Um Geld ging es diesmal noch nicht, als der Stadtrat am 25. April den Grundsatzbeschluss zur weiteren Entwicklung des Völkerschlachtdenkmals zwecks Abstimmung vorgelegt bekam. Eigentlich war es erst einmal ein Bekenntnis, dass die Stadt an ihrem berühmtesten Denkmal festhält, es auch in Zukunft weiterentwickeln will und die Stiftung Völkerschlachtdenkmal unterstützt. Um Geld wird es erst in der nächsten Wahlperiode gehen, stellte FDP-Stadtrat Sascha Matzke deshalb vorsichtshalber fest.

Das heißt: Der nächste Stadtrat, der im Juni neu gewählt wird, wird sich zwingend mit Geld fürs Völkerschlachtdenkmal beschäftigen müssen. Seit 1991 hat die Stadt schon 34 Millionen Euro zur Sanierung des 1913 eröffneten Denkmals ausgegeben, sodass es baulich wieder fit ist für die Zukunft. Dabei floss auch immer wieder Geld aus bürgerschaftlichem Engagement, das durch die Stiftung Völkerschlachtdenkmal organisiert wurde.

Der „Klotz“ wird von vielen Leipzigern geliebt, ist auch das bekannteste und meistbesuchte Wahrzeichen der Stadt. 289.956 Personen besuchten das Denkmal im Jahr 2023. 78 Prozent der Ostdeutschen nennen es, wenn sie die bekanntesten Bauwerke von Leipzig nennen sollen. In Westdeutschland liegt der Wert immerhin bei 49 Prozent. Berühmter ist nur – aufgrund der Ereignisse von 1989 – die Nikolaikirche mit einem Bekanntheitsgrad von 70 Prozent im Osten und 55 Prozent im Westen.

Was in beiden Fällen dafür spricht, dass historische Bauwerke auch deshalb zu touristischen Attraktionen werden, weil sie von ganz konkreten Ereignissen erzählen, mit denen die Menschen etwas anfangen können.

Krieg und Frieden

In diesem Fall auch dem großen Thema Krieg und Frieden, wie Grünen-Stadträtin Kristina Weyh anmerkte, das durch den Überfall russischer Truppen auf die Ukraine 2022 aktuell wieder höchste Brisanz hat. Und in allen Finanzierungsbeschlüssen des Stadtrates zum Völkerschlachtdenkmal in den vergangenen Jahren spielte das Thema Frieden eine wesentliche Rolle – in früheren Jahren auch als Argument gegen eine teure Sanierung des Denkmals, das ja vor allem an ein blutiges Gemetzel erinnert.

Aber im Lauf der Diskussion wurde eben auch verstärkt der Gedanke geäußert, dass das Völkerschlachtdenkmal zu einem europäischen Friedensdenkmal weiterentwickelt werden soll.

Frau Kristina Weyh (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 25.04.24. Foto: Jan Kaefer
Kristina Weyh (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 25.04.24. Foto: Jan Kaefer

Denn errichtet wurde es ja auch, weil die Völkerschlacht bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs als die blutigste Schlacht in der europäischen Geschichte galt, mit bis zu 100.000 Toten im Verlauf der tagelangen Gefechte bzw. danach. Es war nie ein Siegerdenkmal, schon gar nicht aus sächsischer Perspektive, gehörte Sachsen ja zu den Verlierern der Schlacht.

Da gibt es noch was zu tun

Aber die Vorlage aus dem Kulturdezernat listet eben auch auf, was bislang alles unerledigt geblieben ist.

So bleibt die „weitere bauliche Erhaltung des Denkmals (…) eine erstrangige Verpflichtung“ genauso wie eine Modernisierung der Bildungsangebote: „Dazu gehört zunächst eine erweiterte und modernisierte Museumspräsentation zum Thema Völkerschlacht und Befreiungskriege, die auch als Leitinstitution mit hoher Verweisqualität in die dezentralen Erinnerungsorte im Stadtraum fungiert und eine kritische Auseinandersetzung mit der Denkmalsidee und deren Indienstnahme in wechselnden politischen Systemen befördert.“

Da steht dann eben auch die Frage, wie das „Forum 1813“ künftig ausgestaltet wird. Und mit einiger Berechtigung wies Kristina Weyh auch darauf hin, dass OBM Burkhard Jung ein ganz zentrales Thema seit Jahren vor sich her schiebt.

