Das Anliegen war nur zu verstรคndlich. Nicht nur Grรผnen-Stadtrat Michael Schmidt liebt den Ausblick vom Turm des Neuen Rathauses. Rundum hat man eine รœbersicht รผber die ganze Innenstadt. Aber dafรผr muss man Eintritt zahlen. Wรคre es da also nicht mรถglich, den Zugang zum Rathausturm genauso kostenfrei zu machen wie den Zutritt zu den Ausstellungen der Leipziger Museen? Genau das beantragten die Grรผnen schon 2023. Ihr Antrag kam am 22. Mai dann in der Ratsversammlung an.

Und es ist ja nicht nur der Turm, der einen Besuch im Neuen Rathaus lohnt. Im Kellergeschoss des neuen Rathauses liegen auch noch lauter spannende รœberbleibsel aus der Zeit, als das Neue Rathaus in den 1990er Jahren komplett saniert wurde. Lapidarium nennt sich das und ist โ€“ wie Michael Schmidt in seiner Rede betonte โ€“ hรถchst sehenswert.

Kann man das Lapidarum รถffentlich machen?

Im Grรผnen-Antrag hieรŸ es dazu: โ€žZudem sollte das aus unserer Sicht sehr wertvolle Lapidarium fรผr die ร–ffentlichkeit zugรคnglich gemacht werden und deshalb Eingang in dieselbe Entgeltordnung finden. Dort werden diverse sehenswerte und von ehrenwerten Mitarbeiter/-innen des Rathauses gerettete, kulturhistorisch eher weniger wertvolle, aber trotzdem extrem sehenswerte Zeitzeugnisse, die bei der Sanierung des Neuen Rathauses zum Opfer gefallen wรคren, heimlich gerettet und seitdem aufbewahrt.

Eine Besichtigung dieser Sammlung wirkt wie eine Reise in frรผhere Zeiten. Eine Zugรคnglichkeit wรคre deshalb absolut wรผnschenswert.โ€œ

So stand es in der ersten Version des Antrags.

Aber das Amt fรผr Gebรคudemanagement hatte dann ausfรผhrlich begrรผndet, dass es mit TรผrenaufschlieรŸen hier nicht so einfach getan ist. Fรผr eine รถffentliche Prรคsentation mรผsste erst einmal ein Haufen Geld in die Hand genommen werden.

โ€žAktuell kann dem Wunsch, das Lapidarium fรผr die ร–ffentlichkeit zugรคnglich zu machen, nicht entsprochen werden. Das Lapidarium befindet sich im Keller des Neuen Rathauses und dient hauptsรคchlich als Aufbewahrungsort fรผr zeitgenรถssische Dokumente und Gegenstรคnde, die andernfalls bei der Sanierung des Neuen Rathauses verloren gegangen wรคren. Die dort gelagerten Gegenstรคnde sind weder beschriftet noch sortiert und befinden sich nicht in einem angemessenen Zustandโ€œ, so das Amt fรผr Gebรคudemanagement.

โ€žUm das Lapidarium fรผr die ร–ffentlichkeit zugรคnglich zu machen, wรคren erhebliche Investitionen erforderlich, darunter eine deutlich grรถรŸere Rรคumlichkeit mit entsprechender Sicherheitsinfrastruktur (z.B. ausreichend dimensionierte Flucht- und Rettungswege) sowie Anschaffungen wie Vitrinen und Prรคsentationsmaterial.

GrรถรŸere Gegenstรคnde wie historische Stรผhle mรผssten entweder abgesperrt oder durch Sicherheitspersonal bewacht werden, um Schรคden zu vermeiden. In seiner aktuellen Form kann das Lapidarium daher nicht ohne erhebliche Vorinvestitionen der ร–ffentlichkeit zugรคnglich gemacht werden.โ€œ

urm des Neuen Rathauses. Foto: Ralf Julke
Der Turm des Neuen Rathauses. Foto: Ralf Julke

Das sahen die Grรผnen dann auch ein. Sie wollten den Gedanken aber nicht wirklich abhaken: โ€žDennoch sollte es Ziel bleiben, eine Mรถglichkeit der Besichtigung zu finden oder zumindest Teile davon in geeigneter Weise in eine Begleitausstellung zur Historie des Alten Rathauses, wie es sie zumindest rudimentรคr im Rathausturm gibt, einzubindenโ€œ, schrieben sie in der Neufassung ihres Antrags.

