Am Freitag und Samstag, 24. und 25. November, kreischten auf dem Ufergrundstück Holbeinstraße 6a an der Weißen Elster die Sägen, wurden dort – trotz offiziellem Widerspruch des BUND Leipzig und Protesten der Anwohner – sämtliche Bäume gefällt, um Platz für eine geplante Luxusimmobilie direkt am Ufer zu schaffen. Viele Leipziger/-innen fragen sich inzwischen, welche Bedeutung Naturschutz in der wachsenden Stadt überhaupt noch hat. Und auch die Grünen-Fraktion im Stadtrat zeigt sich irritiert.

Die geplante Errichtung von Luxusapartments in der Holbeinstraße 6a erregt jedenfalls derzeit die Gemüter. Am vergangenen Wochenende wurden im Bereich des Grundstücks sämtliche Bäume und Sträucher entfernt. Die vorhandenen Widersprüche von Nachbar/-innen und Umweltverbänden wurden dabei scheinbar ignoriert. Von Seiten der Nachbar/-innen wurde auch die Forderung nach einem bauaufsichtsrechtlichen Einschreiten gestellt, ohne dass es dazu seitens des Bauordnungsamtes eine Reaktion gegeben habe.

Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen bereitet jetzt eine Anfrage vor, um sämtliche aufgeworfenen Fragen und den Sachverhalt, der zu einem immensen Vertrauensverlust führt, aufzuklären.

„Es entsteht der Eindruck, dass bei der Bebauung in Leipzig Belange des Umwelt- und Naturschutzes grundsätzlich nachrangig behandelt werden“, kommentiert  Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, den Vorgang, der nicht nur wegen des radikal gefällten Baumbestandes problematisch ist. „Dass nunmehr auch Ausnahmegenehmigungen nach dem Sächsischen Wassergesetz erteilt werden, damit Luxusapartments im Uferbereich errichtet werden können und auf Belange des Naturschutzes keinerlei Rücksicht mehr genommen wird, ist ein neuerlicher Akt in diesem traurigen Schauspiel. Insbesondere irritiert es uns, Berichte von Anwohner/-innen zu hören, dass ihre Widersprüche nicht bearbeitet wurden. Nach Intervention des BUND Leipzig wurde am Freitag zunächst ein Stopp der Fällarbeiten verhängt, die dennoch bereits am Sonnabend beendet wurden.“

Gewässerschutz einfach egal?

Das Sächsische Wassergesetz ist beim Schutz von Gewässerrandstreifen relativ deutlich, wenn es dort heißt: „§ 38 Abs. 4 WHG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass im Gewässerrandstreifen weiterhin
1. in einer Breite von fünf Metern die Verwendung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, ausgenommen Wundverschlussmittel zur Baumpflege sowie Wildverbissschutzmittel,
2. die Errichtung von baulichen und sonstigen Anlagen, soweit sie nicht standortgebunden oder wasserwirtschaftlich erforderlich sind, und
3. abweichend von § 38 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 WHG auch die nur zeitweise Ablagerung von Gegenständen, die den Wasserabfluss behindern können oder die fortgeschwemmt werden können,
verboten ist.“

Ein Passus, der das Leipziger Bauordnungsamt augenscheinlich nicht kümmert. Es geht von der Haltung aus, dass an der Stadtelster ja sowieso schon Gebäude direkt ans Wasser gebaut wurden. Da könne man dem Bauherrn in der Holbeinstraße 6a die Genehmigung nicht verweigern. Eine amtliche Denkweise, die das Wassergesetz an seiner entscheidenden Stelle einfach aushebelt.

Und eine sehr diskutable Haltung, wie auch Jürgen Kasek findet: „Solche Vorgänge erschüttern auch das Vertrauen der Anwohner/-innen in die Stadt, sodass wir eine transparente Aufklärung über alle Vorgänge fordern. Umweltschutz darf nicht länger nachrangig behandelt werden.“

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Natürlich absolut skanadlös das illegale Abholzen direkt an der Weißen Elster, an der ohnehin schon kaum noch Gehölzstruturen die Ufer säumen. Und dagegen muss auch vorgegangen werden!
Ein wenig lustig finde ich aber schon, wenn der umweltpolitische Sprecher der Fraktion der Grünen schreibt: „Es entsteht der Eindruck, dass bei der Bebauung in Leipzig Belange des Umwelt- und Naturschutzes grundsätzlich nachrangig behandelt werden“.
Wenn es um große Bauprojekte in der Stadt geht, z.B. am Bayerischen Bahnhof, am Eutritzscher Verladenbahnhof oder an der Bremer Straße, ist es Herrn Kasek und seiner Fraktion herzlich egal, wenn eine Unzahl an Bäumen gefällt werden. Dem in zunehmendem Tempo schwindenden Stadtgrün wird nichts entgegengesetzt, im Gegenteil. Und auch Informationen von außen bzgl. der Unvereinbarkeit von Planungen mit dem Naturschutzrecht – und auch dem Klimaschutz – werden in der Regel einfach völlig ignoriert.
Hier an der Holbeinstraße musste der Stadtrat nicht zustimmen. So kann man dann natürlich auch mal ein wenig “den Aufstand proben”. Und auf die bösen Luxusvillenerbauer zu schimpfen, ist doch auch ein wenig billig, wenn man selbst den Großinvestoren, den Immobilienhaien ständig den roten Teppich auslegt und das übliche Greenwashing propagiert (das ökologische Leuchtturmprojekt Wilhelm-Leuschner-Platz…). Sorry, hier fällt mir doch leider wieder das böse Wort Heuchelei ein. Und es ist vermutlich auch bereits Wahlkampf, denn auch die Grünen wissen, dass man ihnen den Ruf als “Natur- und Klimaschützer” hier in Leipzig (und auch übertragbar auf ganz Deutschland) schon länger nicht mehr abnimmt.

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