Eigentlich ist das der richtige Weg: Wenn man wissen möchte, ob eine neue Verkehrsorganisation in einem Leipziger Ortsteil auch funktioniert, dann macht man erst einmal ein Pilotprojekt. Über ein Jahr, sodass alle Anwohner und möglicherweise Betroffenen sehen können, ob der Probelauf tatsächlich die Kritik bestätigt oder er im Gegenteil das Leben sogar erleichtert. So wie das erste Superblock-Pilotprojekt, das am Donnerstag, dem 11. Mai, offiziell eröffnet wurde.
Und zwar gleich im Rahmen der Velo-City-Konferenz 2023. Der Superblocks Leipzig e. V. und die Stadt Leipzig arbeiten hier zusammen. Denn Volkmarsdorf könnte der erste Leipziger Ortsteil werden, in dem das aus Barcelona bekannte Prinzip der Superblocks für Leipzig umgesetzt wird.
Bei Superblocks erfolgt eine Verkehrsberuhigung von Wohnquartieren, indem der Durchgangsverkehr gehindert und zurück auf Hauptverkehrsstraßen geleitet wird. Ziel ist eine verbesserte Verkehrssicherheit und eine bessere Aufenthaltsqualität, betont die Stadt.
Bürger sind gefragt
Und eine Bürgerbeteiligung gab es im Vorfeld auch. Die Eröffnung kam nicht aus dem Nichts, auch wenn Baubürgermeister Thomas Dienberg bei Eröffnungstermin erst einmal mit einer Unterschriftenliste von Geschäftstreibenden aus der Eisenbahnstraße konfrontiert wurde, die vor allem um Parkplätze für sich und ihre Kundschaft fürchten. Eine Befürchtung, die immer wieder auftaucht, wenn irgendwo in der Stadt Stellplätze wegfallen.
Die Überzeugung, dass die meisten Kunden mit dem Auto kommen und dringend einen Stellplatz suchen, steckt tief in den Köpfen.
Thomas Dienberg erklärte dann zwar, ein Problem könnte gewesen sein, dass man die Flyer, die im Vorfeld über das Pilotprojekt informierten, nicht in den zur Ansprache der Anwohner notwendigen Sprachen gedruckt habe. Doch dem war nicht so, wie der Superblocks e.V. informiert, denn die Flyer lagen auch in Türkirsch, Arabisch und Pharsi vor.
Und sowieso sollen ja alle Betroffenen in diesem Jahr gefragt werden und ihre Einwände vorbringen können, wenn das erste Superblock-Projekt aus ihrer Sicht nicht richtig funktioniert. Nach einem Jahr werden man die Erkenntnisse zusammenfassen und dem Stadtrat dann einen Beschlussvorschlag vorlegen, sagte Dienberg.
Der erste Pilot-Abschnitt
Der erste Abschnitt besteht aus einer Kombination aus verkehrsberuhigtem Bereich und einer Diagonalsperre, welche auf der Kreuzung Hildegardstraße/Ludwigstraße den Durchgangsverkehr umlenken soll. Die Diagonalsperre durchtrennt dabei den Kreuzungsbereich, wodurch eine Fahrt geradeaus über die Kreuzung für den motorisierten Verkehr unmöglich wird.
Das damit geschaffene Areal erstreckt sich in der Hildegardstraße zwischen Eisenbahnstraße und Ludwigstraße.
Der Superblocks Leipzig e. V. Verein, der sich das Projekt der Schaffung von Superblocks auf die Fahnen geschrieben hat, hat den neu geschaffenen autofreien Raum mit Sitzgelegenheiten und Blumenkübeln gestaltet.
Mit dem Pilotprojekt sollen im Quartier an der Eisenbahnstraße erste Erfahrungen und Erkenntnisse zugewonnen werden. Parallel dazu wird ein Gesamtkonzept für das Quartier erarbeitet, in dem die Erkenntnisse aus dem Verkehrsversuch einfließen und das im Sommer vorgestellt werden soll.
Superblocks sind ein erprobtes Konzept
„Die Stadt unterstützt den Verein sehr gerne bei der Umsetzung innovativer Ideen zur Stadtraumgestaltung. Die Superblocks haben wir schon lange im Visier, das ist ein erprobtes Konzept ist mit einer positiven Bilanz. Wir sind sehr gespannt, wie unser erster Schritt bei den Anwohnern ankommt und was wir aus dem Verkehrsversuch lernen können“, betont Baubürgermeister Thomas Dienberg.
Und Ariane Jedlitschka, Projektleiterin Neue Nähen des Superblocks Leipzig e. V., erklärt: „Wir wollen den Straßenraum im Leipziger Osten für die Menschen öffnen. Dafür soll ein grün-blaues Netz aus verkehrsberuhigten Bereichen entstehen, in denen sich die Nachbarschaft treffen und austauschen kann und bestenfalls grüne und sichere Wege im Quartier entstehen.“
Noch am heutigen Freitag, dem 12. Mai, gibt es vor Ort die Möglichkeit, Wünsche und Vorstellungen zur Gestaltung des öffentlichen Raumes im Rahmen des Projekts einzubringen. Das mobile Wunschbüro ist von 15 bis 18 Uhr an der Straßenecke Hildegardstraße/ Ludwigstraße geöffnet.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
Es gibt 29 Kommentare
Es ist toll, daß sich jemand echt die Mühe macht das auseinander zu klamüsern. DANKE!
–
> Ist das jetzt grundsätzlich anders, fahren jetzt mehr PKW durch die Tauchnitzstraße zur B2?
Ja. Aus irgendeinem Grund wurde der Floßplatz zum Kurort erhoben (die parknahe Tauchnitzstraße traf dieser Status seltsamerweise noch nicht), so dass man mittels Luftreinhalteplan Maßnahmen erheben konnte.
– Abbiegeverbot auf dem Ring vom Leuschnerplatz kommend nach links in die Harkortstraße
– Verschmälern der Dufourstraße um eine Spur stadtauswärts (auch so ein Radweg, den seit drei (?) Jahren kaum jemand nutzt)
– Veränderung der Ampelschaltung an der Rennbahn
–
Sehr seltsam ist, dass seitdem die Abbiegeampel nach rechts derTauchnitzstraße stadtauswärts immer an ist. Dem Prinzip der erhöhten Nutzung der Tauchnitzstraße steht das eigentlich entgegen, aber passt damit eigentlich schon wieder ins aktuelle Konzept.
