Damals, als Leipzig um die Jahrtausendwende für in paar Jahre zur „schrumpfenden Stadt“ mutierte, gab es auch rund um die Kuhturmstraße in Lindenau eine ganze Reihe Abrisse und entstand eine temporäre Grünfläche, die heute als kleiner Park rechts und links der Straße zu erleben ist. Aber wie alles, was damals temporär als Grünfläche entstand, ist auch diese bedroht. Eine Petition hat das jetzt zum Thema gemacht.
Mike Demmig hatte das zum Inhalt seiner Petition gemacht, in der er schrieb: „Wir bitten in Form einer Petition darum, die Grünfläche zwischen Kuhturm- und Angerstraße mit einem Durchgang zur Dreilindenstraße in Alt-Lindenau als öffentliche Grünfläche möglichst im Gesamten (auf beiden Seiten der Kuhturmstraße) oder teilweise (auf einer Seite der Kuhturmstraße) zu erhalten und als Park zu benennen (umzuwidmen).
Sachverhalt: Bei der sich entlang der Kuhturmstraße befindlichen Grünflächen handelt es sich beidseitig um zwischenbegrünte Grundstücke. Sie liegen auch im B-Planbereich Nr. 30.1
‚Henricistraße‘, 1. Änderung (rechtskräftig seit 16.08.2003) und sind dort als Bauflächen (Besonderes Wohngebiet) festgesetzt. Eine Benennung als Park würde diesem Sachverhalt nicht entsprechen. Der Verzicht auf die Bauflächen und die Erhaltung des Grüns (sofern der Eigentümer die Stadt Leipzig ist) würde die weitere Entwicklung Alt-Lindenaus zu einem klimagerechten Stadtquartier befördern.“
Die Petition von Mike Demmig zur Kuhturmstraße.
Aber so leicht ist es nicht, geliebtes Stadtgrün zu erhalten.
Wie es der Stadtbezirksbeirat Alt-West sieht
Das zeigte schon die Behandlung im Stadtbezirksbeirat Alt-West, der zu bedenken gab: „In der wachsenden Stadt müssen wir aushalten, dass es immer wieder Zielkonflikte gibt, die es auszuhandeln gilt. Ein zentraler Konflikt ist hier der Erhalt von wertvollen Grünflächen und der Wohnungsbau. Umso wichtiger ist es, die Wertigkeit der Flächen, ihre Funktionen sowie mögliche Perspektiven genau zu untersuchen.
Dafür sollten zeitnah die Ergebnisse der beauftragten Studien vorgelegt werden, um weitere Ableitungen für die nächsten Handlungsschritte machen zu können. Eine Vorfestlegung auf eine Teilbebauung zu diesem frühen Zeitpunkt lehnt der Stadtbezirksbeirat ab.“
Im März beschäftigte sich der Stadtbezirksbeirat mit der Petition und kam zu dem Ergebnis: „Prinzipiell werden Grünflächen im Stadtbezirk sehr gewünscht, da der Stadtteil stark verdichtet ist. Dieser Entwicklung gilt es, Einhalt zu gebieten. Die Mitglieder des Beirates wünschen sich bei der vorliegenden Fläche jedoch zunächst ein ergebnisoffenes Verfahren mit Bürgerbeteiligung.
