Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) und das Landesamt für Verfassungsschutz haben am Dienstag, dem 27. Juni, den Bericht des Geheimdienstes für das Jahr 2022 vorgestellt. Schuster bezeichnete Rechtsextremismus als „größte Bedrohung für unsere Demokratie“, erneuerte aber auch seine Forderung nach einer „Strategie gegen Linksextremismus“.

Die „Freien Sachsen“ nehmen laut Schuster eine herausgehobene Position im Bereich Rechtsextremismus ein. „Sie sind keine harmlose Vereinigung, die selbstlos die Rolle des gesellschaftlichen Kummerkastens annimmt“, so der Innenminister. Dirk-Martin Christian, Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, warnte davor, die Kleinstpartei zu wählen. Sie lehne Demokratie, Rechtsstaat und freiheitliche Gesellschaftsordnung ab.

Schuster und Christian kündigten zudem an, stärker gegen sogenannte Reichsbürger und Rechtsrockkonzerte vorzugehen. Ziel sei es, dass letztere in Sachsen überhaupt nicht mehr stattfinden.

Deutlich mehr Rechtsextreme als Linksextreme in Sachsen

Den laut Verfassungsschutz 4.350 Rechtsextremisten in Sachsen stehen nach Behördenangaben knapp 900 Linksextremisten gegenüber. Leipzig bleibe hierbei eine von drei „Schwerpunktregionen“ im gesamten Bundesgebiet.

Verfassungsschutzchef Christian knüpfte an jüngste Berichte über eine angebliche Radikalisierung und Professionalisierung der Szene an. Möglicherweise formiere sich im Untergrund eine Gruppe, die „schwerste Straftaten“ plane. Schon jetzt bewegten sich „einige Übergriffe am Rande von versuchten Tötungsdelikten“. Das sei eine neue Qualität.

Während islamistische Bestrebungen für den Inlandsgeheimdienst aktuell offenbar keine große Rolle mehr spielen – zumindest finden sie in der ausführlichen Pressemitteilung keine gesonderte Erwähnung –, würden Spionage- und Cyberabwehr „verstärkt im Fokus des Verfassungsschutzes“ stehen, heißt es.

AfD fehlt laut Linken im Bericht

Reaktionen auf den Bericht gab es unter anderem aus den Fraktionen des Landtages. So beklagte Kerstin Köditz (Linke), dass mit der AfD die „wohl mitgliederstärkste Organisation der extremen Rechten“ im Bericht fehle. Dass es im Bereich Linksextremismus eine Radikalisierung gebe, ließe sich aus dem Bericht selbst nicht ableiten, so Köditz.

Die CDU teilte mit, dass „Extremismus“ generell die „größte Gefahr für die Demokratie“ bleibe und der Verfassungsschutz die „notwendigen Mittel und Möglichkeiten“ benötige.

Albrecht Pallas aus der SPD-Fraktion sieht die Gefahr beim Rechtsextremismus vor allem darin, dass dieser sich flächendeckend ausbreite. Über die Finanzierung der Strukturen sei bislang zu wenig bekannt. Vor allem Reichsbürger und Selbstverwalter seien wegen ihrer „hohen Affinität zu Waffenbesitz und -gebrauch“ eine große Gefahr.

Als mögliche Gefahr für die Landtagswahl im nächsten Jahr bezeichnete der Grünen-Abgeordnete Valentin Lippmann die vor allem virtuell stattfindende Desinformation. „Die staatlichen Institutionen müssen dringend Strategien erarbeiten, um den Fake News und Verschwörungsnarrativen wirkungsvoll entgegenzutreten und unsere Demokratie gegen derartige Angriffe zu schützen.“

Die AfD entnahm dem Jahresbericht nach eigenen Angaben, dass linke Gewalt die „größte Gefahr für Sachsen“ sei.

Zum vollständigen Jahresbericht auf der Homepage des Verfassungsschutzes

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