Der Leipziger Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz hat Ermittlungen gegen die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel eingeleitet. Darรผber informierte die Staatsanwaltschaft am letzten Donnerstag den Sรคchsischen Landtag. Vorwurf ist der tรคtliche Angriff auf Polizeibeamte im Rahmen einer Versammlung am 1. Juni.

โ€žDie Vorwรผrfe entbehren jeder Grundlage. Ich habe mich den Beamten, die die IdentitรคtsfeststellungsmaรŸnahme von zwei Personen durchfรผhrten, als Abgeordnete zu erkennen gegebenโ€œ, so Juliane Nagel gegenรผber der Leipziger Zeitung (LZ). โ€žIch habe niemanden tรคtlich angegriffen. Es ist im Gegenteil zu unterstellen, dass der Beamte, der Anzeige gegen mich erstattet hat, sehr wohl wusste, dass ich Abgeordnete bin. Gegen die Vorwรผrfe werde ich mich zur Wehr setzen.โ€œ

Die sรคchsische Landtagsabgeordnete und Anmelderin der Demonstration zum Weltkindertag war vorรผbergehend in Polizeigewahrsam genommen worden. Dabei seien, nach Aussage von Nagel, die Beamten brutal vorgegangen und hรคtten ihre Rechte als Abgeordnete verletzt. Den Berliner Einsatzkrรคften sei, so der Leipziger Polizeiprรคsident Renรฉ Demmler spรคter, die Politikerin unbekannt gewesen. Ermittlungen gegen den Polizeibeamten wurden nicht eingeleitet. Kritisiert worden war dieses Vorgehen unter anderem auch von den Bundesvorsitzenden der Linken.

โ€žRabiatesโ€œ Vorgehen der Polizei

In einem auf Twitter verbreiteten Video schildert Nagel, dass sie im Anschluss an die Demonstration beobachtet habe, wie die Identitรคt einer jungen Frau und einer schwarzen Person festgestellt worden seien. Die schwarze Person sei dabei in Handschellen gewesen. Nagel sagte, sie habe daneben gestanden und sei von einem Polizeibeamten beschimpft und โ€žaus dem Weg geschubstโ€œ worden. Dann sei dem Beamten โ€žeingefallen, dass (Nagel) ihn tรคtlich angegriffen habeโ€œ.

Sie sei in Handschellen und โ€žrelativ brutal zu einem Polizeiauto geschleppt wordenโ€œ. Dort sagte der Beamte zu ihr, dass es ihm โ€žscheiรŸegalโ€œ sei, ob sie eine Abgeordnete sei oder nicht. Nach der Identitรคtsfeststellung wurde Nagel frei gelassen.

Laut Polizeisprecher Chris Graupner, der selbst nicht vor Ort war, habe Juliane Nagel โ€žmit einer Hand auf einen Beamten geschlagenโ€œ. Auch sei es nicht verwunderlich, dass die Berliner Beamten Juliane Nagel, die regelmรครŸig in Leipzig Versammlungen anmeldet, nicht kennen.

โ€žWenn jemand ruft, ich bin der und der, dann muss ich als Beamter das รผberprรผfen, wenn ich es nicht weiรŸโ€œ, sagte Graupner der LZ noch am Abend des Vorfalls. Polizeiprรคsident Demmler und Innenminister Armin Schuster hatten im Nachhinein das Gesprรคch mit Nagel gesucht und um Entschuldigung gebeten.

Diskussionen nach Tag X

Abgeordnete des Landtages dรผrfen laut Artikel 55 Sรคchsischer Verfassung nur mit Einwilligung des Landtags festgehalten werden. Kritik am Handeln der Polizei hatten die Bundesvorsitzenden der Linken Janine Wissler und Martin Schirdewan geรคuรŸert, wie der MDR berichtete. Es sei ein โ€žunglaublicher Vorgangโ€œ, dass die Anmelderin der Versammlung und Abgeordnete mit parlamentarischer Immunitรคt โ€žwie eine Straftรคterin im Polizeigriff abgefรผhrt und dann die Identitรคt festgestellt wirdโ€œ.

Auf Anfrage des Berliner Linken-Abgeordneten Niklas Schrader antwortete der Senat, dass keine Strafermittlungs- oder Disziplinarverfahren gegen den besagten Beamten vorliegen.

Der Vorgang wird im Kontext der Proteste rund um den Tag X im Lina E.-Prozess gesehen, obwohl die Demonstration bereits weit vorher angemeldet worden war. Laut Nagel sei die Polizeiprรคsenz massiv gewesen. Auch die Ermittlungen gegen Juliane Nagel reihen sich ein in sich widersprechende Aussagen zwischen Betroffenen und Polizei im Kontext der Tag X-Proteste.

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