Am Sonntag, dem 10. September, ist es so weit – nach mehrfacher Verzögerung wird der 170 Meter hohe Schornstein des ehemaligen Heizkraftwerks „Max Reimann“ im Leipziger Süden gesprengt. Der alte Schlot auf dem Areal der Stadtwerke in der Arno-Nitzsche-Straße ist schon seit vielen Jahren außer Betrieb. Ringsherum ist vorübergehend Sperrgebiet, betroffene Anwohner müssen ihre Häuser räumen. Die LZ ist im Liveticker dabei, Kollegen verfolgen das Geschehen vor Ort.
Der größte Schornstein Leipzigs wird wohl in wenigen Stunden Geschichte sein. Ein gefasster Sprengungsbeschluss der Stadtwerke sieht schon seit vergangenem Jahr vor, das seit zig Jahren nicht mehr betriebene Artefeakt in der Arno-Nitzsche-Straße endgültig zu beseitigen, nachdem sich auch Optionen einer möglichen Nachnutzung für das kommunale Unternehmen als nicht rentabel herausgestellt hatten. Neben dem finanziellen Aspekt kommen auch Sicherheitsgründe hinzu.
Wo überall Sperrgebiet herrscht
Ein größeres Sperrgebiet rings um das Objekt soll die Sicherheit am Sonntag gewährleisten. Bis spätestens 08:00 Uhr muss das Gebiet laut Vorgabe komplett geräumt sein, die eigentliche Sprengung ist für den Zeitraum zwischen 10:00 Uhr und 10:30 Uhr angesetzt.
Betroffen sind konkret die Arno-Nitzsche-Straße 29, 31A, 30, 32, 35, 35A und 37; die Köhraer Straße 5, 6, 7, 9 und 14; die Meusdorfer Straße 80 sowie die Threnaer Straße 1, 1A, 2, 3, 5, 7, 9, 11, 12 und 13. Dazu kommen Teile der Kleingartenvereine „Reichsbahn Connewitz e. V.“ und „Waldidyll e. V.“ sowie der gesamte Friedhof Connewitz.
Wahrzeichen der Braunkohle-Ära mit kurzer Karriere
Auf dem heutigen Gelände Arno-Nitzsche-Straße 35 hatte es seit Ende des 19. Jahrhunderts bereits ein Gaswerk gegeben. Der Schornstein selbst ist aber wesentlich jünger, sein Grundstein wurde erst 1984 gelegt. Zu dieser Zeit war aus dem alten Gaswerk längst ein Heizkraftwerk geworden, das seit 1952 den Namen „Max Reimann“ trug – eine Erinnerung an den kommunistischen Politiker und NS-Widerstandskämpfer (1898–1977). Zu DDR-Zeiten wurde vor Ort Braunkohle zur Wärmeversorgung verfeuert, insgesamt mehr als 20 Millionen Tonnen. 1987 ging der Schornstein in Betrieb, um Rauchgase abzuführen.
Im Video sehen Sie die aktuelle Pressekonferenz der Stadtwerke zum Schornstein und zur Sprengung.
Seine effektive Dienstzeit betrug dann aber gerade einmal neun Jahre, mit dem letzten Braunkohle-Zug 1996 schienen seine Tage gezählt. Vorübergehend wurde der Stahlbeton-Riese dann immerhin noch als Sendemast-Träger für TV und Radio umfunktioniert. Als mit dem Bau eines nahen Funkturms auch dies vorbei war, stand der Schlot nunmehr ohne Funktion da, als reines Industriedenkmal und Wahrzeichen der Braunkohle-Ära. Ein Zeitalter, das in Zeiten des Klimawandels überholt scheint.
Schon am 15. September 2022 hätte der Schornstein übrigens gesprengt werden sollen. Doch der Termin platzte, weil es noch Klärungsbedarf mit einigen Anliegern gab. Auch im November 2022 waren offenbar nicht alle Fragen ausgeräumt, und so bekam der Turm nunmehr fast auf den Tag genau ein weiteres Jahr Galgenfrist.
+++ Alle Entwicklungen im Liveticker ab hier unten. +++
Der Liveticker ist geschlossen. Das Team der LZ dankt Ihnen und Euch für die treue Begleitung und wünscht allen einen schönen weiteren Sonntag!
