Am 9. November 2022 beschloss der Stadtrat Leipzig auf Antrag der Fraktion Freibeuter, dass „für den Zeitraum bis zur Realisierung der Komplexmaßnahme Zschochersche Straße eine interimistische Fußgängersignalanlage auf Höhe der LVB Haltestelle Markranstädter Straße eingerichtet“ wird. Auch wenn die Stadtverwaltung, hier das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA), das vielleicht anders sieht: Der Beschlusspunkt 2 „Über den Vollzug wird dem FA Stadtentwicklung und Bau und dem SBB Südwest bis zum 30. Juni 2023 berichtet“ sagt eindeutig, dass es kein Prüfauftrag ist und der Vollzug der Einrichtung bis zum 30. Juni gemeldet werden soll.
Kurz gesagt: Am 1. Juli 2023 sollte die Ampel in Betrieb gehen.
Der Antrag „Querungshilfe für FußgängerInnen über die Zschochersche Straße schaffen“.
Anfrage zur Juli-Ratsversammlung 2023
Da bis Mitte Juni 2023 im genannten Haltestellenbereich keine Aktivitäten erkennbar waren, formulierte die Fraktion Freibeuter eine Anfrage an den Oberbürgermeister mit den Fragen:
1. Wurde die Fußgängersignalanlage eingerichtet?
2. Welche Gründe verhinderten die Einrichtung?
Die schriftliche Antwort des VTA ist seit dem 3. Juli im Ratsinformationssystem öffentlich sichtbar.
Kurz und knapp fällt die Antwort zunächst aus: „Die Fußgängersignalanlage wurde bisher noch nicht errichtet.“
Die Antwort auf Frage 2 ist ausführlicher und besagt, dass der Stadtrat beschließen kann, was er will – ob es denn durchgeführt wird, liegt im Ermessen des VTA. Sie muss hier einfach im Volltext zitiert werden:
„Das zuständige Sachgebiet ist für alle Planungen/Überarbeitungen/Anpassungen der 455 Lichtsignalanlagen im Stadtgebiet verantwortlich. Eine Priorisierung der Aufgaben ist daher erforderlich. Oberste Priorität haben hierbei Behebung von Unfallhäufungsstellen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, Gewährleistung der Schulwegsicherheit, erforderliche Rekonstruktionen (da sonst dauerhafter Ausfall der Anlage zu erwarten ist) sowie Planungen im Rahmen von Baumaßnahmen oder Investorenvorhaben.
Die Querungshilfe über die Zschochersche Straße fällt in keine dieser Kategorien.
Die Planung für die Errichtung einer interimistischen Fußgängersignalanlage wurde in den Arbeitsplan für das aktuelle Jahr aufgenommen. Eine Umsetzung erfolgt im Anschluss und ist für 2023/24 vorgesehen. Der FA Stadtentwicklung und Bau und der SBB Südwest werden im Vorfeld der Umsetzung einbezogen.“
Die Begründung der mangelnden Priorität
Da sind wir wieder beim alten Thema, es muss erst eine Unfallhäufung geben, bevor eine Querungshilfe eingerichtet wird. Schauen wir uns doch den Ort des Geschehens an, dazu legen wir die Brille des Autofahrers ab und begeben uns auf die Ebene der zu Fuß gehenden Menschen:
In stadtauswärtiger Richtung befindet sich rechts der Zschocherschen Straße ein Gewerbegebiet mit Baumarkt, Supermarkt, Fitness-Center sowie u. a. dem Jump-House. Linksseitig ist das Neubaugebiet „Naumannsche Brauerei“, ein Lidl-Markt und u. a. der Fußweg zur Erich-Zeigner-Allee mit dem Montessori-Kinderhaus und der Kita „Zwergenland“. Besonders das „Jump-House“ wird oft von Schulklassen oder anderen Gruppen von Kindern und Jugendlichen besucht. Wenn diese die Straße queren müssen, dann gibt es schon kritische Situationen.
Nicht alle, die dorthin wollen, kommen mit dem Auto, viele kommen mit der Straßenbahnlinie 3 und müssen, je nach Fahrtrichtung und Ziel, die Zschochersche Straße überqueren. Das ist, besonders für Menschen mit Behinderungen, aber auch mit Kinderwagen oder Kleinkindern, eine sportliche Übung. Die Zschochersche Straße ist hochfrequentiert und stadtauswärts parken Fahrzeuge bis zum Haltestellenbeginn, manchmal auch noch darüber hinaus.
Eine Anmerkung sei gestattet, der Autor hat 10 Jahre lang auf dem täglichen Arbeitsweg diese Querung genutzt. Das aber nur nebenbei.
Hochgefährlich für Fußgänger
Fazit: Der Auftrag, eine Fußgängerampel einzurichten und bis zum 30. Juni darüber zu berichten, anders gesagt, den „Vollzug zu melden“, wurde vom Stadtrat erteilt.
Das Überqueren der Zschocherschen Straße ist für zu Fuß gehende Menschen an dieser Stelle hochgefährlich. Wir können froh sein, dass es keine Unfallhäufung gibt.
Wenn die Einrichtung einer Lichtsignalanlage für „Investorenvorhaben“ Priorität hat, dann sollte ein Auftrag des Stadtrates in die gleiche Kategorie fallen.
Wann kommt nun die Fußgängerampel, Herr Oberbürgermeister?
Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.
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