Die sie gleich auch noch mit dem Wunsch verbanden, die existierende Ausstellung zur Geschichte des Neuen Rathauses zu รผberarbeiten: โ€žAbgesehen davon sollte die Begleitausstellung zur Historie unseres wundervollen Neuen Rathauses zeitgemรครŸ รผberarbeitet werden, um diese wรผrdevoll der ร–ffentlichkeit prรคsentieren zu kรถnnen.

Derzeit wirkt die Ausstellung wenig zeitgemรครŸ, wenngleich รผberaus interessant. Ihr Erscheinungsbild in den Zwischengeschossen des Rathausturmes ist jedoch etwas trostlos, was angesichts der Bedeutung des Baus und seiner Geschichte bedauerlich ist. Eine grundlegende รœberarbeitung und zeitgemรครŸe Darstellung, mรถglicherweise auch eine alternative Unterbringung, kรถnnte einen tatsรคchlichen touristischen Mehrwert fรผr unsere Stadt darstellen.โ€œ

Das wรคre eine touristische Attraktion mehr.

Besichtigungen kosten Geld

Aber eigentlich ging es ja um den kostenfreien Zugang zum Rathausturm.

โ€žDerzeit sind diverse Entgeltordnungen รผberarbeitet worden, die zu den Turmbesteigungen und Besichtigung der Kasematten jedoch nicht. Da ab 2024 in zahlreichen Leipziger Museen die Entgeltfreiheit herrschen wird, halten wir es fรผr angemessen, auch fรผr Turm- und Kasemattenbesichtigungen eine Entgeltfreiheit einzufรผhrenโ€œ, so der zentrale Wunsch der Grรผnen.

โ€žBislang mรผssen laut Entgeltordnung Erwachsene 3,50 (Turm + Kasematten) und Schรผler/-innen 2,00 EUR Eintritt zahlen. Eine Entgeltfreiheit wรผrde vor allem den Schรผlergruppen zugutekommen, die bei externen Fรผhrungen zusรคtzlich zu den Kosten fรผr den Gรคstefรผhrer noch den Eintritt zu zahlen haben. Bei einer Schรผlergruppe von 20 Kindern wรคren das immerhin 40,00 EUR.โ€œ

Aber das wรคre eine Zusatzbelastung fรผr den stรคdtischen Haushalt, stellte das Amt fรผr Gebรคudemanagement fest: โ€žDie Einfรผhrung der Entgeltfreiheit fรผr Turmbesteigungen und Kasemattenbesichtigungen im Neuen Rathaus wรผrde zu einem geschรคtzten jรคhrlichen Ertragsrรผckgang von 6.700 โ‚ฌ fรผhren. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass eine erhรถhte Nachfrage zu zusรคtzlichem Mehraufwand fรผhrt, insbesondere in Bezug auf die Bewirtschaftung der Objekte (Reinigung, Sicherheit, stadteigenes Personal fรผr Fรผhrungen usw.).

Des Weiteren werden die Einnahmen aus den Turmbesteigungen und Kasemattenbesichtigungen u.a. fรผr die bauliche Unterhaltung des Neuen Rathauses oder fรผr die Bereitstellung der Besichtigungen genutzt. Die Einfรผhrung der Entgeltfreiheit steht zudem im Widerspruch zum Grundsatz der Einnahmenbeschaffung gemรครŸ ยง 73 Abs. 2 Nr. 1 der Sรคchsischen Gemeindeordnung.โ€œ

Und so sah das dann auch SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker und stellte die Stellungnahme der Verwaltung zur Abstimmung, nach der sich erst einmal nichts รคndert. Und dem folgten dann auch alle Fraktionen auรŸer der von Bรผndnis 90/Die Grรผnen. Ergebnis: 47:4 Stimmen fรผr den Verwaltungsstandpunkt bei zehn Enthaltungen. Turmentgelte und Lapidarium werden erst einmal nicht angerรผhrt.

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