Danke, lieber User “György”, der gerichtliche Streit 2018 ging um die bis dahin gemachte Absage der Stadt an Mischverkehr mit Fahrrädern auf dem Promenadenring. Es ging überhaupt nicht um Radfahrstreifen oder Schutzstreifen. Und die Stadt hatte den Standpunkt bezogen, daß dieser Mischverkehr wegen der Fahrzeugzahlen (Belastungsbereich IV) nicht infrage käme. Der Kläger hingegen insititierte in der Revision, daß dennoch Mischverkehr zuzulassen sei. Das Gericht stimmte dem in weiten Bereichen zu, eben mit dem Hinweis, die Stadt hätte in fraglichen Bereichen “ermessensfehlerhaft” Belastungsbereich IV angesetzt, es läge aber ein niedrigerer Belastungsbereich vor, und zwar wegen der vorliegenden baulichen Trennungen der Richtungsfahrbahnen. Damit hätte die Stadt geradeheraus die Verbotsschilder für Radfahrer weithin abschrauben müssen. Und dann? Dann wollte die Stadt diese Verantwortung aber nicht tragen. Zurecht, wie man sagen muß. Die ERA-(Empfehlungen für Radverkehrsanlagen)-Passage “Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen auf der Fahrbahn soll nur bei günstigen Randbedingungen zur Anwendung kommen, gegebenenfalls mit Schutzstreifen oder flankierenden Maßnahmen” blieb der Stadt zu gefährlich. Und dann blieb nur noch das Radfahrstreifen als fahrbahnseitige Führung, da eine Führung im Seitenbereich als Radweg kaum realisierbar war und ist. Und diese Radfahrstreifen kamen auch dort hin, wo es eine zumutbare Alternativroute gegeben hat, wie an der Thomaskirche. Vor dem OVG-Urteil konnte so eine Lösung abgelehnt bleiben, nach dem Urteil, also der Rückstufung von Belastungsbereich IV auf de facto III, galt dann auch “Im Belastungsbereich III kann das Trennen des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr aus Sicherheitsgründen erforderlich sein.” Und das war – in Form von Radfahrstreifen – das Ziel des Klägers, der vermutlich nicht so doof war anzunehmen, daß man tatsächlich Mischverkehr verantworten können sollte.
Wie Sie vermutlich zurecht annehmen, hätte die Stadt auch vorher jederzeit Radwege auf den Ring pappen können, was sie mit Hinweis auf den beträchtlichen Kfz-Verkehr aber unterließ. Das Gericht hat den Standpunkt des Klägers eingenommen, daß der Verkehr nicht beträchtlich genug ist.
Lesen wir hier die Passage aus den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA):
“Im Belastungsbereich I und II ist die Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn grundsätzlich vertretbar – bei Klasse I ohne zusätzliche Angebote, bei Klasse II mit entsprechenden zusätzlichen Angeboten wie z. B. nicht benutzungspflichtige Führungen oder Schutzstreifen.
Im Belastungsbereich III kann das Trennen des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr aus Sicherheitsgründen erforderlich sein. Mischverkehr mit Kraftfahrzeugen auf der Fahrbahn soll nur bei günstigen Randbedingungen zur Anwendung kommen, gegebenenfalls mit Schutzstreifen oder flankierenden Maßnahmen.
Im Belastungsbereich IV ist das Trennen aus Sicherheitsgründen geboten. Wenn dies aufgrund von Flächenrestriktionen nicht möglich ist, soll geprüft werden, ob durch Verkehrsplanerische oder – in Abstimmung mit der Straßenverkehrsbehörde – verkehrsrechtliche Maßnahmen der Belastungsbereich III oder II erreicht werden kann. Anderenfalls soll durch Maßnahmen der Netzplanung dem Radverkehr eine zusätzliche Alternativroute angeboten werden.”
Nochmal, Abs. 43 https://www.l-iz.de/wp-content/uploads/2023/04/16A278.pdf#page=15 teilt unmißverständlich mit, daß die Summenbildung der springende Punkt war. Für den Kläger war dieser Aspekt aber der entscheidende Schritt eines, sagen wir, Bootstrapping-Verfahrens. Denn dann war Mischverkehr nicht mehr ungeboten, der vorher bei Belastungsbereich IV eben nicht geboten war, und solange war es offenbar möglich, auf eine Trennung des Radverkehrs über Alternativrouten zu verweisen, und diese Trennung mit Alternativrouten war aber durch die Herabstufung auf unter IV keine ERA-gemäßge Lösungsoption mehr.
Die Chose ist voller Paradoxien, finde ich. Und das ist kein gutes Zeichen, und die grünen Wege sind vorrangig zur Schaffung von Engstellen für den Kfz-Verkehr, und nachrangig für das Fortkommen der Radfahrer. Ich war heute mit dem Rad auf dem grünen Radweg auf dem Martin-Luther-Ring nach Süden unterwegs und wollte auf diesem Ring nach Osten am Neuen Rathaus abbiegen. Das war nicht lustig an der Kreuzung Rudolphstraße/Lotterstraße. Die Drängelei der Autos um die nun einzige Geradeausspur macht auch mich als coolen Radfahrer wahnsinnig. Vor über 20 Jahren hat man die Harkortstraße als Beginn _der_ Ausfallstraße nach Süden ausgebaut, die Straßenbahn fortgejagt, und nun nimmt man den Martin-Luther-Ring bis zurück zum Dittrichring und zum Goerdelerring als Einfädelspur dafür? Ich weiß nicht. Jaja, am Floßplatz war es kein Spaß mehr mit dem Rad, Mordsverkehr, der eigentlich Mischverkehr nicht mehr erlaubt haben sollte. Tja. Ist das jetzt grundsätzlich anders, fahren jetzt mehr PKW durch die Tauchnitzstraße zur B2?
@Urs
Und wo steht da was von Radfahrstreifen? Inwieweit ist ein Radfahrstreifen keine Trennung zwischen motorisiertem Verkehr und Radverkehr? Den Unterschied zwischen Schutzstreifen und Radfahrstreifen kennen Sie, nehme ich an.
Absatz 39ff.: https://www.l-iz.de/wp-content/uploads/2023/04/16A278.pdf#page=13 – u.a. “Im Belastungsbereich IV ist das Trennen aus Sicherheitsgründen geboten.” Gemeint ist das “Trennen des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr”. Und die Stadt hätte zuvor “ermessensfehlerhaft” agiert, legte das Gericht fest, und sei von Belastungsbereich IV ausgegangen, was, wie Absatz 41 erläutert, eben weithin nicht akzeptiert werden könne, da wegen “baulicher Gestaltung” die “gegenläufigen Richtungsfahrbahnen verkehrsrechtlich voneinander getrennt sind und sich die Verkehrsflüsse … hier nicht gegenseitig beeinflussen können. Für die Ermittlung des Belastungsbereichs kann deshalb hier
lediglich die Verkehrsbelastung in der jeweiligen Fahrrichtung zugrunde gelegt werden.” Also: Belastungsbereich III, und damit kein Gebot der baulichen Trennung des Rad- vom Kfz-Verkehr mehr.
