Leipzig braucht mehr Wohnungen, vor allem mehr bezahlbare. Und das ist letztlich nur zu schaffen, wenn die Stadt selbst baut und die Sache in eigener Regie hat – so wie im geplanten Baugebiet Heiterblick-Süd, der einstigen Kiebitzmark. Nur hatte die Vorlage aus dem Baudezernat das Jahr 2028 als frühestmöglichen Termin für einen Baubeginn im Visier. Man brauche dieses Zeitfenster, betonte Baubürgermeister Thomas Dienberg am 18. Oktober in der Ratsversammlung.

Aber am selben Tag hatte ja auch die Antwort auf eine SPD-Anfrage deutlich gemacht, dass Leipzig einen riesigen Berg von Genehmigungen für Wohnungsbau ausgereicht hat – dieser Berg aber seit Jahren immer weiter anwächst, ohne dass tatsächlich genügend Wohnungen gebaut werden.

Die SPD-Fraktion war es auch, die sich sagte, dass dann ein so wichtiges Bauvorhaben wie in Heiterblick-Süd nicht noch einmal fünf Jahre brauchen darf bis zum Baubeginn. Denn genauso lange beschäftigen sich Stadtrat und Verwaltung ja schon überhaupt mit der Frage, ob in der Kiebitzmark gebaut werden soll. Der Bedarf war schon 2017 klar.

Der Unmut der SPD-Fraktion, dass es jetzt noch einmal fünf Jahre dauern soll, obwohl Leipzig längst einen angespannten Wohnungsmarkt hat und gerade Familien mit geringem Einkommen kaum noch eine erschwingliche Wohnung finden, scheint nachvollziehbar.

Diskutiert wurde am 18. Oktober nicht noch einmal über die Vorlage. Baubürgermeister Thomas Dienberg schätzte kurz ein, ob die von drei Fraktionen gestellten Änderungsanträge umsetzbar wären. Und zum Antrag der SPD-Fraktion, den Planungsprozess deutlich vor 2028 abzuschließen, sagte er deutlich nein. Die beteiligten Ämter brauchten diese Zeit.

Vor 2028 fertige Planungen

In dem Punkt hatte die SPD-Fraktion konkret beantragt: „Der Planungsprozess zur Entwicklung des neuen Wohngebietes ‚Heiterblick-Süd‘ soll insgesamt beschleunigt werden, damit deutlich eher als 2028 Baurecht geschaffen werden kann.“

Und das hatte die Fraktion auch mit Zahlen begründet: „Laut einer Studie des Instituts für Stadt- und Regionalforschung der Universität Leipzig aus dem vergangenen Jahr fehlen in der Messestadt rund 10.000 Wohnungen. In der Stadt Leipzig wird daher zusätzlicher und bezahlbarer Wohnraum benötigt. Das Areal ‚Heiterblick-Süd‘ befindet sich – im Gegensatz zu allen anderen aktuellen Quartiersprojekten – zum größten Teil in städtischem Besitz.

Das Gebiet ist bestens erschlossen, Infrastruktur in größerem Umfang bereits vorhanden. Die ÖPNV-Anbindung mit Straßenbahn und S-Bahn ist gut und man erreicht zügig auch das Leipziger Stadtzentrum.

Mit dem Ratsbeschluss vom März 2021 wurde der Oberbürgermeister aufgefordert, ‘die beschriebenen Meilensteine zum Areal Heiterblick-Süd, wie im Arbeitsprogramm 2023 des Oberbürgermeisters formuliert, weiter zu verfolgen. Die Ergebnisse des Zukunftsworkshops von 2019 sollten aufgegriffen werden, damit spätestens 2023 Planrecht geschaffen wird.’“

Kann die Stadt das schaffen?

Ja, befand die Stadtratsmehrheit mit 35:11 Stimmen bei zwölf Enthaltungen. Vielleicht sollte sich jetzt tatsächlich eine Art Feuerwehrtruppe im Stadtplanungsamt bilden, die vor allem die städtischen Wohnungsbauprojekte beschleunigt.

Waldbestand und Biotope schützen

Und noch einen klaren Wunsch hatte die SPD-Fraktion: „Der Planungsumgriff wird so gefasst, dass der Waldbestand erhalten bleibt und die in diesem noch bestehende Freifläche (ehemaliges Erdbeerfeld, westlich der Paunsdorfer Allee) für Erholungs- und Freizeitzwecke gesichert wird.“

Denn: „Dennoch ist es wichtig, dass der Planungsumgriff behutsam mit Flora und Fauna umgeht und bereits bestehende Landschaftsschutz- und Waldgebiete nicht mit Wohnungsbau überplant, sondern den Bürgerinnen und Bürger als Naherholungs- oder Freizeitfläche zur Verfügung stehen.“

Ein Anliegen, dem eine klare Stadtratsmehrheit ebenfalls folgte, mit 43:12 Stimmen bei einer Enthaltung. Eigentlich ein Punkt, der fast deckungsgleich mit einem Antragspunkt aus dem Änderungsantrag der Grünen war: „Das Planungsgebiet wird so gefasst, dass eine Überplanung der Flächen westlich der Paunsdorfer Allee ausgeschlossen und die vorhandenen Wald- und Wiesenbiotope geschützt werden“, lautete der, bekam aber eine etwas schwächere Zustimmung mit 27:21 Stimmen bei neun Enthaltungen.

