Geplant hatte Thomas Kumbernuß, Stadtrat für Die PARTEI, das so nicht, dass auch einer seiner Anträge noch kurz vor der Stadtratswahl zum Erfolg führt. Denn seinen ersten Antrag, in der Herderstraße in Connewitz Tempo 10 zu verhängen, hatte er schon vor zweieinhalb Jahren gestellt. Beim ersten Versuch wurde er in der Ratsversammlung abgelehnt. Doch am 22. Mai gab es dann für den neu gefassten Antrag ein positives Votum. Auch, weil Tempo 10 nicht mehr drin stand.
Die Herderstraße ist die Anliegerstraße, die direkt nördlich am Herderpark angrenzt. Hier überqueren viele Familien mit Kindern die Straße, es gibt ein kleines Café, wo man sich zwischendurch auch schnell einen Snack oder ein Getränk holen kann. Und die Anwohner waren von der Idee, die Straße ruhiger zu machen und vor allem zu schnellen Kfz-Verkehr hier zu verhindern, angetan.
Aber schon zu Kumbernuß’ erstem Antrag hatte die SPD-Fraktion vorgeschlagen, statt eines neuen Tempolimits (Tempo 30 gilt schon) hier einfach mit baulichen Maßnahmen eine Verkehrsberuhigung zu erreichen. So ähnlich wurde es auch im Stadtbezirksbeirat Süd und in der Bürgerschaft diskutiert.
Und so schrieb Thomas Kumbernuß seinen Antrag neu.
Eine schlecht einsehbare Straße
„Mit der Umsetzung dieses Antrages soll die Verkehrssicherheit in der Herderstraße erhöht werden. Die Herderstraße, gelegen zwischen der Wolfgang-Heinze-Straße und der Biedermannstraße, wirkt auf den ersten Blick unscheinbar. Auf der einen Seite der Straße befinden sich Wohnhäuser, überwiegend aus der Gründerzeit. Auf der anderen Seite befindet sich der von vielen Menschen zur Erholung genutzte Herderpark inklusive eines großen Kinderspielplatzes.
Der Fußweg zwischen Herderstraße und Herderpark hat eine Breite von 60 (!) Zentimetern, es ist also praktisch noch nicht einmal ein Ein- bzw. Ausstieg aus einem PKW möglich. Zudem sorgt die Begrünung dafür, dass der Park (und damit auch aus dem Park Kommende und am Rand des Parkes Spielende) schlecht einsehbar ist. Zudem befindet sich an der Ecke Herderstraße/Wolfgang-Heinze-Straße ein rege frequentierter Spätverkauf (im Volksmund ‚Schwan‘ genannt), dessen Kund/-innen die Bäume am Park einen schattigen Platz bieten“, beschreibt er darin die Lage vor Ort.
„Der Herderplatz und seine Umgebung hat schon jetzt unter anderem durch eine Kindertagesstätte in unmittelbarer Nähe, Neugestaltung des Herderplatzes selbst und den angrenzenden Späti sowie seine Lage selbst einen hohen Nutzungsdruck. Dieser Druck wird sich nach der Schaffung des dringend benötigten Wohnraums in der Wolfgang-Heinze-Straße 29 weiter erhöhen.“
Und auch die Stadt selbst hatte in ihrem Verwaltungsstandpunkt angeregt, die Sicherheit in der Straße wohl doch lieber mit ein paar baulichen Eingriffen zu verbessern, auch wenn sie das in ihrer Stellungnahme so direkt nicht vorschlug.
Die Bürger unbedingt beteiligen
Aber selbst der SPD-Änderungsantrag zeigte ja, dass es im Rat durchaus Wohlwollen für das Anliegen von Thomas Kumbernuß gab. Da er seinen Ursprungsantrag völlig neu fasste, zog SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker den Änderungsantrag der SPD am 22. Mai zurück.
„Um die Sicherheit der jetzigen und künftigen Nutzenden des Herderplatzes und seiner Umgebung zu gewährleisten, sind bauliche und/oder verkehrsrechtliche Veränderungen der Herderstraße nötig um Kraftfahrer/-innen zu signalisieren, dass die Schrittgeschwindigkeit nicht zu überschreiten ist“, betonte Thomas Kumbernuß in seinem neu gefassten Antrag. „Inwieweit dies später mit der Ausweisung eines verkehrsberuhigten Bereiches verbunden werden kann, kann vom VTA später geprüft werden.
Ein Bürger/-innenbeteiligungsverfahren ist bei der Umgestaltung der Herderstraße angemessen zu gewährleisten. Dabei werden Anwohnende der Herderstraße, Nutzende des Herderplatzes, Gewerbetreibende im unmittelbaren Umfeld sowie dem SBB Süd proaktiv eingebunden.“
Und so lauteten die Beschlusspunkte nun:
1) Zur Steigerung der Aufenthaltsfunktion der Herderstraße werden bauliche und/oder verkehrsrechtliche Voraussetzungen dahingehend geschaffen, dass sich diese Straße deutlich von anderen unterscheidet und sich Kraftfahrer:innen in jeder Situation veranlasst sehen, Schrittgeschwindigkeit nicht zu überschreiten.
2) Geeignet dazu ist z. B. die Einordnung von Bäumen oder Pflanzbeeten, Sitzgruppen, Bänken oder anderer Gestaltungselemente auf der Fahrbahn (aus VII-A-06501-VSP-01).
3) Diese baulichen Veränderungen werden in Abstimmung mit Anwohnenden der Herderstraße, Nutzenden des Herderplatzes, Gewerbetreibenden im unmittelbaren Umfeld sowie dem SBB Süd geplant und umgesetzt.
Es dürfte also in der nächsten Zeit eine Bürgerbeteiligung zur punktuellen Umgestaltung der Herderstraße geben. Denn mit diesem Antrag hatte Thomas Kumbernuß diesmal Erfolg und bekam 42 Mal „Ja“ bei 21 Gegenstimmen.
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Mal abgesehen davon, lieber Autor, daß “Aufenthaltsfunktion” mir noch nie untergekommen war (ich hoffe auf Stetigkeit und Differenzierbarkeit dieser anscheinend neu gefundenen Funktion): wenn sich also nun laut Beschluß “Kraftfahrer:innen in jeder Situation veranlasst sehen [sollen], Schrittgeschwindigkeit nicht zu überschreiten”, dann ploppt bei mir die Frage auf, wie erstens die o.g. 10km/h allen Ernstes Schrittgeschwindigkeit bedeuten können, und zweitens, wie man das mit Schildern ausweist? Soll unter eine kreisförmig rot umrandete 10 als Zusatzschild ein Sinnbild für Kraftfahrzeuge (das ist ein frontal gezeichneter symbolischer PKW)? So daß man also weiterhin mit bis zu 30km/h mit dem Handwagen, hoch zu Roß oder mit dem Pferdegespann, und nicht zuletzt mit dem Fahrrad unterwegs sein darf!?