Da war es dann wieder, das Gespenst der รผberlasteten Mitarbeiter/-innen im Stadtplanungsamt. Die es ja gibt. Die Folgen der jahrelangen Einsparungen beim Personal sind noch lange nicht abgearbeitet. Auch die Bebauungsplรคne, die noch durch den Stadtrat mรผssen, stapeln sich. Und da passiert es natรผrlich nicht zufรคllig, dass eine Bauvoranfrage genau auf so einen Bebauungsplan trifft, der eigentlich seit Jahren novelliert werden mรผsste. Am 28. Februar musste ein solcher dann ziemlich eilig in die Ratsversammlung. Genauer: der Aufstellungsbeschluss dafรผr.

Und da lรถste er dann wieder die altbekannte Debatte zwischen den Fraktionen, die sich als Fรผrsprecher von Investoren und Vermietern verstehen, und der Ratsmehrheit aus, die bei Bebauungsplรคnen nicht nur auf Investoren schaut, sondern auch auf die Menschen, die da โ€“ zum Beispiel  kรผnftig in der GottschedstraรŸe โ€“wohnen werden. In einem sowieso schon dicht bebauten Quartier, gleich neben der Gedenkstรคtte fรผr die von den Nationalsozialisten zerstรถrte Synagoge.

Auf einmal steht also das Thema Pietรคt im Raum, aber auch die Themen Freiraum und Hitzebelastung, die in der Westvorstadt besonders hoch ist. Und deshalb schrieb das Stadtplanungsamt in seine Vorlage fรผr den Stadtrat auch ganz transparent, was eigentlich der Anlass fรผr den Aufstellungsbeschluss war.

Stadtklima und Freiraum

โ€žAnfang Dezember 2023 wurde ein Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung mehrerer Gebรคude auf einer Flรคche in der GottschedstraรŸe gestellt. Es handelt sich um einen Parkplatz, der mit hochwertigen Bรคumen umsรคumt ist. Das Areal befindet sich im unbeplanten Innenbereich nach ยง 34 BauGB. Das Vorhaben wรคre voraussichtlich planungsrechtlich zulรคssig. Damit wird infrage gestellt, ob die planungsrechtlichen Ziele, die Verbesserung der klimatischen Bedingungen und der Erhalt der Grรผnversorgung in einem durch hohe bauliche Dichte geprรคgten innerstรคdtischen Quartier, erreicht werden kรถnnenโ€œ, liest man da.

โ€žZum Erreichen der Planungsziele mรผssen Planungssicherungsmittel ergriffen werden. Voraussetzung hierfรผr ist das Vorliegen eines Aufstellungsbeschlusses und dessen Bekanntmachung sowie die anschlieรŸende Zustellung des Zurรผckstellungsbescheids. Diese Voraussetzungen mรผssen rechtlich zwingend innerhalb von drei Monaten nach Vollstรคndigkeit der Unterlagen im Bauvorbescheidsverfahren erfรผllt sein. Aus Grรผnden der Rechtssicherheit ist der Aufstellungsbeschluss daher in der Sitzung des Stadtrats am 28.2.2024 zu fassen.โ€œ

Ein Passus, den dann FDP-Stadtrat Sven Morlok und CDU-Stadtrรคtin Sabine Heymann nutzten, um der Verwaltung hier Bauverzรถgerung vorzuwerfen und den Versuch, eine geplante Wohnbebauung an der GottschedstraรŸe zu verhindern. Und damit auch die Ziele in der Wohnungspolitik zu konterkarieren.

Eine Argumentation, die jedes Mal aufs Neue verblรผfft. Obwohl der mรถgliche Investor mit der Stadt im Gesprรคch ist und der Aufstellungsbeschluss eben nicht โ€“ wie Baubรผrgermeister Thomas Dienberg erklรคrte โ€“ von vornherein eine Bebauung an dieser Stelle verhindert. Nur die Rahmenbedingungen fรผr diese Bebauung mรผssen geklรคrt werden.

Und nicht nur an dieser Stelle, wie man in der Vorlage ebenfalls nachlesen kann: โ€žAnlass fรผr die Aufstellung des Bebauungsplanes ist die zunehmende Inanspruchnahme von Flรคchen durch bauliche Strukturen innerhalb des Geltungsbereichs mit den daraus resultierenden negativen Auswirkungen fรผr die Grรผnraumversorgung der lokalen Bevรถlkerung und die stadtklimatischen Bedingungen im Quartier. So bestehen auf mehreren Freiflรคchen, die jetzt einen Beitrag zu Grรผnraumversorgung liefern, Bauabsichten (z. B. im Bereich des Plastikgartens oder der GottschedstraรŸe). Angesichts des 2019 durch den Stadtrat ausgerufenen Klimanotstands herrscht diesbezรผglich dringender Handlungsbedarf.โ€œ

Auch noch die letzte Grรผnflรคche zubauen?