In der Vorlage heißt es dazu: „Zugleich wird eine audiovisuelle Vermittlungsebene angestrebt, die an die Erlebnisqualität des Panoramas ‚in den Wirren der Völkerschlacht 1813‘ von 2013 anknüpft und in Zusammenarbeit mit Y. Asisi (Asisi Panometer Leipzig) entstehen könnte. Das im Zuge dieser Vorlage zu erstellende Konzept einer Nutzungserweiterung stützt sich hier auf den Antrag VII-A-06497-NF-02 und greift im Zuge der Umsetzung dessen Gestaltungsimpuls ‚Kritische Auseinandersetzung mit Leipzigs Stadtgeschichte zulassen‘ ausdrücklich auf.“

Denn mit seinem Völkerschlacht-Panorama hatte Yadegar Asisi zum Völkerschlacht-Jubiläum 2013 sichtbar gemacht, wie das Schlachtgeschehen innerhalb der umkämpften Stadt zu erleben war: Wer das Panorama-Bild bis 2015 besuchte, konnte ein Gefühl dafür bekommen, wie sich die Leipziger damals mitten im Kanonendonner und mit Bergen von Verletzten auf den Straßen gefühlt haben mussten.

Herr Sascha Matzke (Freibeuter/FDP) im Leipziger Stadtrat am 25.04.24. Foto: Jan Kaefer
Sascha Matzke (Freibeuter/FDP) im Leipziger Stadtrat am 25.04.24. Foto: Jan Kaefer

Die Grünen-Fraktion hatte deshalb beantragt, das Panorama dauerhaft in der Nähe des Völkerschlachtdenkmals – z.B. an der Alten Messe – erlebbar zu machen. Doch immer wieder legte die Stadtverwaltung Stellungnahmen vor, die betonten, dass das leider nicht möglich sei. Nun taucht die Idee in einem wichtigen Grundsatzbeschluss auf. Das könnte Hoffnung machen, dass sie doch noch zur Umsetzung kommt.

Entscheidungen für den nächsten Stadtrat

Aber auch das Thema „Krieg und Frieden“ soll künftig noch stärker sichtbar werden: „Die hiermit angestrebte Nutzungserweiterung soll auch Möglichkeiten schaffen, um die Fragestellungen von Krieg und Frieden sowie Europa heute und morgen an vielfältige Nutzergruppen heranzutragen. Dafür geeignete Bildungs- und Vermittlungsformate sowie qualitätsvolle Kulturangebote sollen sich insbesondere an Schülerinnen und Schüler sowie entsprechend dem Leitgedanken des Denkmals an Heranwachsende aus ganz Europa richten.“

Außerdem soll die Stiftung „über die Bauerhaltung hinaus in die Lage versetzt werden, das ihr übertragene Areal besucherfreundlich zu entwickeln und nachhaltig sowie ressourcenschonend zu bewirtschaften. Für diese mit einer partiellen Neubestimmung der Stiftungsarbeit einhergehende Nutzungserweiterung des Völkerschlachtdenkmals soll die Stiftung bis zum III. Quartal 2024 ein umfassendes Konzept vorlegen, das dann erneut deren Gremien und dem Stadtrat vorgelegt werden soll.“

Das heißt: Im Herbst bekommt der neu gewählte Stadtrat dann ein Konzept vorgelegt, in dem es dann tatsächlich wieder um Geld gehen wird. Und um ein Bekenntnis des Stadtrates zum Denkmal und der Idee, es als Friedensmahnmal zu positionieren. Auch wenn der Grundsatzbeschluss, so Sascha Matzke, keinen Automatismus für künftige Geldausgaben darstellen dürfe.

Ob das dann gar den Weg eröffnet, es zum UNESCO-Kulturerbe zu machen, wie CDU-Stadtrat Michael Weickert andeutete, steht freilich in den Sternen. Die Vorlage zum Grundsatzbeschluss jedenfalls bekam – bei nur einer Gegenstimme – die Zustimmung der Leipziger Ratsversammlung.

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