Wie lange ging diese Eierei nun eigentlich schon? Unser Archiv sagt: seit zwölf Jahren. Seit zwölf Jahren mahnte der Behindertenbeirat der Stadt immer wieder an, dass die Blindenleitstreifen in der Grimmaischen Straße und in der Petersstraße zu den jährlichen Weihnachtsmärkten nicht zugebaut werden sollen. Und immer wieder meinte die Stadt, dass das gerade in der Grimmaischen nicht ginge. Als wäre es sehbehinderten Menschen zumutbar, zum Weihnachtsmarkt mit Buden und Glühweinständen zu kollidieren.
Aber längst hat der Behindertenbeirat von diesen Ausreden die Nase voll. Welcher Frust sich da im Lauf der Jahre aufgestaut hat, machte Linke-Stadtrat Sören Pellmann am 20. September deutlich, als er den Antrag des Behindertenbeirats insbesondere zur Grimmaischen Straße in die Ratsversammlung einbrachte.
Aber auch der Begründungstext des Antrags ist deutlich: „Insbesondere während des Weihnachtsmarktes ist eine Benutzung des Blindenleitstreifens im Bereiche der Grimmaischen Straße nicht möglich. In Abwägung der Durchlässigkeit und des Brandschutzes gab es hier immer wieder eine ‚Kompromiss-Variante‘“.
Die aber aus Sicht der Menschen, die betroffen sind, kein „Kompromiss“ ist, sondern eindeutig eine von der Stadt praktizierte Behinderung. Hier geht es also nicht mehr um Kompromisse, sondern um eine Lösung, wie Pellmann betonte.
„In der AG Blindenleitsystem ist die Idee einer Verlegung diskutiert worden und im Ergebnis für die beste Lösung erachtet worden. In Rücksprache mit Nutzerinnen und Nutzern des Leitstreifens spricht neben der Besonderheit des Weihnachtsmarktes auch die tägliche Nutzung für eine Verlegung, da in den Sommermonaten es immer wieder zu Situationen gekommen ist, wo durch das laufende Wasser Blindenstöcke nass geworden sind“, heißt es im Antrag weiter.
Der Leitstreifen ist also auch in anderen Monaten immer wieder nicht nutzbar.
Die Stadt bewegt sich
„Wenn eine Prüfung der Stadtverwaltung zum Ergebnis kommt, dass eine Verlegung möglich ist, sollte diese dann zeitnah umgesetzt werden“, stellte der Behindertenbeirat fest. Und beantragte: „Die Stadtverwaltung prüft eine Verlegung des Blindenleitstreifens in der Grimmaischen Straße in den nördlichen Bereich.“
Was – erstaunlicherweise – die Stadt diesmal befürwortete und alternativ vorschlug: „Zur Verlegung des Blindenleitsystems wurde bereits ein Vorschlag erarbeitet, der im August in der AG Blindenleitsystem/ Barrierefreiheit vorgestellt und ggf. 2024 realisiert werden soll.“
Aber hier störte Pellmann in Vertretung des Behindertenbeirats die Formel „ggf.“, also „gegebenenfalls“.
Denn damit ist wieder ein Hintertürchen geöffnet, den Blindenleitstreifen vielleicht doch nicht zeitnah umzuverlegen. Auch wenn das Verkehrs- und Tiefbauamt schrieb: „Eine Realisierung ist für 2024 vorgesehen.“
Aber auf ein „gegebenenfalls“ will sich der Behindertenbeirat nicht mehr einlassen, weshalb Pellmann den Antrag des Behindertenbeirats zur Abstimmung stellte, mit der Forderung, dass der Blindenleitstreifen in der Grimmaischen Straße bis zum Weihnachtsmarkt 2024 umverlegt ist. Ein klares Ziel und eine klare Verpflichtung, der dann die Ratsversammlung am 20. September auch einstimmig zustimmte.
Nach zwölf Jahren also endlich ein Ziel, auf das hingearbeitet werden muss.
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