Und selbst bei Belastungsbereich III kann eine bauliche Trennung geboten sein (und nicht nur die Trennung mit Schutzstreifen o.ä.). Das Gericht, das seine Klarstellung in Absatz 41 gepackt hat und das nur auf die Fahrzeugzahlen abhebt, die wegen der weithin als hinreichend angesehenen baulichen Trennung nicht richtungsunabhängig addiert werden dürfen, sagt damit gleichzeitig, daß bei der nun als Belastungsbereich III eingestuften Belastung keine weiteren Bedingungen vorliegen, die auch bei III eine Trennung erforderlich gemacht hätten könnten. Puh.
@Urs
das Urteil habe ich auch gelesen, aber dort finde ich keine Aussage, aus der Ihr Satz hervorgeht. Können Sie den Artikel aus dem Urteil nennen?
Na aus der Urteilsbegründung des OVG Bautzen, lieber User “György”, entnehme ich das.
@Urs
Woher nehmen Sie denn die Information, dass es aufgrund Belastungsstufe IV möglich ist, die Einrichtung eines Radfahrstreifens abzulehnen / zu verweigern?
@ alle:
Großes Tennis! 😂
und: 🙏
Я познакомился с Теве около четырех лет назад в Грюнау. (Keine Angst, ich konnte den Satz leider nicht ohne weiteres aus dem Ärmel schütteln.)
Ja, lieber User “György”, gut, daß Sie mein Geschreibsel genau gelesen haben, ich hätte schreiben müssen “…, daß hier die Einrichtung von Radwegen auf Fahrbahnniveau abzulehnen erlaubt hätte, …”, oder anders ausgedrückt, die Stadt hatte es mit Hinweis auf die Überschreitung der bis zum Urteil des OVG Bautzen angenommenen Belastungsstufe IV (gemäß ERA) abgelehnt, Radfahrstreifen einzurichten. Gemäß der Klage des mir namentlich nicht bekannten Klägers (dessen Anwalt Jürgen Kasek war), hat das Gericht aber darauf bestanden, daß wegen baulicher Trennung der Richtungsfahrbahnen die Addition des Kfz-Aufkommens beider Fahrrichtungen nicht zulässig ist, so daß allenfalls Belastungsstufe III gemäß ERA erreicht wird, so daß eine Ablehnung der Radfahrstreifen nicht weiter vom Gericht toleriert wurde. Daß es tatsächlich markante bauliche Trennungen der Richtungsfahrbahnen auf dem Promenadenring gibt, jeder wird wissen. Aber am Dittrichring ist es halt nur die kleine Kante (oder zum Teil auch zwei Kanten). Daß es an der Hauptfeuerwache keine Kanten gibt, liegt bestimmt insbesondere daran, daß die Feuerwehr in alle Richtungen ausrücken können will, ohne erst Kanten zu überfahren. Aber da sind auch abgesetzte Radwege, der direkt vor der Feuerwache ist aber erst vor vielleicht 20 oder 25 Jahren dort hingekommen. Ich sehe mich noch vor 30 Jahren auf diesem Stück mit 40km/h (das war ja die Mindestgeschwindigkeit) mit meinem MIFA-Sportrad mit mechanischem Tacho über den Ring rasen, weil es keinen Radweg gab, aber halt nur das Stück bis zur “Ausfahrt” in die Käthe-Kollwitz-Straße.
Hallo Ralf,
>… viel besser als immer nur die Abgrenzung zu betonen.”
Danke, das finde ich auch gut. 🙂
–
>” es ist nur eine gängige Übersetzung für SUVs”
Ah ok, da stand ich wohl auf der Leitung. Ich finde die Dinger auch absurd und unnötig. Allerdings behindert ein Transporter genau so die Sicht und belegt ein Familienvan genau so viel Parkfläche und wiegt ein “Normalmodell” der gleichen Typlattform auch bloß nicht viel weniger. Subjektiv bin ich aber dennoch komplett bei Ihnen, komischerweise. Die Teile stehen derart für Bequemlichkeit und Überfluss, da kann ich mich auch nicht gegen die Abneigung wehren, ehrlich gesagt.
“Sport” wird übrigens auch bei uns oft falsch verstanden. Wenn man am E-Bike den Modus auf “Sport” stellt, dann wird die Unterstützung größer, man macht also weniger Sport als vorher. 😀
–
> Ich vermute, dass sehen Sie etwas anders?
Kommt drauf an wofür die Umstellung auf Elektrofahrzeuge etwas bringen soll. Für den Platzbedarf des Fahrzeuges ist nicht die Antriebsart entscheidend. Für das Gewicht schon, für Reifenabrieb auch.
Insgesamt gesehen ist es egal, denke ich. Das, was wir heute für “nachhaltig” halten ist in Wahrheit nur eine riesige, dafür andersartige Materialschlacht der Industrie und sorgt einfach nur dafür, daß etwas anderes früher alle wird, was wir aus der Erde holen. Und das von mir aus nicht in der nächsten Generation, sondern dafür in der übernächsten.
@ Урс:
Тэвэ ист куул, вар мит им мал аув
еинем остермарш 😉
@ Sebastian:
Was die mit Absicht auf brutale Lautstärke frisierten Poser oder verhinderten Rennfahrer betrifft sind wir uns offenbar einig. Ich finde es auch gut, dass wir uns hier gelegentlich mal mitteilen, wo so in etwa unser common ground verläuft, viel besser als immer nur die Abgrenzung zu betonen.
Im Falle der „Sportnutzfahrzeuge“ habe ich allerdings das Gefühl, dass wir etwas aneinander vorbei geredet haben: es ist nur eine gängige Übersetzung für SUVs. Für mein persönliches Sprachgefühl wäre „ein Sport ermöglichendes Fahrzeug“ präziser, ist aber nicht gerade griffig. Im angloamerikanischem Raum sind mit dem „Sport“ natürlich in erster Linie Jagen und Fischen gemeint.
Wenn immer mehr Autos immer größer werden, wird auch der Umstieg auf Strom nicht viel bringen.
Ich vermute, dass sehen Sie etwas anders?
Auf Fußball im Park, die Königsdisziplin aller SUV-Fahrer!
@Urs
bezugnehmend auf Ihren Kommentar vom 31.5., sie schrieben:
“nur wegen dieser Kante hat das OVG Bautzen die hier langfahrenden Kfz-Zahlen beider Richtungen der Stadt gemäß der vom Gericht zu Rate gezogenen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) nicht länger erlaubt zusammenzurechnen, wodurch ein Verkehrsaufkommen konstatiert worden wäre, daß hier die Einrichtung von Radwegen auf Fahrbahnniveau nicht erlaubt hätte”
Das deckt sich nicht mit meinem Kenntnisstand. Können Sie ausführen, warum die Einrichtung von – Sie nennen es “Radwegen auf Fahrbahnniveau” , korrekterweise hieße es – Radfahrstreifen bei Belastungsbereich IV verboten sein soll?
