Der Stadtrat hat am 18. Oktober dem Antrag des Stadtbezirksbeirats Süd „Südvorstadt für alle – Konzepte für preiswertes und klimaangepasstes Wohnen sowie zum Erhalt diverser Sozialstruktur in der Südvorstadt“ seine Zustimmung gegeben, ergänzt um konkrete Arbeitsaufträge, Fristen und den Auftrag, externe Förderkulissen heranzuziehen. Die Frist zur Vorlage des Umsetzungskonzeptes, der 31. Dezember, ist längst verstrichen. Am 24. Januar war das Projekt wieder Thema im Stadtrat.
Doch weder der impulsgebende Stadtbezirksbeirat, noch die Wissenschaft oder das Netzwerk Leipziger Freiheit wurden bisher an der Debatte um konkrete Umsetzungsoptionen beteiligt, kritisiert Die Linke. Stattdessen baue die LWB eine Drohkulisse mit hohen Kostenansätzen auf, während Konservative und Liberale Stimmung gegen das Modellprojekt machten.
In der Ratsversammlung am 24. Januar wurde dann thematisiert, dass eine sozialverträgliche Sanierung der Wohnblöcke in der Südvorstadt nur mit der Beantragung von Fördergeldern möglich ist. Diese Gelder sind freilich noch nicht beantragt.
Aber Juliane Nagel, Stadträtin für den Leipziger Süden, hat ihre Zweifel, ob die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft überhaupt bereit ist, hier eine sozialverträgliche Planung in die Wege zu leiten.
„Die LWB will das aus dem Stadtteil und von den Mieterinnen und Mietern der Koch- und August-Bebel-Straße initiierte Modellprojekt für soziales und klimaangepasstes Wohnen scheinbar mit aller Macht verhindern. Das ist nicht sachgerecht“, erklärt Juliane Nagel. „Die LWB hat einen sozialen Auftrag und könnte mit einem innovativen Modellprojekt für klimagerechtes und soziales Sanieren und Wohnen vorangehen.
Dass das nicht zum Nulltarif möglich ist, ist klar. Wie groß die finanzielle Lücke ist, kann seriös nicht gesagt werden, die durch die LWB kolportierten 10 Millionen Euro sind nicht realitätsnah. Nicht grundlos wird diese Kostenkalkulation überarbeitet.“
Der Vorwurf der LWB, dass der Beschluss die Sanierungen behindere und so Wohnungen unvermietet leer stehen blieben, schlage dem Fass den Boden aus, sagt Nagel: „Es ist die LWB, die in den Objekten Kochstraße und August-Bebel-Straße seit Jahren keine Neuvermietungen vornimmt und so wertvollen Wohnraum leer stehen lässt (siehe Antwort auf Anfrage).
Schon im Jahr 2017 hatten sich Mieterinnen und Mieter der Häuser an LWB und Öffentlichkeit gewendet und stille Entmietung kritisiert sowie Transparenz und sozialverträgliche Sanierungen eingefordert.“
Dazu schrieben sie damals einen Offenen Brief.
Der Stadtbezirksbeirat fühlt sich ausgegrenzt
Susanne Scheidereiter aus dem Stadtbezirksbeirat Süd erinnert daran, dass der Antrag im Stadtrat einen langen Vorlauf hatte.
„Als Stadtbezirksbeirat Süd haben wir den Beschluss ‚Südvorstadt für alle‘ initiiert und über viele Monate aktiv mit der Mieter/-innenschaft und Stadtteilinitiativen kommuniziert und gearbeitet. Dass wir bei den aktuellen Verhandlungen außen vor bleiben, empört uns. Der Stadtratsbeschluss aus dem Oktober sagt klar, dass wir als Stadtbezirksbeirat in die Umsetzung des Stadtratsbeschlusses einbezogen werden.
Das muss umgehend geschehen. Es kann nicht sein, dass wir darüber über die Zeitung erfahren! Es ist schade, dass die von der Stadt Leipzig forcierte Bürger/-innenbeteiligung hier scheinbar keine Rolle spielt und viele Engagierte außen vor bleiben.“
Soziales Wohnen unerwünscht?
Die Initiative Vernetzung Süd hat inzwischen ebenfalls ausführlich Stellung genommen zu dem, was die LVZ da am 8. Februar zu den Plänen der LWB in der Südvorstadt und den kolportierten 10 Millionen Euro berichtet hat. Besonders verstörend findet sie, dass für einen Wohnblock schon Tatsachen geschaffen werden und der Ratsbeschluss vom Oktober damit unterlaufen wird.
„Die LWB hatte mittlerweile Tatsachen geschaffen, die das Modellprojekt schrumpfen lässt: In der Kochstr. 13/15 beginnen bereits die Sanierungsvorbereitungen, die Bestandsmieter*innen ziehen in Ausweichwohnungen, die Bautätigkeiten beginnen Mitte des Jahres“, schreibt die Initiative in ihrem Blog.
„Dies hat die LWB unabhängig vom Ratsbeschluss vorangetrieben. Das heißt, dass von den ursprünglich 105 Wohnungen nur noch 75 Wohnungen in der August-Bebel-Str. 81/83 und Kochstr. 59–63 für die Idee des Modellprojekts übrigbleiben. Dass die LWB damit den Ratsbeschluss überging, fiel bislang leider noch niemandem auf bzw. wurde dies bislang nicht öffentlich thematisiert – auch nicht in der Ratsdebatte im Januar.“
Und Susanne Scheidereiter findet es völlig inakzeptabel, dass hier die Chancen so leichthin vergeben werden, in der Südvorstadt preiswerte Wohnungen dauerhaft zu erhalten: „Die Südvorstadt brachte das Modellprojekt für soziales und klimaangepasstes Sanierung und Wohnen auf den Weg und wer anders als die kommunale Wohnungsbaugesellschaft LWB soll dies realisieren?“
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