das Auenentwicklungskonzept gibt?

Aufgrund der auch zuletzt in der Presse diskutierten Eingriffe in das Landschaftsschutzgebiet (LSG) Leipziger Auwald und vor dem Hintergrund des Auenentwicklungskonzepts hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt zwei Anfragen zu Eingriffen und Baumaßnahmen am und um das LSG Leipziger Auwald gestellt. Während einerseits direkt nach aktuellen Baugenehmigungsverfahren am und im Auwald, insbesondere auf den Überschwemmungsflächen, gefragt wird, geht es andererseits um die Schutzgebietskulisse.

Baugenehmigungen am LSG

„Gerade vor dem Hintergrund des noch ausstehenden Auenentwicklungskonzeptes und der bereits laufenden Eingriffe in das Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald wollen wir genau wissen, wo und an welchen Stellen derzeit noch Baugenehmigungsverfahren laufen, die das LSG tangieren“, erklärt Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion dazu.

„Es ist widersprüchlich, wenn wir einerseits die überragende Bedeutung des Auwalds betonen und andererseits Bebauungen am und im Landschaftsschutzgebiet forcieren.“

So geht es in der ersten Anfrage direkt darum, wie viele Bauprojekte die Stadt eigentlich im Landschaftsschutzgebiet genehmigt.

Denn die kollidieren ja mit dem tatsächlichen Ziel des Auenentwicklungskonzepts, das die Grünen so beschreiben: „Aktuell arbeitet die Stadtverwaltung an der Aufstellung eines Auenentwicklungskonzepts mit dem Ziel der Wiederherstellung einer natürlichen Auendynamik. Dabei ist ein entscheidender Punkt, dass insbesondere die bisherigen Flussläufe im Auwald und die Gerinne wieder dauerhaft mit Wasser bespannt und Deiche zurückgebaut werden.

Ein wesentlicher Schwerpunkt ist dabei auch die Lösung des Problems der Neuen Luppe, die aktuell als Drainage der Nordwestaue wirkt und durch die unter dem Grundwasserspiegel liegende Flusssohle, die Nordwestaue künstlich entwässert und damit das Problem verschärft.“

Die Grünen-Anfrage zu den Eingriffen ins LSG Leipziger Auwald.

Auch die Frage der Schutzgebietskulissen sei dabei zu beobachten, so Jürgen Kasek.

Veraltete LSG-Ausweisungen

„Der Anteil der Naturschutzgebiete am Landschaftsschutzgebiet ist flächenmäßig sehr gering, die Festsetzungen sind zum Teil veraltet und nicht im Internet zu finden“, sagt der Grünen-Stadtrat. „Aus dem Grund wollen wir auch wissen, ob es Planungen gibt, endlich die Schutzgebiete, auch im Sinne der internationalen Artenschutzkonferenz, auszuweiten und weitere Teile des Auwalds unter einen strengeren Schutz zu stellen.

Auch wenn die Arbeitsbelastung in den Ämtern hoch ist, können wir nicht warten, bis das Auenentwicklungskonzept, das vorrangig die Wiederherstellung einer natürlichen Auendynamik betreibt, abgeschlossen ist. Wir müssen jetzt handeln.“

In der Anfrage gehen die Grünen auf die komplexe Gemengelage ein. Denn jetzt stehen schon etliche Gebäude im LSG.

Die Grünen-Anfrage zu den angeordneten Schutzgebieten.

„Auf Leipziger Flur gibt es bislang 4 Naturschutzgebiete (NSG) mit gesamt 407 ha, sowie 5.435 ha Landschaftsschutzgebiete, bei einer Gesamtfläche von 29.760 ha, wovon 16,8 Prozent der Fläche Leipzigs Wohnbaugebiet sind. Die Schutzgebietskulissen für die 4 Naturschutzgebiete und Landschaftsschutzgebiete bedürfen dringend einer Überarbeitung und Anpassung. Das NSG Elster-Pleiße Auwald wurde 1959 ausgewiesen und seitdem nicht angepasst“, fordern die Grünen.

Und sie mahnen: „Ein Verschieben der Überprüfung und Anpassung in das Auenentwicklungskonzept für die Südaue, mit dem zeitlichen Horizont, dass dies vermutlich erst in den nächsten zehn Jahren erfolgt, erscheint deutlich zu lang, gerade vor dem Hintergrund, dass – siehe RB TV Compound-Fläche – auch weiterhin Baumaßnahmen im und am Wald genehmigt werden.

Die Ausweisung der NSG Burgaue stammt von 1998. Hinzu kommt, dass viele Schutzgebiete nicht ausreichend ausgewiesen und durch teils fehlende Beschilderungen in der Bevölkerung nicht komplett bekannt sind.

Die Seite www.leipziger-auwald.de listet einige Schutzgebietsverordnungen auf, aber nicht alle und wird zudem, obwohl sie ein fachlich herausragendes Angebot enthält, seit 2016 nicht mehr gepflegt oder aktualisiert. Eine zentrale Seite für den Leipziger Auwald und seine Bedeutung fehlt damit. Vor diesem Hintergrund sollte auch ein Auwaldkommunikationskonzept erstellt werden.“

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