Es war eine schwere Geburt. Und noch lange wird nicht gebaut. Denn seit 2012 beschäftigt die Umverlegung der Gleistrasse in Mockau aus der Kieler in die Mockauer Straße den Stadtrat und den Stadtbezirksbeirat Nordost. Ursprünglich sollte sie 2016 schon gebaut werden. Aber dann waren die ersten Pläne schon wieder Makulatur. 2020 entschied der Stadtrat, dass 2024 gebaut werden soll. Aber auch das ist nicht mehr zu schaffen. Dafür wird endlich ernsthaft geplant.

Die Vorlage zu der Neubautrasse war am 20. April Thema im Stadtrat und ganz kurz schien die Debatte auch hier wieder in eine ausführliche Diskussion über die Verkehrszukunft Leipzigs abzugleiten. Aber dann stellte auch CDU-Stadtrat Falk Dossin erfreut fest, dass diese Trasse „seit vielen, vielen Jahren die erste Neubaustecke“ der LVB in Leipzig ist. Die letzte gab es in den 1990er Jahren.

Was lange gärt

Gleichzeitig macht dieses nun schon seit Jahren gärende Projekt deutlich, dass Leipzig beim Ausbau des ÖPNV, insbesondere des Straßenbahnnetzes, viel zu lange braucht, bis tatsächlich etwas passiert. Umso seltsamer fand es dann Linke-Stadtrat Steffen Wehmann, dass in der Vorlage trotzdem kein Zeitplan zu finden ist, wann die Strecke denn tatsächlich gebaut werden soll.

Nur die vage Formulierung gibt es, dass es „in den nächsten drei bis fünf Jahren“ so weit sein soll. Das sind – für die Menschen, die eigentlich den ÖPNV nutzen wollen – elend lange und letztlich ein unzumutbarer Zeitraum.

Die Vorlage zur Vorplanung Mockauer Straße/Tauchaer Straße.

Was auch daran liegt, dass Leipzig in einem riesigen Neubaustau steckt, was Straßen und Brücken betrifft. Jahrelang fehlten schlichtweg die notwendigen Planer, um die Projekte voranzutreiben, waren Förder- und Eigenmittel knapp. Und jetzt fliegen auch Leipzig die explodierenden Kosten am Markt um die Ohren.

Ob die Stadt und LVB nun bei der Gleistrasse in der Mockauer Straße mit den geplanten 16,8 Millionen Euro (Stadt) und 13,3 Millionen Euro (LVB) klarkommen, wird man erst sehen, wenn der konkrete Baubeschluss vorliegt.

Parkplätze und Baumerhalt

Dazu müssen die Planungen auch noch um die Punkte ergänzt werden, die am 20. April vom Stadtrat festgelegt wurden.

Der Änderungsantrag der Linken musste nicht extra beschlossen werden, denn am 31. Oktober will Baubürgermeister Thomas Dienberg sowieso eine aktualisierte Liste mit allen Straßenbauprojekten in Leipzig vorlegen – mit neuer Priorisierung, sodass die Ratsmitglieder dann endlich erfahren, welche Projekte in welchem Zeitraum gebaut werden sollen.

Da sollte der Trassenneubau in Mockau ganz oben mit dabei stehen, sonst dürften gerade die Mockauer, nachdem sie schon über zehn Jahre dieses Projekt vor Augen gehabt hatten, deutlich frustriert sein. Ganz zu schweigen davon, dass die Gleise in der Kieler Straße längst so heruntergefahren sind, dass hier dringend Ersatz geschaffen werden muss, wenn nicht noch einmal Millionen in die Gleisinstandsetzung fließen sollen.

Was CDU- und Grünen-Fraktion noch eingebracht haben, sind Prüfaufträge. Die CDU-Fraktion hat eine Verlegung der Quartiersgarage ins Spiel gebracht, auch um die Umsteigebeziehungen am S-Bahn-Haltepunkt Mockau zu verbessern, außerdem die Frage nach einem Stellplatzerhalt auf der Tauchaer Staße gestellt.

Beides sieht Baubürgermeister Thomas Dienberg skeptisch.

Und auch den Grünen stimmte er nur zurückhaltend zu. Diese wünschen sich die Prüfung eines möglichst weitgehenden Erhalts der gewachsenen Bäume. Und wenn Erhalt oder gar Umpflanzung nicht möglich sind, eine frühzeitige Ersatzpflanzung. Grünen-Stadträtin Kristina Weyh verwies dazu auf die aktuellen Streitigkeiten am Wilhelm-Leuschner-Platz, wo genau dieser Grünerhalt in den frühen Planungen schlichtweg negiert wurde.

Das aber geht so nicht mehr in einer vom Klimastress geplagten Stadt. „Da müssen wir deutlich besser werden“, mahnte Weyh.

Einhellige Zustimmung

Das Ergebnis: Alle gewünschten Prüfaufträge wurden von diversen Stadtratsmehrheiten angenommen. Und für die Gesamtvorlage gab es das erstaunlich seltene Ergebnis einer einhelligen Zustimmung aller Stadtratsfraktionen. Was man auch als Aufforderung interpretieren kann, die Stadt solle beim ÖPNV-Ausbau jetzt wirklich endlich zeigen, was möglich ist, wenn man nur will.

Und wann nun in Mockau gebaut wird, das werden wir wohl, wenn Thomas Dienberg und seine Mitarbeiter den Termin schaffen, am 31. Oktober endlich wissen.

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