Ich möchte noch einmal auf das Thema dieses Threads zurückkommen, nämlich die als Superblock bezeichnete teilweise Kreuzungssperrung mit angeschlossener Spielstraßenausweisung in Volkmarsdorf. Und zwar empfehle ich das Redemanuskript des Fraktionsvorsitzenden der Bündnisgrünen im Stadtrat, Dr. Tobias Peter vom 17.Mai: https://www.gruene-fraktion-leipzig.de/beitrag/rede-von-dr-tobias-peter-am-17-mai-2023-zur-verkehrspolitischen-stunde-im-rahmen-des-berichts-des-oberbuergermeisters.html Ein beeindruckend strukturiertes Manuskript, dessen Aussagen ich zu Teilen teile, zu überwiegenden anderen Teilen nicht. Was Dr. Peter allerdings ganz am Ende an seine große Aussage “Wir bauen diese Stadt für Menschen um.” (sollte man von Перестройка sprechen?), anschließt, ist in Ordnung und richtig: “Und wer aus der Mobilitätswende einen Kulturkampf machen will, wer versucht zu spalten, wird scheitern. Weil wir fast alle nicht nur laufen, nicht nur radeln und nicht nur mit dem Auto unterwegs sind. Wir schaffen es nur miteinander.” Und weil er damit recht hat, obwohl die Floskel “nicht nur mit dem Auto” eben leider doch einen Spin hat, daß Spalten gar nicht geht und es eines Miteinanders bedarf, wird zugleich klar: so wie es gerade angegangen wird, ist das Gegeneinander sicher wie das Amen in der Kirche. “Flächengerechtigkeit” und “Verkehrsgerechtigkeit” sind bestimmt und in verabsolutierter Form ganz sicher Denkmuster, die unterkomplex bleiben, leider.
Die Waldstraße, lieber User “Ralf” hatte vor den Neunzigern, also ich denke, schon in den Siebzigern, in allen ihren Teilen beidseits Radwege. Im bebauten Teil verlief der Weg über Pflastersteinchenuntergrund und war öfter zugestellt, ich erinnere mich an solche großen Drahtgitterboxen von Gemüse- und Lebensmittelläden, die auf dem Radweg rumstanden. Ich zog es damals in den Achtzigern oft vor, doch lieber auf der Fahrbahn zu fahren, und zwar recht flott. Ich erinnere mich, daß einer meiner ehemaligen Lehrer, der großartige Rudolf Obendorf, er würde am 13.6.2023 Hundert, mich damals Wochen später irgendwo traf und meinte “Ich hab’ Dich gesehen, wie Täve!” – so fuhr ich damals durch die Waldstraße (im unbebauten Teil allerdings brav auf dem Radweg, damals wie heute).
> “Da der Platz des Verkehrsraums endlich ist, ist es logisch das die, die aktuell davon viel belegen, abtreten müssen.”
Wäre es so einfach mit der “Gerechtigkeit” und der “Logik”, dann könnten wir den HBF und das Gleisvorfeld, sowie einiges der LVB, direkt abreißen oder unter die Erde legen. Das Argument halte ich für falsch, denn die Leute nutzen am Ende alles irgendwann einmal. Auch der Cityflitzer-Nutzer steht aktuell vor der Thomaskirche im Stau, weil der super häufig genutzte *hüstel* Radweg am Ring eine Spur von der Kreuzung am neuen Rathaus weggenommen hat, so dass pro Ampeltakt nur noch die Hälfte durchfließen kann. Auch der Handwerker, auch der Bus. Dieser angelegte “Gerechtigkeit” Gedanke ist an der Stelle einfach infantil-vereinfachend, so wie das “Eine Stadt für Menschen statt für Autos!” eine auf den ersten Blick hirnlose Parole ist. Die Autos sind ja nicht für Labradore oder den heiligen Geist angeschafft worden, sondern für die Bedürfnisse von MENSCHEN. Eine völlig verschrobene Basis zum Argumentieren wird da manchmal in den Raum gestellt, in der Hoffnung, dass nicht zu Viele Leute darüber nachdenken.
–
> “In den 90er Jahren wurden die Flächen für den KfZ- Verkehr massiv ausgeweitet.”
Die städtischen Radwege Waldstraße, Karl-Heine-Straße, Prager Straße usw. wurden also alle erst in den Nuller Jahren geplant und angelegt? Alles fürs KFZ in den 90ern, kein Blick zur Seite, sollte das jetzt die Suggestion sein?
–
> “Und Parkverstöße bei Großereignissen bzw. generell sollen und müssen geahndet werden. Das ist in jeder Stadt so.”
Dass vorhandene und auch nutzbare Flächen für diesen einen Tag mit einem Parkverbot belegt werden, ein Beispiel hat Urs genannt, hat dennoch ein Geschmäckle. Das ist garantiert NICHT in jeder Stadt so. Was Blockieren von Feuerwehrzufahrten usw. angeht bin ich natürlich bei Ihnen.
–
> “Und ein Kampfbegriff wie “Blechhaufen” ist sinnlos und dumm.”
Der Begriff spricht einfach vom tief sitzenden Hass, oder doch zumindest der Ablehnung dieser Besitztümer.
–
> “Bei „Sportnutzfahrzeugen“ kriege ich aber schon das große Kotzen.”
Das geht mir auch so. Es gibt schöne gut motorisierte oder auch ältere Autos, aber selbst die muss man nicht wie ein Idiot bewegen. Frisierte Auspuffe, provozierte Fehlzündungen, Posing-Gehabe…das alles senkt die Wohn- und Aufenthaltsqualität in der Stadt, und analog zu anderen Städten würde ich mir in Leipzig ein paar mehr Kontrollen wünschen.
Therapie durch vorsätzlichen Schmerz, sehr geehrter User “TLpz”, ist falsch. Das ist schwarze Andragogik/Gynägogik, von Pädagogik nicht zu reden. “Wer nicht hören will muß fühlen” wird nicht helfen. Und ein Kampfbegriff wie “Blechhaufen” ist sinnlos und dumm. Ich kann Sie, sehr geehrter User “TLpz”, nur bitten, sich wenigstens versuchsweise in einen höherdimensionalen Gedankenraum zu begeben als bisher. Ihre Sicht ist zwar fokussiert, aber leider zu eng.
