Bis 2009 schien alles noch einigermaßen in Ordnung. Die Dorfteiche bei Seehausen – und darunter auch der Kirchteich Hohenheida – hatten Wasser, es gab Fische drin und Angler und Ortsteilbewohner waren glücklich. Doch Eingriffe in das Gewässersystem hatten drastische Folgen, die ab 2010 immer sichtbarer wurden. Ein Teich nach dem anderen verlor sein Wasser. Den letzten Rest besorgten die Dürrejahre ab 2018. Und immer wieder fragte der Ortschaftsrat Seehausen im Rathaus an: Wann kommt das alles wieder in Ordnung?
In der Ratsversammlung am 15. November lag wieder ein Antrag aus dem Ortschaftsrat Seehausen – der eigentlich von 2022 stammt und ein Antrag zum Doppelhaushalt 2023/2024 war – auf dem Tisch. Den trug Ortsvorsteher Berndt Böhlau mit viel Vehemenz vor, denn das Thema begleitet ihn nun schon seit Jahren. Und nichts ist passiert.
Fast nichts: Die Stadt hat zumindest versucht, das Wasserproblem eines der ausgetrockneten Teiche durch eine Überleitung von Wasser aus einem anderen Teich zu lösen.
Aber wie Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal am 15. November bestätigte: „Das Problem ist das Wasserdargebot.“
Auch in Seehausen geht es um die Schwammstadt
Oder genauer: ein Problem. Denn die technischen Eingriffe, die das Wasser, das sich in Seehausen sammelt, zügig in die Kanalisation abführten, bleiben ja bestehen. Das wurde bis heute nicht repariert, wie auch SPD-Stadtrat Andreas Geisler feststellte. Das Thema Schwammstadt ist in Seehausen noch lange nicht umgesetzt, wie auch Berndt Böhlau betonte, denn die Teiche sind ja zuallererst als Regenwassersammler zu denken.
Doch sie halten das Wasser eben nicht in der Landschaft, es fließt in den Vorfluter schnell wieder ab.
„Die Stadt sollte eigentlich wissen, was zu tun ist“, sagte Böhlau.
Aber das weiß sie nicht. Das gestand Heiko Rosenthal an diesem Tag auch zu. Denn ganz offensichtlich war eine entscheidende Stelle im Amt für Stadtgrün und Gewässer zuvor nicht besetzt gewesen. Inzwischen habe man extra eine Kollegin eingestellt, die sich ganz dezidiert mit diesem Thema beschäftigt, so Rosenthal.
Was eben tatsächlich heißt: Seit 2010 konnte eigentlich nichts Zielführendes passieren, weil einfach keine kompetente Ansprechpartnerin dafür existierte.
Im Verwaltungsstandpunkt zum Antrag aus Seehausen hat das Umweltdezernat skizziert, was in nächster Zeit überhaupt geschehen soll: „Die Stadtverwaltung hat den Sachverhalt bereits berücksichtigt und das gekoppelte hydraulische System angepasst. Überdies wird das Monitoring fortgeführt und bei ausbleibendem Erfolg werden weitere Maßnahmen geprüft und umgesetzt.
Die bauliche Umsetzung der ersten Maßnahme der Studie zur Zuführung von Wasser aus dem Kindergartenteich zum Dorfteich und weiter zum Kirchteich Hohenheida erfolgte im 2. Quartal 2022. Aussagekräftige Erkenntnisse über den Wasserhaushalt und die Funktionsfähigkeit des Systems konnten aufgrund der geringen Niederschläge noch nicht gewonnen werden“, kann man da lesen.
Warten auf Regen?
Anders als das Jahr 2023 war das Jahr 2022 wieder ein niederschlagsarmes Jahr. Es fehlt also schlicht an der nötigen Regenwassermenge, um hier irgendwelche Wasser-Experimente durchzuführen.
