Kristina Weyh, die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Stadtrat, brachte es in einer kurzen, pointierten Rede am 15. März auf den Punkt: Radfahrerinnen und Fußgänger hätten für 5 Millionen Euro eine 5 Meter breite Brücke über die Nahle bekommen können. Jetzt bekommen sie für dasselbe Geld nur eine vier Meter breite Brücke. In einem Großteil des Stadtrates ist das Thema „Fahrradstadt Leipzig“ einfach noch nicht angekommen.
Bei kleinsten Gegenargumenten fallen sie um. In diesem Fall dem mit 2,70 Meter viel zu schmal bemessenen Asphaltweg zwischen Neuer Luppe und Nahle, den die Deutsche Bahn als Ersatz für den ursprünglichen Heuweg gebaut hat.
Schön in Serpentinen durchs Gelände, aber nicht ansatzweise so, wie ein Radhauptweg in Leipzig aussehen müsste, wenn die zuständigen Ämter das Radverkehrsentwicklungskonzept auch nur im Ansatz ernst nehmen würden.
Was sie nicht tun. Stimmt. Der ADFC hat es ja vorgerechnet, dass aus dem Radverkehrsentwicklungsplan 2010 (der freilich erst 2012 beschlossen wurde) bis 2020 nur ein Drittel der Maßnahmen umgesetzt wurden. Die zuständigen Ämter waren einfach eingeknickt, als die Leipziger Autolobby sofort Sturm lief, als 2012 die ersten neuen Radfahrstreifen aufs Pflaster gemalt wurden.
Ergebnis: Ein bis heute unzureichendes und lückenhaftes Radnetz, das nirgendwo wirklich zeigt, dass Radfahren in Leipzig tatsächlich einmal komfortabel, selbstverständlich und sicher sein könnte.
Auch nicht am Heuweg. Hier wurde der Naturschutz bemüht, um den viel zu schmalen von der Bahn projektierten Weg zu genehmigen. Und damit eine Engstelle auf dem Heuweg zu schaffen, der Leipzigs Norden mit dem Westen direkt verbindet und direkten Anschluss zum Elsterradweg schafft.
Und weil der Weg so schmal ist, fand die Freibeuter-Fraktion, muss auch die Brücke schmaler sein. Erst im Januar 2022 hatte die Ratsversammlung die Vorlage der Stadt, den Nahlesteg nur auf vier Meter Breite neu zu bauen, abgelehnt und eine Verbreiterung auf fünf Meter beschlossen.
Den Antrag gestellt hatten drei Fraktionen: Grüne, Linke und SPD.
Doch im September 2022 fiel die SPD-Fraktion dann einfach um und stimmte dem Antrag der Freibeuter zu, doch wieder den ursprünglich auf vier Meter geplanten Steg zu bauen. Ein sehr seltsames Abstimmungsergebnis, das durch die Stimmen von AfD, CDU, Freibeutern und SPD zustande kam.
Da 2022 nicht mehr gebaut werden konnte, mussten natürlich die Baukosten neu kalkuliert werden. Das Ergebnis legte das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) im Januar vor. Aus den ursprünglich 2,9 Millionen Euro waren nun 5,2 Millionen Euro geworden, weil die Preise auf dem Markt gerade 2022 rasant gestiegen waren.
Für das Geld hätte man auch eine fünf Meter breite Brücke haben können, brachte Kristina Weyh ihren Unmut für diesen am Ende seltsamen Rückschritt zum Ausdruck.
Die neue Vorlage des VTA zum Nahlesteg.
Sie machte es kurz. Auch wenn sich OBM Burkhard Jung sogar seufzend gewünscht hatte, es möge gar keiner mehr zu der neuen Stadtratsvorlage mit dem Baubeschluss sprechen wollen. Man wollte ja diesmal das Tagesprogramm der Ratsversammlung an einem Tag durchziehen.
Im Grunde wurde sein Wunsch erfüllt, denn Kristina Weyh begründete mit ihrer kurzen Rede nur, warum sich die Grüne-Fraktion in der Abstimmung diesmal enthalten würde.
Auch die Linksfraktion enthielt sich weitgehend. Denn diese Entscheidung für einen schmaleren Steg lässt schon ahnen, wie schwer es in Zukunft sein wird, weitere Fortschritte für den Radverkehr in Leipzig durchzusetzen. Noch steht ja auch die Fortschreibung des Radverkehrsentwicklungsplans aus, die eigentlich vor drei Jahren schon hätte vorliegen müssen.
29 Stadträtinnen und Stadträte stimmten am Ende dem Neubau des Nahlestegs mit vier Meter Breite zu, 24 enthielten sich der Stimme. Ein „Nein“ hätte andererseits die Sache natürlich noch weiter verzögert und das Risiko erhöht, dass der jetzige Nahlesteg wegen Baufälligkeit ganz gesperrt werden würde.
Das VTA hatte auch noch zusätzlich Druck gemacht: „Eine weitere Verschlechterung zöge weitere Einschränkungen bis hin zur Vollsperrung nach sich. Sollte das Bauwerk z. B. im Falle eines Hochwassers versagen, können Schäden am im Unterstrom gelegenen Brückenbauwerk der Deutschen Bahn nicht ausgeschlossen werden, welche entsprechend Verursacherprinzip zulasten der Stadt Leipzig zu regulieren wären. Ohne die Maßnahme erhöht sich zudem sukzessive der Instandhaltungsaufwand.“
Es gibt 4 Kommentare
@Thomas_2:
“Oder weil die Deutsche Bahn gebaut hat und für die gelten andere Vorschriften?”
Das ist in Deutschland leider so, für ein für den Bahnverkehr gewidmeten Bereich gelten andere Vorschriften bzw. müssen gewisse Vorschriften nicht beachtet wenden. Dieses Recht existiert noch aus Kaiserzeiten, wo die Bahn ein Staatsunternehmen war.
Asphaltiert!
Geht also doch?
Ist da ein anderer Sachbearbeiter zuständig? Oder wird in der Stadtverwaltung gewürfelt?
Oder weil die Deutsche Bahn gebaut hat und für die gelten andere Vorschriften?
Ma weeß es nisch…
Ein Spaziergänger mit Hund, mit dem ich heute unweit der Brücke ins Plaudern kam, meinte, er sei dienstlich mit dem Neubau der Eisenbahnbrücken befaßt gewesen, und die DBAG hätte der Stadt angeboten gehabt, auch gleich die fragliche Fußgänger-Radfahrer-Brücke (Nahlesteg) neu zu bauen, das aber hätte die Stadt abgelehnt. Trifft das zu, und wenn ja, was für Nachteile oder Unwägbarkeiten oder was auch immer sprachen damals dagegen?
Ja, danke SPD, für diesen Schildbürgerstreich mit den Freibeutern.
Nun bekommen wir recht spät eine teure schmale Brücke, und haben obendrein einen zu schmalen Heuweg, der aber immerhin asphaltiert ist!
Und das im LSG / SPA. Unerhört.
Das, was im südwestlichen Leipzig bisher überhaupt nicht geht, da man die für eine Hauptradwegeverbindung so passenden geschlämmten Wege so schätzt…
🙂