Nach fast 100 Verhandlungstagen möchte das Oberlandesgericht Dresden am heutigen Mittwoch, dem 31. Mai, um 10 Uhr das Urteil im Prozess gegen Lina E. und drei weitere Angeklagte verkünden. Die Generalbundesanwaltschaft fordert eine lange Haftstrafe für die angebliche Anführerin einer militanten Antifa-Gruppe. Dass es so kommen wird, gilt als wahrscheinlich. Die Leipziger Zeitung (LZ) berichtet live vom Geschehen in Dresden.

11:44 Uhr

Mit einem Redebeitrag von der Solikundgebung, der aus dem Bekanntenkreis eines Angeklagten kommt, beenden wir diesen Liveticker. Weitere Redebeiträge ergänzen wir im Laufe des Tages an dieser Stelle. Zudem werden wir über Reaktionen auf das Urteil, die Begründung seitens des Gerichts und die für den Abend geplante Demonstration in Leipzig berichten.

11:09 Uhr

Praktisch bedeutet das Urteil, dass die vier Angeklagten bald allesamt für eine ähnlich lange Zeit ins Gefängnis müssen – sofern keine Rechtsmittel dagegen eingelegt werden. Lina E. befindet sich bereits seit November 2020 in Untersuchungshaft. Zweieinhalb Jahre gelten also schon als abgesessen. Somit bleiben noch knapp drei Jahre Freiheitsstrafe übrig.

Ebenfalls zu rund drei Jahren wurden zwei Mitangeklagte verurteilt. Der vierte Angeklagte soll für zwei Jahre und fünf Monate ins Gefängnis.

Was bislang bekannt ist: Das Oberlandesgericht ist offenbar davon überzeigt, dass Lina E. an allen Taten beteiligt war, die ihr vorgeworfen werden, hat sie aber nach ersten Informationen nicht als Anführerin der Gruppe bezeichnet. Die anderen Angeklagten sollen sich nur an einigen Straftaten beteiligt haben.

Ob es Rechtsmittel gegen diese Urteile gibt, ist bislang nicht bekannt. Gut vorstellbar ist das sowohl seitens der Verurteilten als auch seitens der Generalbundesanwaltschaft, die für die Angeklagten teils deutlich höhere Gefängnisstrafen gefordert hatte.

10:54 Uhr

Nach den Urteilen wurde die Verhandlung kurz unterbrochen. Die mündliche Urteilsbegründung folgt gleich und könnte mehrere Stunden dauern.

Im Saal hatten sich Unterstützer*innen der Angeklagten mehrmals lautstark solidarisiert. Sie riefen unter anderem „Feuer und Flamme der Repression“. Gut möglich, dass nicht alle von ihnen den Saal erneut betreten dürfen.

10:38 Uhr

Das Oberlandesgericht Dresden verurteilt Lina E. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten und bleibt damit deutlich unter den acht Jahren, die die Generalbundesanwaltschaft gefordert hatte. Die drei Mitangeklagten müssen ebenfalls für mehrere Jahre ins Gefängnis. Details folgen in Kürze.

10:28 Uhr

Wir warten weiterhin gespannt auf das Urteil.

10:09 Uhr

Wir warten nun gespannt auf Informationen aus dem Gerichtssaal. Derweil noch ein paar Impressionen und ein kurzes Video von der Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude.

9:50 Uhr

Voraussichtlich in wenigen Minuten verkündet das Oberlandesgericht Dresden das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte. Der Saal ist voll; vor dem Einlass hatte sich eine lange Schlange gebildet. Unterstützer*innen der Antifaschist*innen sind mit einer Kundgebung vor Ort.

9:40 Uhr

Eine weitere interessante Meldung kommt heute vom LKA Sachsen. Interessant ist die Meldung nicht nur hinsichtlich des Inhalts, sondern auch wegen des Zeitpunkts.

Demnach hat die „Soko Rex“ mehrere Haftbefehle und Durchsuchungsbeschlüsse bei angeblichen Mitgliedern einer Ultra-Gruppierung von „Erzgebirge Aue“ vollstreckt. Betroffen waren fünf Personen. Drei von ihnen wurden festgenommen. Insgesamt richten sich die Ermittlungen gegen 34 Beschuldigte.