OBM Burkhard Jung hatte schon das richtige Gefühl, als er sagte: „Man will uns mehr Dampf machen.“

Dabei hatte er viele Punkte aus den Änderungsanträgen schon in die Verwaltungsvorlage übernommen. Und von den Punkten, von denen Thomas Dienberg meinte, dass sie aus Verwaltungssicht eher schwer umzusetzen wären, wurde am Ende nur ein Einziger von der Ratsversammlung abgelehnt.

Das war der ziemlich üppige Punkt: „Bis zur Vorlage eines Beschlussentwurfs zur Vergabe der Planungsleistung zur Betreuung des Städtebaulichen Wettbewerbs wird das vom Rat beauftragte gesamtstädtische ‚Integrierte Konzept für die flächensparende Mobilisierung notwendiger Flächenbedarfe für den Wohnungsbau unter Berücksichtigung der doppelten Innenentwicklung in Leipzig‘ (Konzept Doppelte Innenentwicklung) einschließlich einer Strategie zur zeitlich gestaffelten Entwicklung von Wohnbauflächen vorgelegt.

In diesem Zusammenhang wird eine Abwägung des Vorhabens Heiterblick-Süd mit anderen potenziellen Wohnbauflächen vorgenommen.“

Dem folgte auch die Stadtratsmehrheit nicht und lehnte den Punkt mit 12:44 Stimmen ab.

Ergebnis also: Das Stadtplanungsamt muss jetzt ein bisschen Gas geben, damit hier noch vor 2028 etwas passiert. Und die geschützten Landschaftsteile sollen grundsätzlich von den Planungen ausgeschlossen bleiben. Was das eigentliche Anliegen der Vorlage selbst betrifft, die mit 48 Stimmen ein klares Votum erhielt: Die Planungen können jetzt beginnen.

Und es wäre gut, wenn das nicht im Bummelzugtempo passiert.

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Es gibt 2 Kommentare

@Florian Tuczek
Im Moment geht es nur darum, dass man für das seit 4 Jahrzehnten ausgewiesene Bauland ein Bebauungsplanverfahren einleitet. Selbst wenn in 5 Jahren der B-Plan steht, wird es noch eine Weile dauern, bis auch nur ein Haus gebaut werden kann.
Die Nachverdichtung in Paunsdorf-Nord, Grünau, Lößnig … wird zusätzlich erfolgen und sicherlich auch bevor auch nur der erste Bauantrag für die Kiebitzmark beschieden wurde. So wie es im Moment aussieht, fehlt bis 2035 Wohnraum in der Größenordnung Grünaus.
Da die Stadt Eigentümerin der Flächen Kiebitzmark ist, wird wohl die LESG bauen (oder die LWB).
Man konnte beim Bayrischen Bahnhof, Hauptbahnhof Westseite und Eutritzscher Freiladebahnhof doch ganz gut sehen, dass mal eben 10 Jahre ins Land gehen bis auch was gebaut werden kann. Und nur weil man dann kann, heißt das nicht, dass auch gebaut wird.
Die Voraussetzungen zu schaffen ist allerdings wichtig, wenn Leipzig wirklich so stark wächst wie man im Moment annimmt.
Der Verweis auf die Häuser im fernen Umland ist nett. Allerdings muss man sich das auch leisten können. Wohnen auf dem Land ist erheblich teurer als in der Stadt und dann hat man da nicht mal mehr das gewohnte soziale Umfeld. Man muss das gesamte Leben umstellen und sich auch darauf einlassen. Das wird in (sehr) seltenen Fällen geschehen. Es ist aber nicht die Lösung für die Masse.

– also weiter Flächenfraß in Ackerland? – wo doch jeder vernüftige Mensch weiß, dass es so nicht weitergehen kann mit der Einfachen Außenentwicklung, also mit nahezu besinnungslosem Wachstum nach draußen, während außerhalb des Speckgürtels Leerstand herrscht.
Ich bin sehr gespannt, ob die Stadt selbst baut, bzw. die LBW – oder aber dann doch die üblichen verdächtigen, von Geldanlagejunkies getriebenen Investor:innen – möglicherweise mit Bemäntelung durch PPP = “Public Private Partnership” als selbsternannte Stadtgestalter in Aktion treten.
Nur ein Beispiel als konkrete Alternative: Man könnte sofort das sehr gut erschlossene Paunsdorf Nord gut nachverdichten, anstatt vorschnell die Kiebitzmark zu verbrauchen.

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