@Urs
Was für ein Geseier! Und ständig dieses Fabulieren, das irgendjemand das Auto verdammt oder aus der Stadt verbannen möchte. Nein, man sollte erkennen, dass sich die Zeiten geändert haben. In den 90er Jahren wurden die Flächen für den KfZ- Verkehr massiv ausgeweitet. Die anderen Verkehrsteilnehmer fielen da gerne unter den Tisch, protestiert oder aufbegehrt hat damals niemand. Mittlerweile hat z. Bsp. der Radverkehr enorm zugenommen. Klar, das diese Nutzer eben auch Ihren Flächenanteil am öffentlichen Raum einfordern. Als durchgängiges nutzbares Radnetz, genauso wie es ein Hauptstraßennetz und durchgängige Führungen von Bundesstraßen durch die Stadt gibt. Da der Platz des Verkehrsraums endlich ist, ist es logisch das die, die aktuell davon viel belegen, abtreten müssen. Und Parkverstöße bei Großereignissen bzw. generell sollen und müssen geahndet werden. Das ist in jeder Stadt so. Es gibt ausgewiesene Parkflächen, andere Bereiche stehen anderen Nutzern zur Verfügung. Darauf haben Autos eben nichts zu suchen. Das Ordnungsamt war diesbezüglich lange untätig, bald wird sich auch herumgesprochen haben, dass auch in Leipzig bei Veranstaltungen Falschparker abgeschleppt werden (abgeschleppt wird ja auch nur bei Behinderung, in Feuerwehreinfahrten o.ä.). Manche lernen eben nur durch Schmerz. Und es ist ja nicht so, das Alternativen zur Verfügung stehen. Das diese hier und da optimiert werden könnten, steht außer Frage. Aber es gibt eben keinem das Recht, seinen Blechhaufen dort abzustellen, wo man andere behindert oder es nicht erlaubt ist.
Das freut mich, lieber User “Ralf”, daß Sie meine Zeilen doch ganz gern lesen, die sich überwiegend an die jeweiligen Autoren der redaktionellen Beiträge richten. Ich schüttle mein Geschreibsel auch nicht aus dem Ärmel. Für https://www.l-iz.de/wirtschaft/mobilitaet/2023/05/eine-petition-fur-die-verkehrsgerechtigkeit-mobilitatsstrategie-2030-gilt-530811#comment-34145 habe ich eine Weile gebraucht, zum Beispiel, ich glaube, ich saß am 2.Mai lange im ICE. Und immer, wenn ich jetzt wie erst am letzten Freitag an der Thomaskirche stehe und auf den Dittrichring gucke, dann sehe ich die Betonkante auf der westlichen Seite des Gleiskörpers und weiß nun, nur wegen dieser Kante hat das OVG Bautzen die hier langfahrenden Kfz-Zahlen beider Richtungen der Stadt gemäß der vom Gericht zu Rate gezogenen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) nicht länger erlaubt zusammenzurechnen, wodurch ein Verkehrsaufkommen konstatiert worden wäre, daß hier die Einrichtung von Radwegen auf Fahrbahnniveau nicht erlaubt hätte, aber die Kante hat dem OVG gereicht, anders als an der Hauptfeuerwache von einer Nichtverbundenheit der Richtungsfahrbahnen zu sprechen, so daß es zur Einrichtung der Radwege an dieser Stelle kommen konnte. Und das ist insgesamt absurd! Denn die Kante war nur zum Schutz des Gleiskörpers vor versehentlichem Befahren auf der nach Süden führenden Fahrbahn gedacht. Niemand wird an dieser Stelle von einer wirklichen Trennung der Fahrbahnen sprechen wollen. Das Gericht hat – ohne Revisionsmöglichkeit – befunden, daß die Kante reicht.
Warum ich das nochmal ausbreite? Weil ich überzeugt bin, daß der von den Enthusiasten, die sich die Verdammung des Kfz allgemein und in der Stadt insbesondere zum Anliegen gemacht haben, als Ansatz erkorene Weg, regulatorische Feinheiten aufzuspüren und mit großem Hebeleinsatz Riesenwirkung zu erzielen oder erzielen zu wollen, die Gesellschaft allgemein und gerade die Stadtgesellschaft unkittbar spaltet und weiter spalten wird. Besonders klar zum Scheitern verurteilt ist der Weg, Ordnungspolitik als Hauptgrundlage für die angestrebten fundamentalen Änderungen einzusetzen. Das kann nicht klappen, wie man an den vermeldeten 700 sanktionierten Parkverstößen sieht, bei denen sich die Verkehrswendeenthusiasten ordentlich echauffieren, womit aber nichts oder so gut wie nichts für Anliegen gewonnen ist, nämlich weniger Leute mit dem Auto oder wegen mir mit dem Töff durch die Stadt gondeln zu lassen. Nichts! Beim nächsten Ereignis mit 100000 Besuchern wird es genauso werden, das Ordnungsamt oder die Abschleppfirma “Topcar” machen einen Reibach, die Verkehrswendeleute regen sich gekünstelt oder ungekünstelt auf, und bald kommt alles wieder so.
Ich habe vor ein paar Monaten mich länger mit Leuten von NuKLa unterhalten können und lernte – Meigl Hoffmann sei Dank – den verdienstvollen Mann kennen, der den EInlaß zum sog. Burgauenbach ein Jahrzehnt lang mehrmals die Woche von Treibholz beräumt hatte (bis man kürzlich eine Reparatur mit Kosten von mehr als 100k€ vorgenommen hatte). Diesen kenntnisreichen Enthusiasten geht es ohne jegliche Eitelkeit u.a. um Naturschutz, und sie kennen sich mit dem Auwald wunderbar aus, andere Leute bestimmt auch, aber darum geht es mir nicht. Das Rosental in seiner gesamten Ausdehnung ist eine deren großer Sorgen. Die Symbiose von Leipzig und Porsche bei “Klassik airleben” auf der Rosentalwiese erscheint denen als Groteske, betrachten sie die Lage des Rosental-Auwalds und des weiteren Auwalds. In Sonderheit daher, daß vor der Kulisse des Zoos auf der Rosentalwiese nahezu alle Beteiligten so tun, als sei alles paletti, was Umwelt- und Naturschutz angeht. Zehntausende huldigen Porsche und dem Gewandhausorchester. Die tagelang abgesperrten Wiesenareale erholen sich erst nach Wochen. Der Zoo, der dem Rosental das Wasser in Größenordnungen entzieht, sonnt sich quasi im Schein von Porsche.
Wir sollten freundlicher zum Rosental sein und diese Show künftig auf die Festwiese übersiedeln! Oder mindestens eine Nummer verkleinert im Rosental weiterführen. Und den Zoo kritisch betrachten. Daß der Rosentalteich trockenfiel hatte insbesondere damit zu tun, daß die schon vor Jahrzehnten gelegte Wasserleitung zum gelegentlichen Nachfüllen stillschweigend außer Betrieb gesetzt worden war (Klaus Staeubert von der LVZ hatte einen aufgetrieben, der noch wußte, daß mal der Schalter für die entsprechende Pumpe im Zoo-Aquarium gelegen hatte). Der Stadtrat, dem man anscheinend viel erzählen kann, glaubte ein Menetekel errichten lassen zu müssen und wollte eine Erinnerungstafel am Rosentalteich anbringen – ohne Kenntnis, daß schon immer ein gelegentliches Nachfüllen erforderlich war. Daß nun wieder Wasser im Teich ist, was man aus einer ihrerseits voll überflüssigen Delphinarium-Baugrube umgepumpt hat, zeigt kurzgefaßt, daß dem Rosental sehr geholfen wäre, wenn der Zoo nicht so einen irren Wasserverbrauch hätte.