Der Plastikgarten ist die Grรผnflรคche gleich westlich vom Neuen Rathaus, durch die der Geh-/Radweg Richtung Johannapark verlรคuft. Hier verlief einmal die WeststraรŸe, die an dieser Stelle von Villenbebauung gesรคumt wurde. Wรผrde diese Ecke gar mit kompakten Gebรคuden bebaut, wรผrde eine ziemlich wichtige Frischluftschneise fรผr die Innenstadt verloren gehen.

Und Stadtratsbeschlรผsse wie der 2019 beschlossene Klimanotstand haben nun einmal Folgen. Und zwar gerade fรผr die dicht bebauten innerstรคdtischen Quartiere. Nur was passiert, wenn diese Rahmenbedingungen in einem Bebauungsplan nicht definiert sind?

Dann ergibt sich fรผr Investoren fast automatisch Baurecht, wenn die Stadt nicht binnen drei Monaten reagiert hat und die Rahmenbedingungen, die sich nun einmal auch aus Klimawandel und Hitzebelastung fรผr die Stadt ergeben, in einem Bebauungsplan definiert. Der Bebauungsplan umfasst eben nicht nur die GottschedstraรŸe, sondern auch Nikischplatz, Dorotheenplatz, ElsterstraรŸe, KolonnadenstraรŸe und RudolfstraรŸe.

Die begrenzten Mittel der Stadt

Und Thomas Dienberg nutzte die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass genau dieses Vorgehen ein schรถnes Beispiel dafรผr sei, dass die Verwaltung die Stadtratsbeschlรผsse zum Stadtklima auch ernst nehme. So, wie es am selben Tag die Initiative Stadtnatur schon mit zwei Einwohneranfragen deutlich gemacht hatte. Denn die Anwohner haben natรผrlich recht, wenn sie dann auf die Barrikaden gehen, wenn auf einmal eine letzte Grรผnflรคche vor ihrem Fenster verschwindet.

Nur ist es dann zu spรคt. Das deutsche Baugesetzbuch gibt den Kommunen nรคmlich sehr wenige Mittel in die Hand, die Verbauung hochbelasteter Innenstรคdte zu verhindern. Das kรถnnen sie tatsรคchlich nur, wenn sie weit im Vorfeld irgendwelcher Bauanfragen die Bebauungsplรคne schon angepasst haben.

Und so mahnte Dienberg am Ende auch, das sich auch die Fraktionen der Ratsversammlung Zeit nehmen sollten, wenn es jetzt um die Inhalte des Bebauungsplans fรผr die Westvorstadt geht. Dass die Flรคche an der GottschedstraรŸe dann eine Grรผnflรคche wird, ist vรถllig offen. Aktuell wird sie vor allem als Parkplatz genutzt.

Und so sah es auch die Stadtratsmehrheit, die am 28. Februar dem Aufstellungsbeschluss fรผr den Bebauungsplan Westvorstadt mit 33:21 Stimmen bei zwei Enthaltungen zustimmte.

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โ€œEin Passus, den dann FDP-Stadtrat Sven Morlok und CDU-Stadtrรคtin Sabine Heymann nutzten, um der Verwaltung hier Bauverzรถgerung vorzuwerfen und den Versuch, eine geplante Wohnbebauung an der GottschedstraรŸe zu verhindern. Und damit auch die Ziele in der Wohnungspolitik zu konterkarieren.

Eine Argumentation, die jedes Mal aufs Neue verblรผfft. Obwohl der mรถgliche Investor mit der Stadt im Gesprรคch ist und der Aufstellungsbeschluss eben nicht โ€“ wie Baubรผrgermeister Thomas Dienberg erklรคrte โ€“ von vornherein eine Bebauung an dieser Stelle verhindert. Nur die Rahmenbedingungen fรผr diese Bebauung mรผssen geklรคrt werden.โ€

Das wundert mich schon doch, da die Bauverzรถgerung wohl doch damit einher geht. Nach meinem Verstรคndnis kรถnnte der Investor bei Bauvoranfrage nach 3 Monaten an fangen zu bauen. Wรคhrend bei einem Aufstellungsbeschluss er warten muss bis der neue Bebauungsplan fertig und beschlossen ist. Was sich ja bekanntlich Jahre hinziehen kann, wobei nicht gesichert ist ob er eine Bebauung in diesem Bereich zu lรคsst.

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