Nicht nur Sachsens Innenminister Armin Schuster, auch die CDU Leipzig führt einen Feldzug gegen Antifaschist*innen. Die Ortsgruppe der Christdemokraten forderte das Verbot eines Konzerts unter dem Motto „Kesselmusik – Konzert für die Betroffenen des Leipziger Kessels“ auf dem Alexis-Schumann-Platz. Es solle an einem anderen Ort stattfinden. Bei dem als Versammlung angemeldeten Konzert der Gruppe „Dazusetzen“ sollen am 22.07.23 Spenden gesammelt werden, um Verfahrens- und Repressionskosten für Menschen, die Straftaten im Kontext des 3. Juni beschuldigt werden, zu decken.
Es sei „unerträglich“, dass an einem Ort, an dem schwerer Landfriedensbruch stattgefunden habe und 50 Polizist*innen verletzt worden seien, eine solche Veranstaltung stattfinden solle, so Karsten Albrecht, CDU-Stadtrat, im Gespräch mit der Leipziger Zeitung (LZ). Außerdem eigne sich der Ort nicht für ein Konzert aufgrund der Nähe zu einer Schule und einem Kindergarten.
Eine konkrete Gefahr scheint über die symbolische Bedeutung des Alexis-Schumann-Platzes hinaus nicht zu bestehen. Auch Schule und Kindergarten sind samstags, wenn das Konzert steigen soll, selten in Betrieb.
Der LVZ gegenüber hatte Albrecht von einer potenziellen Gefahr gesprochen, da „dieselben Leute, die dort schweren Landfriedensbruch begangen haben“ jetzt eine Party feiern wollten.
Das Ordnungsamt antwortete auf LZ-Anfrage, dass weder bei der Polizeidirektion Leipzig, noch dem Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen „Tatsachen oder Erkenntnisse (vorliegen), dass die Versammlung einen unfriedlichen Verlauf nehmen wird“. Es seien „auch in Anbetracht der Geschehnisse am 03.06.2023“ Kooperationsgespräche zwischen Anmelder*innen und Ordnungsamt angedacht – ein typisches Vorgehen bei komplizierteren oder größeren Versammlungslagen.
„Keine erhöhte Gefahr“
Die Gruppe „Dazusetzen“ hält mittlerweile in einem öffentlichen Statement dagegen: „Das Fordern von Solidarität mit den Betroffenen von überzogenen Repressionen ist in unseren Augen nicht gleichzusetzen mit dem Legitimieren von Straftaten“. Den Veranstaltern seien keine Erkenntnisse der Stadt oder der Polizei bekannt, dass von der Veranstaltung eine erhöhte Gefahr ausgehe.
Auf dem Alexis-Schumann-Platz fand am 3. Juni eine legale Versammlung anlässlich des Tag X im Lina E.-Prozess statt. Als die Demonstration nicht laufen durfte, kam es zu Angriffen auf die Polizei. Rund 1000 Menschen wurden daraufhin gekesselt und elf Stunden lang festgehalten. Unter ihnen waren auch Minderjährige.
Das Verhalten der Polizei und mangelnde Aufklärung waren im Nachhinein im Leipziger Stadtrat bis hin zu deutschlandweiten Medien kritisiert worden. Dabei geht es sowohl um die mangelnde Versorgung der Kesselinsass*innen mit Lebensmitteln, Wasser und Decken, als auch um den Pauschalvorwurf des schweren Landfriedensbruchs.
„Kulturkampf“ auf ganzer Linie
Auch „Dazusetzen“ übt grundsätzlichere Kritik an der Linie der CDU: „Die Wahlergebnisse, von denen sich Bürger*innen aus Sachsen und ganz Deutschland konfrontiert sehen müssen, bedeuten nur einmal mehr, dass der Kampf gegen Rechts und konsequenter Antifaschismus unfassbar wichtig sind. Die CDU sollte, anstatt links-progressive Veranstaltungen zu verbieten, dafür sorgen, dass sich ihre Partei in einer klareren Linie von den Rechten und Rechtsextremen in der AfD distanziert.“
Der Kampf gegen die gefährliche Linke lässt die CDU nicht los: Der Sächsische Innenminister Armin Schuster kündigte bereits wenige Tage nach dem 3. Juni ein Konzept gegen „Linksextremismus“ an. Ob das kommen wird, ist fraglich, denn auch die Koalitionspartner Grüne und SPD konzentrierten sich eher auf die Kritik an der Polizei.
Ein Umgang mit den Vorwürfen gegen die Polizei stand bisher kaum zur Debatte.
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