Eine Untergangsstimmung zu schüren, lieber User “Ralf”, würde uns alle in den Irrsinn treiben. Und daß sich nicht wenige der Verkehrswende-Enthusiasten – wie ich glaube – zuvorderst selbst ein Ansehen mit ihren Aktivitäten geben wollen, macht sie so ähnlich zu denen, die mit PS posen oder rasen oder früher “Freie Fahrt für freie Bürger” riefen, finde ich. Es war schon immer gut, die Automobilität im Rahmen zu halten. Alle drei Generationen meiner Familie, die ich überblicken kann, wußten das. Mein Opa hat seinen NSU noch in den Dreißigerjahren wieder verkauft, mein Papa fuhr seit ca. 1957 bis 1970 eine RT125, dann erwarb er einen Trabant 500 Bj. 1959. Und in den anderen Familienzweigen so ähnlich. 1990 brach dann auch hier in Leipzig der automobile Wahnsinn aus. Der hatte auch mit den Leuten zu tun, mehr aber noch, daß die einschlägige Industrie es vermocht hatte, die entsprechende Beachtung und den nötigen Einfluß zu bekommen. Loriot hatte bereits in den Achtziger Jahren im seinerzeitigen Westfernsehen mal in einer Samstagabend-Show (wenn ich mich richtig erinnere) die Frage erhoben, wie es sein kann, daß man das Wohl und Wehe der Ökonomie so sehr an der Automobilindustrie der BRD festmache, wo doch alle die Auswirkungen sehen müßten.
Und dann kommen hier und jetzt Leute und verdammen Autos. Da kann ich nur sagen “Mahlzeit!” Leider aber ist das unoriginell. Denn was wir uns überlegen müssen, ist, wie wir ohne als Gesellschaft daran irre zu werden, wieder loskommen. Und genau das sehe ich bei den Aktivitäten, die sich hier entfalten, leider nicht. So werden wir daran irre, wenn etwa Alexander John täglich gewohnheitsmäßig Dutzende von “Gehwegparkern” verzeigt.
Und es ist auch alles eine Frage der Zeitkonstanten, die unser Globus aufweist. So, wie die Ausbeutung der Erde sich in ihren dunklen Seiten und in merklicher Stärke erst mit erheblicher Verspätung zeigt, werden sich auch jegliche Milderungen der Ausbeutung erst sonstwann zeigen. Und das Gute ist, daß es daher jetzt nicht auf Schlagartigkeit ankommt. Es ist sinnlos, quer durch die Gesellschaft aufeinander einzudreschen, etwa mit dem Milchmädchenargument, was der OBM kürzlich ungeniert anbrachte, nämlich, daß ein PKW 23 Stunden am Tag rumstehen würde. Das ist ein oberdummes Argument, denn daraus könnte man genausogut machen, der PKW möge gefälligst mehr rollen. Jeder PKW, der da ist, und sei es ein Tretauto oder ein Krause-Duo, möge bitte moderat genutzt werden, solange es geht. Jedes gemacht Auto ist vergegenständlichte Arbeit, inkl. Ressourcen und Energie. Ein Schlüsseldienst in meiner Nähe hat sein Auto seit 1992. Mehr davon, möchte ich sagen! Den Krempel, den man hat, möglichst lange zu nutzen wäre eine schöne Sache. Stattdessen mustern die LVB gerade den ersten NGT-8 aus, hörte ich, und damit hat die Kiste keine 30 Jahre gehalten! In den Achtzigern fuhren noch Straßenbahnen, die hatten mehr als 50 Jahre zu bieten.
Jeder Tropfen Öl, der bei uns nicht verbrannt wird, wird alsbald woanders auf der Welt verbrannt werden, sagt der frühere UNCTAD-Ökonom Heiner Flassbeck, ein heller Kopf. Wenn wir hier in Leipzig uns wegen Gehwegparken in den Wahnsinn treiben, ist diesem Problem nicht geholfen, wie das Wort Flächengerechtigkeit leider untauglich ist und bleibt und allenfalls zu Kosmetik führen wird. Kosmetik wird uns nicht helfen.
Hallo Urs,
Ihr Beispiel finde ich nicht konstruiert. Ähnliches habe ich auch schon erlebt, einmal bin ich als Autofahrer auch selbst dem Herdentrieb erlegen und habe mich danach tierisch über meine Dummheit geärgert.
Ich habe mal in Ruhe in mich reingehört und mich gefragt, was mich an Ihren Kommentaren in letzter Zeit so verärgert hat. Ich lese Ihre Zeilen ja gerne, Sie interessieren sich offensichtlich für die Welt und die Kultur und können Geschichten unterhaltsam erzählen.
Ich finde Ihnen geht die Empathie ab für jene Menschen, die aufgrund der Klimakatastrophe, des Artensterbens und der zunehmenden Vermüllung und Vergiftung unseres Planeten in echter Panik leben. Das Wort „Klima angst“ mag Ihnen wieder „gedrechselt“ erscheinen, ist aber im Freundeskreis meiner Kinder Teil der Alltagssprache und wird mittlerweile auch in der Psychologie aufgegriffen. Bei mir persönlich hält sich die Panik noch in Grenzen, mich macht das Ganze wahlweise traurig oder wütend. Ich leide besonders mit den Bäumen mit, noch nie habe ich in Leipzig so viele Bäume sterben oder schwer erkranken gesehen wie in den letzten Jahren.
Was ist angesichts der sich anbahnenden Katastrophen denn bitte so schlimm daran, dem MIV vor dem Hauptbahnhof zwei Spuren zu nehmen? Oder den Liviaplatz und die “Superblocks“ auch mal als das zu betrachten, was sie eben auch sind- nämlich wissenschaftliche Feldforschung. Persönlich finde ich die „Superblocks“ bekloppt, ich weiß aber auch, dass Verkehrsforschung jahrzehntelang nur ein Synonym für Optimierungen des MIV war und echte Daten in diesem Bereich nur sehr begrenzt unter Laborbedingungen generiert werden können.
Im übrigen bin ich kein pauschaler Autohasser. Bei „Sportnutzfahrzeugen“ kriege ich aber schon das große Kotzen. 😉
Also, nichts für ungut und auf unser schönes Leipzig. Und Dieter Bohlen natürlich- das Sportnutzfahrzeug aus Camp David.
@Urs:
Mit 1991 könnten Sie recht haben. Da ich den Zeitpunkt nicht mehr wusste bezog im mich auf den Zeitpunkt als ich davon vor Ort erfuhr.
Herdentrieb ist manchmal etwas doch seltsames.
@Ralf:
“Zumal Autos deutlich gefährlicher und schädlicher sind”
Da möchte ich bei normalen Fahrrädern mitgehen. Bei den Lastenfahrrädern nicht unbedingt. Solange es keine TÜV-Pflicht für Lastenfahrräder gibt (ein paar Kontrollen der Verkehrstüchtigkeit durch die Polizei abgesehen) werden mir noch lange Eigenkostruktionen begegnen, wo ich mir denke mit denen möchte ich nicht als Fussgänger kollidieren.
