Auf den ersten Blick sieht sie ganz in Ordnung aus, die Brücke, die die Parthe in Höhe Sportschule „Egidius Braun“ quert. Die Bohlen wurden gerade erst erneuert. Doch der Unterbau rostet. Die Brücke braucht einen dringenden Ersatz, ganz zu schweigen davon, dass sie auch für mögliche Hochwasser in der Parthe nicht ausgelegt ist. Jetzt sollen die Planungen für eine neue Brücke beginnen, die möglichst auch barrierefrei ist.
In der Vorlage des Verkehrs- und Tiefbauamtes (VTA) wird der Anlass für die Neuplanung so beschrieben. „Die Parthenbrücke (I/G07) wurde ca. 1967 als 1-feldrige Stahlträgerbrücke mit Holzbohlenbelag auf einer Gründung aus Stahlspundbohlen mit einer auf der Westseite nicht normgerechten, sehr steilen Treppe erbaut. Am gesamten Bauwerk bestehen starke Korrosionsschäden und Querschnittsschwächungen. Die zuletzt 2019 durchgeführte Bauwerksprüfung ergab eine Zustandsnote von 3,5.
Die Standsicherheit und Dauerhaftigkeit der Brücke sind stark beeinträchtigt, der Bauwerkszustand bedingt kurzfristig eine Sperrung. Zur Aufrechterhaltung der Wegeverbindung ist ein kompletter Ersatzneubau notwendig, da nach dem Schadensbild eine Instandsetzung aus technischer Sicht nicht machbar ist.
Ein Ersatzneubau muss zum einen das Hochwasserschutzkonzept berücksichtigen (gewisse Anhebung des Überbaus für einen größeren Abflussquerschnitt) und zum anderen den westlichen Anschluss DIN-gerecht barrierefrei über eine Rampenlösung herstellen. Dies führt beim Bau zu einem geringfügigen, unvermeidbaren Eingriff in das angrenzende Wiesenbiotop. Eine Genehmigung wurde im Ämterumlauf der Planung von der Naturschutzbehörde jedoch nur für den Abriß und einen Neubau in den Bestandsmaßen in Aussicht gestellt, der aus den vorgenannten Gründen nicht möglich ist.“
Naturschutzbehörde stellt sich quer
Man merkt: Da gibt es noch einen massiven Konflikt zwischen den Ämtern. Wirklich ausgeräumt ist der Konflikt noch nicht, wie man ebenfalls in der Vorlage lesen kann: „Trotz aller Bemühungen um eine Minimierung der Eingriffe unter Berücksichtigung aller Hinweise und Forderungen der durchgeführten Ämterbeteiligungen wird die Kompromisslösung von Naturschutzbehörde und den Umweltfachabteilungen wegen nicht völlig vermeidbarer Beeinträchtigungen des gesetzlich geschützten Biotops bisher nicht akzeptiert und ein Nachweis des überwiegenden öffentlichen Interesses an der Wegeverbindung über Rad- oder Fußverkehrsentwicklungspläne gefordert, um eine Ausnahmegenehmigung erteilen zu können.
Dies ist aktuell aus Sicht des Amtes für Umweltschutz nicht nachweisbar. Es wird nur eine Ausnahmegenehmigung für den Abriss des Bauwerkes bei Gefahr im Verzug durch Einsturzgefährdung oder für einen Ersatz in den Bestandsabmessungen zugesichert.“
Es ist schon erstaunlich, wie das Amt für Umweltschutz immer dann seine „Stopp“-Kelle hebt, wenn es um Radwege geht. Bislang führt die Brücke nur auf einen eher naturbelassenen Trampelpfad. Barrierefrei nutzbar ist sie sowieso nicht und damit auch für Radfahrer nicht attraktiv.
Wenn das Amt für Umweltschutz auf seinem „Nein“ beharrt, bleibt der Stadt nur noch eine Lösung: „Ein Ersatz des Bauwerkes im Bestand ist wegen der Umsetzung des neuen HWSK mit einer Anhebung der Gradiente und der Herstellung einer normgerechten Treppe nicht in den gleichen Abmessungen möglich, so dass dann nur der ersatzlose Abriss als einzige genehmigungsfähige Möglichkeit bliebe. Zudem würde der Bau einer Treppe mobilitätseingeschränkte Menschen ausgrenzen und wird von der Beauftragten für Menschen mit Behinderungen und Senioren abgelehnt.“
Eine mögliche Haupt-Radroute?
Und eine eigentlich wäre das eine sinnvolle Radwegverbindung, so das VTA: „Die Brücke hat Netzbedeutung im Fuß- und Radverkehrsnetz im Sinne einer Stadt der kurzen Wege, da es über die Parthe nur Querungen an der Volbeding- und Straße An der Parthe in mehreren hundert Metern Entfernung gibt. Ohne dieses Brückenbauwerk würde die Parthe auf über 1,2 km eine Barriere darstellen. Für die Naherholungsfunktion ist hier ein sinnvoller Lückenschluss gegeben. Die Brücke ermöglicht eine zusätzliche Erschließung des Sommerbades Schönefeld von Norden. Im HauptnetzRad kann die Parthenbrücke als IR III-Hauptradverbindung vorgesehen werden und hat damit perspektivisch Bedeutung für den Alltagsradverkehr.“
Wobei die gewählte Vorzugsvariante – eine leichte Aluminiumfachwerkbrücke mit Rampe auf der Westseite – schon versucht, die notwendigen Eingriffe in das geschützte Gebiet zu minimieren.
Jetzt muss in den Planungen ein Weg gefunden werden, die Konflikte innerhalb der verschiedenen Ämter zu klären und vielleicht sogar Lösungen zu finden, die auch von der Naturschutzbehörde akzeptiert werden können.
Sollte es zu einem Kompromiss zwischen den Ämtern kommen, würde die Planung der neuen Brücke 150.000 Euro kosten und der Neubau bis 2025 dann 1,35 Millionen Euro.
Es gibt 4 Kommentare
Meiner Ansicht nach geht hier ohne einen vorgeschalteten Architekten- und Ingenieurwettbewerb garnichts. Schliesslich ist – gerade in der Nähe des Abtnaundorfer Parks und angesichts des LSG – hier eine ansprechende gestalterische Lösung einer komplexen technischen und naturschutzfachlichen Aufgabenstellung erforderlich.
Ich sag mal der AK Bescheid, daß die sich einschaltet.
PS:
Tja, leider bislang verabsäumt, den Drop ins Flat zu springen. So schön halsbrecherisch. Ach mein Leipzig, wie war es früher schön gefährlich.
@fra
Ich sehe hier zweierlei Maß oder plötzlichen Übereifer des Amtes – Sie nicht?
@Christian
Irgendwie Äpfel mit Birnen verglichen.
Einfach nur lächerlich, aber auch hochgradig jämmerlich, was Leipziger Ämter hier veranstalten und den gleichnamigen Schimmel wiehern lassen.
Wegen – sorry – ein Stückchen Wiese wird der Ersatz einer durchaus wichtigen Brücke für Fußgänger und Radfahrer mit öffentlichem Interesse blockiert.
Dagegen wird in Schleußig immer wieder munter direkt bis ans/ins Wasser gebaut, wobei wesentlich mehr Schäden entstehen und hier nur private Interessen vorliegen!
Wo bleibt da bspw. der Hochwasserschutz?
Was die sogenannte Naturschutzbehörde bei privaten Projekten vorsätzlich versäumt oder durchgehen lässt, ist bei öffentlichen Vorhaben auf einmal überhaupt nicht möglich und gesetzeswidrig.
Seltsam, oder?