231 Maßnahmen stehen in der Maßnahmenliste für die Leipziger Mobilitätsstrategie, die der Stadtrat in seiner April-Sitzung beschlossen hat. Einige Maßnahmen scheinen auch für Außenstehende völlig rätselhaft, wenn man sich etwa fragt, was eigentlich Gewässerbaumaßnahmen mit der Mobilitätsstrategie zu tun haben. In der Ratssitzung am 22. Mai wurde nun deutlich, dass dabei wichtige Bauprojekte einfach vergessen wurden. Was nicht nur William Grosser Kopfzerbrechen bereitete.
Der ehemalige Stadtrat der Linken, der diesmal als Mitglied des Stadtbezirksbeirats Südwest sprach, empfand auch den Verwaltungsstandpunkt zu einem schon 2023 vom Stadtbezirksbeirat gestellten Antrag „Ertüchtigung der Küchenholzallee auf einer Länge von 1.500 m von der Antonienstraße bis zur Brücke der Bahnlinie Markkleeberg – Plagwitz“ wie eine Keule.
Denn der war auf ganz bürokratische Weise ablehnend: „Der Antrag wird abgelehnt. Im Falle der Annahme des Antrags entgegen des Verwaltungsstandpunktes muss die Anlage 2 der Vorlage VII-DS-09238 Fortsetzung des Rahmenplans zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030 für Leipzig, die dem Stadtrat ebenfalls zur Beschlussfassung vorliegt, angepasst werden (Streichung einer anderen Maßnahme)“, lautete der.
Und das, obwohl insbesondere der Stadtbezirksbeirat Südwest immer wieder anmahnte, dass dann, wenn die Dieskaustraße umgebaut wird und auf ganzer Länge nicht mehr von Radfahrern befahren werden kann, wenigstens die Küchenholzallee in Ordnung gebracht wird als dringend benötigte Ausweichstrecke.
Das heißt: Sie hätte eigentlich in die Prioritätenliste gehört, die im April beschlossen wurde. Doch irgendjemand hat sie vergessen. Und als dann der Stapel mit den 231 Maßnahmen auf den Tisch der Ratsfraktionen kam, schaute auch niemand nach, ob genau diese Maßnahme mit drin stand. Denn natürlich stehen dutzende weitere Radstrecken drin, die genauso dringend gebaut werden müssen.
Die Sanierung ist dringend angeraten
Und dabei hatte der Stadtbezirksbeirat – anders als in früheren Anträgen – keine Asphaltierung der Strecke beantragt, sondern schlicht eine Instandsetzung der vorhandenen Wegestruktur: „Bei den Wegeverbindungen im Küchenholz handelt es sich um einen viel genutzten Rad und Fußweg, dessen derzeitige Beschaffenheit in großen Teilen außerordentlich schlecht ist.
Vorrangig handelt es sich um sandgeschlämmte Wegoberflächen, die im Bereich der Kleingarten-vereine bereits vor einigen Jahren teilweise instandgesetzt wurden. Durch die langjährige intensive Nutzung und witterungsbedingter Schäden genügt die Allee den aktuellen Ansprüchen nicht mehr. Wir beantragen keine Veränderung der Oberflächenstrukturen der Wege, sondern nur die Erneuerung der vorhandenen Allee.
Die Aufarbeitung der Wegeverbindungen dient der Erhöhung der Freizeit- und Erholungsfürsorge für die Menschen unserer Stadt und ihren Gästen. Sie fördert den Radverkehr und führt zu einer besseren Erreichbarkeit des Waldgebietes. Alles das liegt im Spektrum der strategischen Ziele unserer Stadt.“
Das hätte eigentlich längst ohne großes Brimborium passieren können, denn die Strecke ist – was auch Grünen-Stadträtin Kristina Weyh bestätigte – eine Zumutung. Erst recht, wenn Radfahrer hier über Jahre Umleitung fahren müssen, weil die Dieskaustraße gebaut wird.
Die Wege im Küchenholz werden sowieso saniert
Dass die Stadt auch kurzfristig reagieren kann, zeigte ihre Stellungnahme zum zweiten Antrag aus dem Stadtbezirksbeirat, auch die Wege im Waldgebiet an der Küchenholzallee in Ordnung zu bringen. Dafür werden in diesem Jahr schon 30.000 Euro für die Planung eingesetzt, fürs nächste Jahr werden 420.000 Euro in Aussicht gestellt.
Weshalb William Grosser diese Stellungnahme der Stadt einfach als Beschlussvorlage für den Stadtbezirksbeirat übernehmen konnte, der dem so auch in seiner Sitzung am 15. April einstimmig zugestimmt hatte.
Aber genauso einstimmig hatte er den ablehnenden Verwaltungsstandpunkt zur Küchenholzallee selbst abgelehnt. Obwohl die Instandsetzung mit sandgeschlämmter Decke nur 180.000 Euro kosten würde, eine simple Ausbesserung der schlimmsten Stellen sogar noch weniger.
Das Problem mit den Prioritäten
Aber an diesem 22. Mai wurde eben auch sichtbar, welche Tücken im Beschließen von Prioritätenlisten stecken. Denn wenn wichtige Bausteine einfach vergessen wurden (und Grosser bezweifelte, dass die Küchenholzallee einfach vergessen wurde), dann beginnt natürlich die Demontage der Prioritätenliste. Dann muss – wie Baubürgermeister Thomas Dienberg erklärte – eine andere Maßnahme dafür gestrichen werden, es gibt wieder Mehrarbeit im Baudezernat. FDP-Stadtrat Sven Morlok warnte also davor, den Antrag aus dem SBB Südwest anzunehmen.
Doch dazu wurde in diesem Fall schon viel zu oft „Nein“ gesagt. Neben Kristina Weyh stellte auch Franziska Riekewald (Die Linke) fest, dass die Küchenholzallee die wichtigste Umleitungsstrecke ist, wenn die Dieskaustraße gebaut wird. Da ist es schlicht unverständlich, wenn sie nicht vor Baubeginn in Ordnung gebracht wird.
Und so war dann eher die Frage: Akzeptiert die Stadtratsmehrheit die Haltung der Stadt, dass an der gerade erst beschlossenen Prioritätenliste nicht mehr gerüttelt wird? Oder sieht man den Stadtbezirksbeirat Südwest hier im Recht? Das Ergebnis war dann überraschend und eindeutig: Der Antrag des Stadtbezirksbeirats zur Küchenholzallee bekam mit 39:5 Stimmen bei 21 Enthaltungen ein klares Votum: Die Stadt muss die Küchenholzallee zeitnah in Ordnung bringen.
Beim Antrag zu den Waldwegen im Küchenholz gab es hingegen keine Diskussion, der Verwaltungsstandpunkt war ja positiv gewesen. Und so wurde dieser dann auch einstimmig von der Ratsversammlung akzeptiert.
Keine Kommentare bisher