Gestern, lieber User “Ralf”, bin ich an einer Kreuzung fast von einem PKW vom Rad gefahren worden. Und das kam so: ich näherte mich der Kreuzung, die Ampel zeigte Grün. ungefähr zehn Meter hatte ich noch, da querten drei Radler, die ihrerseits offensichtlich ein Rotsignal überfuhren, den Weg. Ich war gerade dabei das zu ignorieren und weiterzufahren, passierte die Ampel, da saust in der derselben Richtung wie die drei “Querulanten” ein PKW heran, ich kam gerade so zum Halten, die Leute aus dem PKW mit auswärtigem Kennzeichen glotzten mich erschrocken an. Der Fahrer hatte anscheinend in einer Art Herdentrieb sich den Radlern angeschlossen, zumal die Sonne tiefstand. Etwas abstrakt ausgedrückt, Fahrlässigkeit von Radlern ist ab und zu nicht ganz rückwirkungsfrei auch für ganz andere Verkehrsteilnehmer. Klingt alles konstruiert, ist es aber nicht.
Herdentrieb ist bisweilen kurios, neulich kam ich zur Zeit des Endes eines Auftritts von Dieter Bohlen an der Kreuzung der Jahnallee zur Marschnerstraße entlang. Vor meinen Augen spielte sich, anscheinend als Nachwirkung des unsäglichen Unterhaltungskünstlers, folgende Szene ab: Der erste Linksabbieger bog verpeilt auf die Gegenfahrbahn ein, auf deren linker Spur gerade kein Auto wartete, und gleich zwei andere folgten hinterdrein. So geht Geisterfahren im Corso, beflügelt von Dieter Bohlen.
Also wenn ich mich richtig erinnere, lieber User “fra”, war das 1991 schon so in Tokio, daß man gefälligst einen Parkplatz für sein eigenes Auto haben mußte. Genau wie man als Motorradfahrer nachweisen mußte, daß man es, sollte es umfallen, auch wieder mit eigener Kraft aufrichten kann. Ich habe Freunde in Higashi-Jujo (Ost-Jujo), einem nordwestlichen Teil Tokios, die wollten mich eines Spätabends noch mit ihrem winzigen Kleinwagen nach Hause fahren (auch in Tokio gibt es einen Dienstschluß bei der U-Bahn), und schon nach 20 Minuten flotten Fußwegs erreichten wir den Parkplatz, der damals eine Jahresmiete aufrief, die höher lag, als der gesamte Restwert des Kleinwagens. Überhaupt erinnere ich mich an sehr niedrige Gebrauchtwagenpreise in Tokio damals.
Vergessen wir nicht, Tokio hat eine Einwohnerdichte von mehr als viereinhalbtausend pro km², Leipzig ca. zweitausend. Tokio hat weit überwiegend kleine (Holz-)Häuser und belegt daher extraordinär viel Fläche. Die japanische (Stadt-)Gesellschaft ist in schlechtem Zustand, Arbeitsstätten im Hamsterradformat, wenige Familien, haufenweise Alleinstehende, Einsamkeit, Pachinko-Spielhöllen, wirtschaftliche Rezession seit den Achtzigern. All das könnte uns auch blühen. Dann, so könnte man prognostizieren, hätten sich dann auch die lästigen Autodebatten erledigt, wenn sich nämlich Automobile nur noch die Oberklasse leisten können wird, die leistet sich ja jetzt schon die raumgreifende automobile Oberklasse.
@fra:
Was die Radlerinnen betrifft muss ich Ihnen zustimmen, viele fahren wie die gesengte Sau. Solange aber jeder Radfahren darf, egal ob er schon mal was von rechts vor links gehört hat oder Verkehrszeichen lesen kann, finde ich es schwierig, da Auto und Rad direkt miteinander zu vergleichen. Zumal Autos deutlich gefährlicher und schädlicher sind.
Das Modell aus Tokio finde ich natürlich gut. Auch von Kopenhagen und Amsterdam können wir hier noch viel lernen. In Amsterdam wird übrigens seit Längerem über ein Tempolimit für E-bikes diskutiert, auch das kann ich voll nachvollziehen.
@Urs:
Seit 2018 gilt in Tokio:
“In der Metropole Tokio kann man nur dann ein neues Auto zulassen, wenn man nachweisen kann, dass man auch einen Parkplatz dafür hat. Dies wird dadurch unterstützt, dass dort auch radikal abgeschleppt wird.”
Wie lautet die “Lösung aus Tokio”, lieber User “fra”? Ich kannte nur “Woman from Tokyo” als Rock-Song.
Als ich vor mehr als 30 Jahren ein halbes Jahr in Tokio lebte, bin ich übrigens von Kita-Ayase (Nordteil des nördlichen Stadtteils Ayase, meinen Strom bezog ich damals übrigens von Tepco, der Firma von Fukushima) bis zur Ginza im Zentrum mit dem Rad gefahren – mal sonntags. Wochentags wäre mir das albern lang und zudem abenteuerlich vorgekommen (es ist seltsam im Linksverkehr zu radeln, zudem z.T. auf mehrspurigen Straßen), da nahm ich immer die Chiyoda-Linie, die grüne U-Bahn.
Ich lese in den Beiträgen von Urs in der letzten Zeit zunehmend investigative Fakten (Details des Gerichtsbeschlusses zum Radfahrverbot auf dem Ring) und ziemlich interessante Zusammenhänge (Hintergründe wie in seinem Beitrag hier im Kommentarbereich), die ich mir eigentlich in dieser Zeitung im Artikelbereich wünschen würde. Ich bin ihm sehr dankbar für die Mühe, die dahinter steckt. Auch wenn, von mir aus, der Stil manchmal altklug, oder besser gesagt etwas altdeutsch geschrieben, wirken mag. Darüber kann ich persönlich aber locker hinweg lesen, wenn ich dafür Dinge erfahre, die ich sonst eben nicht erfahre (erfahren soll?).
–
Verkehrsberuhigte Bereiche (wenn auch nicht Superblocks * buzzword*) kennt man doch auch aus anderen Städten im Westen. Ich hab solche Plätze in Tübingen gesehen oder kürzlich in Offenbach. Es kommt genau das NICHT heraus, was sich die smart-Parking-day-Fans so wünschen: Cafés und Kinderfeste. Die Plätze, um die die Autos dann höchstens drumherum schleichen können, sind auch bloß nicht belebter als ganz normale Bänke ohne großes Tamtam-Konzept aus Barcelona. Tagsüber habe ich das ein oder andere Kind, auch mal zwei Omas gesehen, gegen Abend sitzt dort ganz anderes Klientel.
@Ralf:
Wie man aus der Zeitung erfährt ignorieren auch Fahrradfahrer die Geschwindigkeitsbegrenzung in Berlin. Versuchen es sogar per Gerichtsbeschluss eine Ausnahme von Geschwindigkeitsbegrenzungen zu erwirken.