12:00 Uhr: Zurück bleiben viele Trümmer, Nacharbeiten für mehrere Monate
Die Sprengung lief weitgehend nach Plan, die Menge der Schaulustigen hat sich zwei Stunden später längst zerstreut. Zurück bleibt reichlich Schutt – und damit viel zu tun für die nächste Zeit. Die Nacharbeiten, zu denen auch der Abtransport der Trümmer zählt, sind von den Stadtwerken mit etwa fünf Monaten veranschlagt. Das wäre dann bis zum Frühjahr 2024.
Für Oktober 2023 ist die Inbetriebnahme des Heizkraftwerks Süd weiter südlich, in der Bornaischen Straße 120, geplant. Dort steht übrigens auch ein Turm, der wohl das Zeug zum neuen Wahrzeichen hätte, wenngleich mit 60 Metern deutlich kleiner. Er speichert Heißwasser und ist seit April 2023 im Regelbetrieb. Das neue Kraftwerk wird zunächst auf Gasbasis genutzt, später ist der Einsatz von grünem Wasserstoff geplant.
11:00 Uhr: „Es gibt immer Restrisiken“ – Stadtwerke-Geschäftsführer zeigt sich aber zufrieden
Nach erstem Stand der Dinge sei alles gut gelaufen, nachdem man viel Zeit und Kraft in das Sprengungsvorhaben investiert habe, zeigt sich Karsten Rogall zufrieden. Er ist einer der Stadtwerke-Geschäftsführer.
10:53 Uhr: Fanfarenstöße signalisieren Ende der Sprengung
Drei kurze Fanfarenstöße signalisieren soeben: Die Sprengung ist offiziell beendet und die Gefahr vorüber.
Hier die Sprengung in Zeitlupe:
Und im Zeitraffer:
10:11 Uhr: Der Schornstein ist gefallen, alles lief nach Plan
Soeben ist der alte Schlot Geschichte, der Schornstein fiel einige Minuten nach dem entsprechenden Fanfaren-Signal innerhalb weniger Sekunden in sich zusammen. Nach erster Auskunft von einem unserer Reporter lief die Sprengung planmäßig ab. Von Nahem war eine deutliche Druckwelle zu spüren, auf dem Bahngelände sind alte Fensterscheiben zu Bruch gegangen.
10:00 Uhr: Video vom Schornstein
Unsere Kollegen sind natürlich für Sie und Euch vor Ort im Einsatz, um Foto- und Videomaterial zu liefern. Vor etwa zehn Minuten fuhr nach Auskunft unseres Kollegen die letzte Bahn, auch die Strecke ist jetzt gesperrt.
09:45 Uhr: Spannung steigt, Sprengung des Schlots naht
Schaulustige haben sich bereits ihre Plätze gesichert, wie etwa an der Schlachthofbrücke Richard-Lehmann-Straße. Die Stimmung ist entspannt, für die Zeit zwischen 10:00 Uhr und 10:30 Uhr wurde die Sprengung selbst geplant. Kurzfristige Änderungen sind auch bei sorgfältigster Planung freilich nie auszuschließen.
09:00 Uhr: Nahaufnahmen des Schlots und Bilder der Straßensperrung
Erkennbar ist unter anderem eine der Stellen, an denen der alte Schlot mit Sprengstoff versehen wurde. Dem Plan nach soll der alte Schlot durch eine sogenannte Dreifach-Faltung mit wechselseitig geöffneten Sprengmäulern in Nord-Süd-Richtung zusammenknicken.
Dazu wurde der Sprengstoff an drei verschiedenen Stellen installiert. Die Sprengung wird durch Sprengmeisterin Ulrike Matthes von der Thüringer Sprenggesellschaft durchgeführt, ihr Unternehmen kooperiert mit der Firma Reinwald aus Böhlen.
Es wird dazu geraten, Fenster und Türen wegen der erwarteten Staubentwicklung auch über den Sperrkreis hinaus geschlossen zu halten.
Hauptsächlich von der Sprengung und der notwendigen Evakuierung betroffen sind die Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft in der Arno-Nitzsche-Straße 37, die vorübergehend in einer Schule unterkommen. Ansonsten befinden sich vor allem Gewerbehäuser, Gärten und der Connewitzer Friedhof im Sperrgebiet.
08:50 Uhr: Straßensperrung und Schaulustige
Inzwischen haben sich bereits Schaulustige vor Ort eingefunden, der Sperrkreis steht. Zwischen 10:00 Uhr und 10:30 Uhr wird voraussichtlich gesprengt.
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