Es ist ein Thema für die Ewigkeit, die Diskussion um das Leipziger Naturkundemuseum. Nachdem die Pläne, dieses für 10 Millionen Euro in der Halle 7 der Spinnerei unterzubringen (wo es 2020 schon eröffnen sollte) gescheitert sind, sollte es 2020 unbedingt der ehemalige Bowlingtreff am Wilhelm-Leuschner-Platz sein. Obwohl alle Beteiligten um die schwierigen Bedingungen des Bauwerks wussten. Die kalkulierten Baukosten sind entsprechend stark gestiegen. Am 16. November ging es im Stadtrat um die Planungskosten.

Hatte man den Einbau des Naturkundemuseums in die unterirdischen Anlagen ursprünglich auf knapp 39 Millionen Euro kalkuliert, rechnet die Stadt jetzt mit Bau- und Ausstattungskosten von 77 Millionen Euro, wie der entsprechenden Vorlage des Kulturamtes zu den Planungskosten zu entnehmen war: „Gegenwärtig wird der Planungsbeschluss VII-DS-02275-NF-01 vom 28.04.2021 umgesetzt.

Der dort angenommene Kostenrahmen nach DIN 276 in Höhe von ca. 39 Mio. € beruhte auf den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie zur Unterbringung des Naturkundemuseums im ehemaligen Bowlingtreff aus dem Jahr 2019.

Ende des 3. Quartals 2023 wird die Entwurfsplanung (LP 3) dem AGM übergeben werden. Auf der Grundlage einer Zwischenpräsentation der LP 3 am 12.06.2023 wird abgeleitet, dass die vorläufige Kostenberechnung der Gesamtbaukosten ca. 77 Mio. € betragen wird. Dadurch steigen die Planungskosten für die Leistungsphasen 1 bis 4 von ursprünglich angenommenen Kosten von 2,0 Mio. € auf 3,3 Mio. €.

Zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der Stadt Leipzig gegenüber den Planern ist eine zusätzliche Finanzierung in Höhe von 1.300.000 € sicherzustellen. Diese Kosten sind, unabhängig von der weiteren Fortsetzung des Vorhabens, in jedem Falle zu finanzieren.“

Knapper Zeitplan

Aber diese Planungen braucht die Stadt wiederum, um die benötigten Mittel aus dem Braunkohle-Strukturfonds beantragen zu können. Und da drängt jetzt die Zeit, wie das Kulturdezernat betont: „Unabhängig davon ist die Inanspruchnahme der avisierten Fördermittel an ein enges Zeitfenster bis zum Jahr 2026 gebunden. Um die Inanspruchnahme der Fördermittel nicht zu gefährden, ist eine zeitnahe Beauftragung der weiteren Leistungsphasen LP 5 und 6 erforderlich.

Die Beauftragung dieser Leistungsphasen 5 und 6 ist über den Planungsbeschluss nicht abgedeckt. Diese Planungskosten betragen 3.100.000 € und sollen durch diesen Beschluss zur Verfügung gestellt werden.“

Da darf man als Stadtrat durchaus mal nach Luft schnappen, auch wenn die schwierigen Baubedingungen im 1925 bis 1927 gebauten ehemaligen unterirdischen Umspannwerk, in das 1987 der Bowlingtreff hineingebaut wurde, schon lange bekannt waren, als der Stadtrat über die diversen

für das Naturkundemuseum diskutierte. Wegen der schwierigen baulichen Verhältnisse waren das alte Stadtbad und der Bowlingtreff in der ersten Findungsrunde ja schon aus dem Rennen gewesen, als sich die Stadt 2016 ganz unverhofft für die scheinbar billigere Variante Spinnerei entschied. Bis dann 2018 das Ganze platzte: Die Halle 7 der Spinnerei war nicht geeignet für ein Naturkundemuseum.

Im selben Jahr versuchte man dann auch noch den ehemaligen Bowlingtreff irgendwie an mögliche private Nutzer zu bringen. Doch in den nächsten drei Jahren fand sich kein einziger, der in dieser komplizierten unterirdischen Immobilie irgendeine wie auch immer geratene profitable Nutzung gesehen hätte. Sodass der Bowlingtreff doch wieder auf die Tagesordnung kam.

Die Bauschmerzen der CDU-Fraktion

Wo man dann bei näherer Beschau der alten Mauern genau die komplizierten Baubedingungen vorfand, die zu erwarten waren. Die rapide gestiegenen Baukosten der letzten zwei Jahre kommen noch obendrauf.

Und CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Weickert brachte dann auch die Bauchschmerzen seiner Fraktion mit den so heftig steigenden Baukosten für das Objekt Bowlingtreff zum Ausdruck, merkte sogar an, dass er sogar einen Anstieg der Baukosten auf eine dreistellige Millionensumme befürchtet. „Weil wir wirklich nicht wissen, was auf uns zukommt.“

Und er merkte noch ein Thema an, das bei diesem „sehr, sehr teuren“ Bauprojekt meist nicht extra erwähnt wird: Um in dem unterirdischen Bau die klimatischen Bedingungen für das Naturkundemuseum aufrechtzuerhalten, kommen jährlich auch noch hohe Betriebskosten auf die Stadt zu. Weshalb Weickert schon einmal dafür plädierte, hier keinesfalls auf Eintrittsgelder zu verzichten, um diese Kosten gegenzufinanzieren.

Seine Fraktion neige also in Bezug auf die Erhöhung der Planungskosten zu einem „Jein“.

Womit er auch die Unsicherheit mit ansprach, ob Leipzig dann auch die gestiegenen Baukosten über Strukturfördermittel finanziert bekäme. 2021 erhielt die Stadt ja den Zuschlag, die damals noch aktuellen 39 Millionen Euro aus dem Strukturfonds finanziert zu bekommen.

Klarheit gibt es Anfang 2024

Ob das auch für die nun veranschlagten 69 Millionen Euro an Förderung (knapp 8 Millionen Euro trägt die Stadt selbst) gilt, ist noch offen. Das muss das Leipziger Kulturdezernat abklären. Aber Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke gab sich zuversichtlich: „Spätestens mit dem Baubeschluss wissen wir, ob die Fördermittel kommen.“

Die Vorlage zu den erhöhten Planungsmitteln fand dann eine deutliche Mehrheit von 43:6 Stimmen in der Ratsversammlung bei vier Enthaltungen.

Den Antrag auf die höheren Fördermittel will die Kulturbürgermeisterin noch in diesem Jahr stellen, genauso wie den Bauantrag. Mit einer Nachricht zu den Fördermitteln rechnet sie Anfang 2024, sodass im kommenden Frühjahr der Baubeschluss gefasst werden und im Frühherbst 2024 mit dem Bau begonnen werden könnte. Ende 2026 sollen dann die ersten Teile des neuen Naturkundemuseums nutzbar sein.

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