„Als weiterer Anpassung wurde Ende April 2023 die Überlaufhöhe des Kindergartenteiches herabgesetzt, was eine frühere Überleitung in den Dorfteich sowie den Kirchteich herbeiführen sollte“, schildert die Verwaltung das weitere Vorgehen.
„Die Situation wird weiterhin beobachtet. Dabei sind die klimatischen und hydrologischen Bedingungen (Trockenheit) zu berücksichtigen. Parallel werden weitere Möglichkeiten zur Wasserversorgung des Kirchteiches geprüft und der OR-Seehausen weiterhin mit einbezogen.“
Es klingt nicht wirklich danach, als wüsste das Amt für Stadtgrün und Gewässer, was hier getan werden kann. Das steckt auch nicht in der Ankündigung, in den Jahren 2023 und 2024 ein Monitoring und eine Prüfung zur Modifizierung des bestehenden Systems vorzunehmen. Denn was will man da ohne Wasser modifizieren? Woher soll das Wasser kommen?
Dann wird eben getrommelt
Ein Punkt zur Erheiterung in der Ratsversammlung, die OBM Burkhard Jung schon mal frotzeln ließ, dann würde er sich eben mit der Trommel hinstellen und Regen machen. Ein Spaß, der aber nun einmal einen ernsten Kern hat. Die zunehmenden Dürreperioden machen gerade dem Leipziger Norden zu schaffen. Und ein Blick auf die Karte zeigt, dass es in der Umgebung von Hohenheida auch an den nötigen Waldbeständen fehlt, um Regenwasser zurückzuhalten.
Denn natürlich verdunstet es in den flachen Teichen schnell, erst recht, wenn ein Großteil sofort wieder in den Vorfluter abfließt.
Im Zusammenhang mit der künftigen Nutzung der Deponie Seehausen wurde ja schon über die Anlage neuer Waldstücke bei Seehausen diskutiert. Aber die Diskussion endete ohne Ergebnis. Hohenheida selbst liegt inmitten großer Felder, in denen sich einige kärgliche Bauminseln verlieren. Man wird das Wasserdargebot nicht verbessern, wenn man nicht viel mehr Rückhalteflächen auch in diesen großen leer geräumten Feldfluren schafft.
Sonst kann sich OBM Jung mit Trommel hinstellen und es wird trotzdem nicht mehr Wasser geben. Technisch allein jedenfalls ist das Problem nicht zu lösen.
Und das Angebot des Umweltdezernats klingt natürlich nach Vertröstung, wie CDU-Stadtrat Falk Dossin feststellte, der das Thema schon seit elf Jahren kennt.
„Die Stadtverwaltung wird – falls sich die Maßnahme als unzureichend erweist – spätestens im Doppelhaushalt 2025/2026 weitere Maßnahmen anmelden“, heißt es in der Vorlage der Stadt, die eigentlich nur ein Sachstandsbericht war, der zeigen sollte, dass im Umweltdezernat das Thema nicht vergessen ist. Nur eine Lösung hat man nicht. Und die wird auch der Sommer 2024 nicht bringen.
Trotzdem bot die Stellungnahme der Stadt mit ihrem Vorschlag, weiter zu prüfen und zu beobachten, wenigstens eine Grundlage für einen Beschluss. So wurde dann am 15. November auch abgestimmt: „Der Oberbürgermeister wird nach der bereits erfolgten Umsetzung der Vorzugsvariante zur Verbesserung der Wasserzufuhr in den Kirchteich Hohenheida das Monitoring fortsetzen und im Bedarfsfall weitere Maßnahmen umsetzen.“
Dafür gab es 41 Ja-Stimmen, neun Ablehnungen und sieben Enthaltungen.
Vielleicht erfährt man ja 2024 mehr darüber, was getan werden könnte.
Oder Burkhard Jung stellt sich mit der Trommel hin. Aber das wird an den zunehmenden Klimaextremen, die in Sachsen vermehrt mit Trockenheit und Dürre im Zusammenhang stehen, ganz bestimmt nichts ändern.
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