Zuletzt das Trauttmanns und die Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt Radsfatz, im kommenden Januar soll das „Erythrysin“ (€) verschwinden. Der Grund: Zu hohe Mieten oder Kündigung durch den Eigentümer. Alle drei sind oder waren unkommerzielle Soziale Zentren oder Ladenprojekte. Am Samstagabend gaben nun linke Aktivist*innen die Besetzung des ehemaligen Bahnbetriebswerks Leipzig-Hauptbahnhof-Süd in der Hermann-Liebmann-Straße bekannt. Sie wollen damit gegen das Verschwinden linker Projekte im Leipziger Osten und die zunehmende Kommerzialisierung der „Eisi“ protestieren.
Rund 200 Menschen versammelten sich zu einer spontanen Kundgebung vor dem Haus. Nach Informationen der Anmelderin Juliane Nagel sei eine Räumung durch die Polizei noch am selben Tag nicht geplant.
Besetzer*innen wollen Soziales Zentrum
In einem „Offenen Brief an Stadtrat, Eigentümer und Ämter“, veröffentlicht auf der Seite von „Leipzig besetzen“, signalisierten die Besetzer*innen die Bereitschaft zu verhandeln, da die Priorität sei, das Haus zu halten und den Aufbau des Sozialen Zentrums möglich zu machen. Sie legten Ideen für die Nutzung vor, die jenen von der Besetzung der Ludwigstraße 71 vor drei Jahren ähneln und den Einzug der bereits verdrängten Projekte, wie dem Trauttmanns oder der Fahrradwerkstatt, vorschlagen.
„Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es hier einen freien Raum gibt. Wir wollen ihn nutzbar machen“, so Casimir, Teil des Projekts. „Deshalb haben wir mit der Besetzung heute das neue Soziale Zentrum ‚Helium‘ eröffnet. In den über 30 Räumen, die alle in einem guten Zustand sind, wollen wir offene kostenlose Toiletten, einen Veranstaltungsraum, Raum für politischen Austausch, Beratungsstellen und vieles mehr möglich machen.“
Für den Sonntag ist durch die Besetzer*innen eine „Nachbarschaftsversammlung“ vor dem Haus angekündigt.
Besitzverhältnisse noch unbekannt
Laut Aussagen von Juliane Nagel seien die Besitzverhältnisse des Hauses noch unklar. Zunächst befand sich das Gebäude im Besitz der Bahn, wurde dann zwangsversteigert und gelangte so in private Hände. Ob die Stadt mitgeboten hatte, ist unklar.
Davon auszugehen ist nicht, denn dann hätte die Stadt ein Vorkaufsrecht gehabt. In der Stadtverwaltung war zum Wochenende in dieser Frage niemand zu erreichen. Wäre es tatsächlich so, dass die Stadt den Kauf des Gebäudes nicht in Erwägung gezogen hat, würde das einen Schlag ins Gesicht für die Organisator*innen und Benutzer*innen der unkommerziellen Räume auf der Eisenbahnstraße bedeuten, die in den letzten Monaten ihre Gebäude räumen mussten oder es noch tun müssen.
Update am Sonntag, 24. September um 21 Uhr
Am Nachmittag hatten die Besetzer*innen zu einer Nachbarschaftsversammlung aufgerufen. Rund 300 Menschen nahmen daran teil. Es wurden Ideen zur Nutzung des Hauses gesammelt. Polizei ist rund um die Uhr anwesend. Bis Montagmorgen 11 Uhr ist eine Kundgebung vor dem Haus angemeldet. In den sozialen Netzwerken werden Aufrufe geteilt, die von einer möglichen Räumung in den frühen Morgenstunden sprechen. Gesicherte Informationen dazu liegen der Redaktion nicht vor.
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