Rund zehn Stunden verbrachten zahlreiche Menschen die Nacht von Samstag auf Sonntag in einem Polizeikessel. Nach Informationen der Leipziger Zeitung (LZ) befanden sich darunter auch minderjährige Personen, obwohl solche laut Polizei eigentlich möglichst schnell aus der Maßnahme entlassen werden sollten.

Kurz nach 18 Uhr kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Teilnehmer*innen der Versammlung am Alexis-Schumann-Platz. Letztere bewarfen die Polizei mit Gegenständen, woraufhin diese in die Menge stürmte. Mehrere hundert Personen landeten in einem Polizeikessel. Nach Angaben der Behörde waren es sogar mehr als 1.000 Menschen, deren Identitäten wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs festgestellt wurden.

Polizei wollte Minderjährige „priorisiert“ behandeln

Unter den Eingekesselten befanden sich offensichtlich auch Minderjährige. Das stellte vor Ort auch die Polizei fest und kündigte an, dass diese „priorisiert betrachtet“ werden. Am Montag teilte die Polizei dem freien Journalisten Felix Sassmannshausen mit, dass nicht bekannt sei, dass Minderjährige „teilweise bis in die Morgenstunden festgesetzt worden seien und dann Platzverweise erhalten hätten“. Nach LZ-Informationen ist aber genau das passiert.

Der Redaktion sind mindestens zwei minderjährige Personen bekannt, die den Polizeikessel erst zwischen 3 und 4 Uhr verlassen haben. Kurz nach 5 Uhr wurde der Kessel aufgelöst. Beide Personen haben zudem Platzverweise für große Teile der Südvorstadt und von Connewitz erhalten.

Platzverweis für einen Minderjährigen kurz vor 4 Uhr. Foto: LZ

Bereits am Sonntag berichtete die LVZ über den Fall einer 16-Jährigen, die sich erst im Polizeikessel befand und dann zur Polizeidirektion in der Dimitroffstraße gebracht wurde. Die Eltern hätten stundenlang keine Informationen erhalten, wo sich ihre Tochter gerade befindet, und nur durch Zufall von der Verlegung vom Kessel zur Direktion erfahren.

Aktivist*innen und Politiker*innen von Linken, Grünen und SPD üben scharfe Kritik am Polizeieinsatz. Sie bezweifeln unter anderem, dass es verhältnismäßig war, eine solch große Anzahl an Menschen so lange festzuhalten.

Die LZ ist aktuell darum bemüht, weitere Schilderungen von Betroffenen zu erhalten.

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