Um eine abschließende Entscheidung zur Thematik zu treffen, ist es erforderlich, dass die Ergebnisse der durchgeführten Flächenstudie für dieses Areal im Beirat vorgestellt werden. Das Thema wird nach der Formulierung des Beschlussvorschlags durch den Petitionsausschuss erneut auf die Tagesordnung zur nächsten Sitzung des SBB Alt-West gesetzt. Ggf. wird ein Änderungsantrag eingereicht.“
So ein Änderungsantrag lag dann am 4. Mai vor. Doch dieser Änderungsantrag wurde in dieser Sitzung mit 0:10 Stimmen abgelehnt. Stattdessen heißt es im Protokoll der Sitzung: „Der Beirat wünscht sich weiterhin das hier angesprochene ergebnisoffene Verfahren und hält ein Abwarten auf die Bekanntgabe der Studienergebnisse für sehr wichtig. Generell kann sich der Beirat neben dem Erhalt der Grünfläche ggf. auch eine Bebauung mit sozialem Wohnungsbau und/oder sozialer Infrastruktur auf dem Areal vorstellen.“
Die Sicht der Stadt
Eine Intention, welche auch die Stadt teilt und die der Petitionsausschuss in seinem Beschlussvorschlag für die Ratsversammlung übernommen hat. Wichtigster Beschlusspunkt: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, Lösungsansätze zu untersuchen, die sowohl dauerhafte Grünflächen als auch eine Bebauung in einem ausbalancierten Verhältnis untereinander auf diesen Flächen (nach dem Grundsatz der doppelten Innenentwicklung) vorsehen.“
Denn aktuell sind mehrere Ämter der Stadt damit beschäftigt, eine mögliche Zukunft für diese Flächen zu skizzieren. Die Vorgeschichte: „Die Bauflächen entlang der Kuhturmstraße wurden im Gestaltungsrahmen von Sanierungs- bzw. Stadtumbaumaßnahmen temporär begrünt, hergerichtet und befinden sich zu großen Teilen im Besitz der Stadt Leipzig.
Für die benannten Flächen besteht bereits heute grundsätzlich Baurecht aufgrund der Lage im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplanes Nr. 30.1 ‚Henricistraße (1. Änderung).‘“
Viele Neulindenauer wissen gar nicht, wie die Kuhturmstraße vor dieser Begrünung vor 20 Jahren einmal aussah.
Der Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses zur Kuhturmstraße.
Aber das ganze Grün zu erhalten, sieht die Stadt derzeit nicht als Perspektive: „Die zuständigen Fachämter beschäftigen sich derzeit konkret mit den künftigen Entwicklungen dieser, im Eigentum der Stadt Leipzig befindlichen Flächen. Momentan werden durch externe Planungsbüros beispielhafte Strategien für eine vorbildliche Herangehensweise im Sinne der doppelten Innenentwicklung am Standort untersucht. Ziel dieser Untersuchung ist es, die richtige Balance zwischen Verdichtung und Freiraum auf den Bauflächen zu erörtern.
Die Ergebnisse der städtebaulich-freiraumplanerischen Flächenstudie werden zeitnah vorliegen und sollen im Weiteren als Arbeitsgrundlage dienen, die Flächen als Pilotprojekt der doppelten Innenentwicklung unter Abwägung der Realisierungsmöglichkeiten am Standort fortzuführen.
Ob in diesem Zusammenhang und aufgrund der Eigentumsverhältnisse eine Änderung des bestehenden Bebauungsplanes erforderlich ist, wird im Ergebnis des gesamten Abwägungsprozesses zur Entwicklung der städtischen Flächen entschieden.“
Aber ein Anliegen aus dem Stadtbezirksbeirat hat der Petitionsausschuss übernommen. Denn der hat das volle Recht, natürlich zeitnah über die Untersuchungen der Stadt zum Gebiet Kuhturmstraße informiert zu werden. Erst dann können sich auch die Ausschussmitglieder ein Bild davon machen, was an der Kuhturmstraße sinnvoll ist.
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Die Grundstücke sind sogar im Besitz der Stadt? Dann sollte es ja gar kein Problem sein, sie als Park oder Grünfläche erhalten, denn:
– Bereits 2016 verpflichtete sich die Stadt Leipzig, Grünflächen zu erhalten und zu entsiegeln (Klimawandel Anpassungsstrategien Leipzig von 2016)
– Im Jahr 2019 beschloss der Stadtrat zudem, bei ALLEN städtischen Entscheidungen den Klimaschutz prioritär zu beachten (Vorlage Ausrufung Klimanotstand Leipzig).