Ich bin für die Lösung aus Tokio, dafür hat die Politik aber keinen Mut.
Mensch Urs,
im Wrangelkiez in Kreuzberg gibt es schon lange Spielstraßen. Direkt da wo der Bärliner steppt. Infos dazu findet man bei den Grünen Xhain. Dort erfährt man auch, wie ich aus eigener langjähriger Erfahrung bestätigen kann, dass die mit Spielstraßen verbundene Geschwindigkeitsbegrenzung von den meisten Autofahrern schlicht ignoriert wird. Kontrolliert werden da höchstens Kiffer, weeste Bescheid, wah?
Ihre Beiträge empfinde ich als zunehmend selbstverliebt und altklug. Bitte machen Sie nicht den gleichen Fehler wie so viele mit einer guten Schreibe: Nehmen Sie sich nicht zu wichtig.
Nachdem nun am Pfingswochenende, lieber Autor, in der “Autofahrerzeitung” LVZ die vor einiger Zeit von der Süddeutschen Zeitung zur LVZ gewechselte Redakteurin Antonie Rietzschel, die vor einer Woche übrigens in der bekannten DLF-Sendung “Kontrovers” zum Thema “Neue Ost-West-Debatte: Worüber muss Deutschland reden?” zugeschaltet war, sich des Themas “Hildegardstraße/Ludwigstraße” bzw. “Superblocks Leipzig e.V.” angenommen hat und unter der Überschrift “Verkehrsberuhigte Straße im Osten – nicht alle finden das gut” die ganze erste Seite des Lokalteils damit ausfüllt, erfährt die Öffentlichkeit deutlich mehr als bisher über die Zusammenhänge.
Und da fällt es ins Auge, daß die Radverkehrswelttagung eben doch nicht unmaßgeblich gewesen ist:. Frau Rietzschel schreibt: “Verantwortlich für die Anordnung der verkehrsberuhigten Zone ist die Stadt – und die hatte dem Verein „Superblocks“ wenig Hoffnung gemacht, dass eine Eröffnung im Frühjahr, anlässlich der Weltfahrradkonferenz „Velo-City“ möglich ist. Doch dann sollten sie innerhalb weniger Tage einen Antrag auf Sondergenehmigung stellen, weil sich letzte Details plötzlich gelöst hatten.” All das hatte Frau Rietzschel von einer gewssen Ariane Jedlitschka erfahren, die vor Jahren einen “Superblocks Leipzig e.V.” wahrscheinlich mitgegründet hat und jedenfalls jetzt leitet, und zudem genau dort im fraglichen Bereich der Hildegardstraße, der seit 11.Mai eine Spielstraße ist, wohnt.
Daß zugleich die Kreuzung zur Ludwigstraße für Kfz nur noch Rechtsabbiegen erlaubt, wurde zwar bisher als Hauptsache verbreitet, was aber, ich habe mir das heute mal selbst angeguckt, den eigentlich Impact ausmacht, ist das implizite Parkverbot, was eine Spielstraße eben mit sich bringt. Und nun ist Ariane Jedlitschka zusammen mit Dr. Tobias Peter, der die Fraktion der Bündnisgrünen im Stadtrat ko-leitet (und beruflich persönlicher Referent des sächsischen Staatsministers für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft Wolfram Günther ist), sehr traurig, wie das LVZ-Bild von Eyad Abou Kasem unter https://www.lvz.de/lokales/leipzig/superblock-nahe-eisenbahnstrasse-in-leipzig-wem-gehoert-der-kiez-KSR2DKKKKNA3DFI6KZAYXXVNC4.html ausweist, daß sich andere Anlieger der neuen Spielstraße aufregen. Frau Rietzschel zitiert eine Anonyma, die sich an die LVZ gewandt hatte in indirekter Rede: “Leute wie Ariane Jedlitschka seien Gutmenschen, die zwar von Miteinander und demokratischer Teilhabe sprechen, aber nur ihren Idealismus durchsetzen wollen. Sie warnt, dass Projekte wie diese die Gentrifizierung verstärken.” Soweit ich das sehe, ist Frau Jedlitschka in Genossenschaften engagiert, daß Genossenschaften nach meiner eigenen Überzeugung die eigentlich gesellschaftlich besten Organisationsformen sind, deutet eher nicht auf Gentrifizierung als Absicht hin, aber daß es quasi unabsichtlich auch um die Eisenbahnstraße Gentrifizierungseffekte geben kann, ist vorstellbar.
Daß der Verein “Superblocks” anscheinend von seinem eigenen Verbündeten Thomas Dienberg überrascht worden ist und kaum Zeit und Gelegenheit hatte, im Quartier dort über die Sperrung/Spielstraße zu informieren oder gar für das Vorhaben Einverständnis einzuholen, ist eigentlich ein Treppenwitz. Daß nun aus dem Quartier ein Gruppe von 20 Gewerbetreibenden einen Protestbrief an Dienberg schrieben und sich beklagen, lasen wir leider nicht in diesem Medium, lieber Autor. Daß Frau Rietzschel schreibt “Einer Sprecherin der Stadt zufolge wolle man in den kommenden Wochen auf die Unterzeichner des Briefes zugehen, um über Anlieferungszonen und zusätzliche Sitzmöglichkeiten auf der Straße zu sprechen.” deutet allerdings bereits darauf hin, daß man aneinerander vorbeiredet: Sitzmöglichkeiten auf der Straße sind bestimmt nicht das Kernanliegen der Gewerbetreibenden.
Ich sah heute, daß trotz Spielstraßenstatus im fraglichen Bereich fast alle Straßenränder mit Autos vollgestellt waren. Da wird der Verein “Superblocks” noch oft das Ordnungsamt rufen können, wie Frau Rietzschel schreibt. von den drei hingeklatschten runden Sitzgelegenheiten waren tatsächlich auf einer zwei in ein Schachspiel versunkene augenscheinliche Studenten zu sehen. Puh, dafür hat es sich gelohnt, muß ich sagen. Ich sah auch noch eine blaue Taxisäule aus seliger DDR-Zeit. Wo sind nun eigentlich die Warteplätze für Taxis, die auch im fraglichen Abschnitt der Hildegardstraße lagen, hin?
Frau Jedlitschka und ihr Verein, die anscheinend nicht mit wütender Ablehung ihres Vorhabens gerechnet haben, müssen sich fragen lassen, wie sie auf eine solche Sicht gekommen sind. Wenn ich mir die Ecke zur Eisenbahnstraße angucke (es ist mir nach wie vor auch unklar, wieso man diese Straße in den Neunzigern so verschmälern konnte), sehe ich, daß dort der Bär steppt, so ähnlich wie in Neukölln oder Kreuzberg in Berlin. Würde man dort eine Spielstraße unmittelbar an eine solche pulsierende Hauptstraße pappen?