Sie sollen „spätestens seit Februar 2022“ eine „kriminelle Vereinigung“ namens „Starke Jugend“ gebildet haben. In ersten Medienberichten ist von einer „rechtsextremen Hooliganszene“ die Rede.

„Ziel der Gruppierung war nach den bisherigen Ermittlungen die Begehung von Gewalttaten, insbesondere Körperverletzungen und Raubdelikten gegen Anhänger anderer Fußballvereine als auch Widerstandshandlungen gegen Polizeibeamte als staatliche Repräsentanten“, teilt das LKA mit. „Seit 2022 wurden von der Gruppierung mehrere Straftaten des schweren Landfriedensbruchs sowie gefährliche Körperverletzungen und Raubdelikte begangen.“

Vier der fünf heute Betroffenen seien wegen Straftaten wie Volksverhetzung und dem Verwenden verbotener Kennzeichen vorbestraft.

Dass diese Maßnahme wenige Stunden vor dem Urteil im Lina-E-Prozess stattfand, ist zumindest ein bemerkenswerter Zufall.

9:25 Uhr

Die erste Meldung des Tages hat nicht direkt etwas mit dem Urteil zu tun, ist aber ähnlich wichtig: Offenbar soll die für Samstag in Leipzig geplante „Tag X“-Demo verboten werden. Die Organisator*innen seien am Dienstag telefonisch darüber informiert worden.

Das behauptet ein Twitter-Account namens „Soli Zum Urteil“. Wer diesen betreibt, ist unbekannt. Allerdings haben zahlreiche wichtige Gruppen, darunter „Leipzig nimmt Platz“, das Solidaritätsbündnis Antifa Ost und der Account „tagXantifaost“, der seit Monaten über die geplante Demo informiert, den Tweet verbreitet. Auch mehrere Journalisten beziehen sich darauf.

Die LZ hat der Stadt Leipzig eine Anfrage mit einer Bitte um Stellungnahme geschickt.

9 Uhr

Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung, besonders schwerer Landfriedensbruch, räuberischer Diebstahl, Sachbeschädigung, Urkundenfälschung und natürlich die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung – die Liste der Vorwürfe gegen Lina E. ist lang. Zusammen mit anderen Angeklagten und weiteren Beschuldigten soll sie in den vergangenen Jahren nicht nur Angriffe auf Neonazis durchgeführt, sondern diese auch maßgeblich organisiert haben.

Aus Sicht der Anklage ist Lina E. unter anderem dafür verantwortlich, dass tatsächliche oder vermutete Neonazis in Connewitz, Wurzen und Eisenach „potenziell lebensgefährlich verletzt“ wurden. Der betroffene Kneipeninhaber aus Eisenach, Leon R., ist mittlerweile selbst angeklagt – als mutmaßlicher „Rädelsführer“ einer rechtsterroristischen Gruppierung, die offenbar Linke töten wollte.

Für acht Jahre soll Lina E. nach dem Willen der Generalbundesanwaltschaft ins Gefängnis. Zwischen zwei und vier Jahren sollen es für die weniger prominenten Mitangeklagten sein. Die Verteidigung hingegen fordert Freisprüche.

Vor einem Jahr hätten Beobachter*innen einer solchen Forderung wohl noch aussichtsreiche Chancen eingeräumt. Doch dann wurde bekannt, dass es in der Szene einen „Verräter“ gibt, der später umfangreich vor Gericht aussagte und die Angeklagten schwer belastete.

Das Solidaritätsbündnis Antifa-Ost, das den Prozess seit September 2021 intensiv begleitet, hat parallel zum Urteilsspruch eine Kundgebung vor dem Gericht angekündigt. In mehreren Städten sollen im Laufe des Tages weitere Demonstrationen stattfinden, darunter eine um 21 Uhr am Lene-Voigt-Park im Leipziger Osten.

Das möglicherweise große Finale gibt es aber erst am Samstag zum „Tag X“. Wann, wo, wie und ob überhaupt am 3. Juni in Leipzig demonstriert wird, ist derzeit noch völlig offen.

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