Dieser kleine Disput in der Stadtratssitzung am 14. Dezember 2022 hatte dann doch noch ein Nachspiel und einige etwas verschnupfte Anrufe zur Folge. Auch wenn es Baubürgermeister Thomas Dienberg nicht so gemeint haben mag. Aber beim Eigentümer des Jahrtausendfeldes an der Karl-Heine-Straße kam das Ganze doch wie der geballte Vorwurf an, er bremse die Entwicklung auf dem für die Stadt so wichtigen Grundstück aus. Am 5. März legte die Linksfraktion noch einmal nach.
Denn da nichts anderes zu hören war, ging inbesondere Linke-Stadtrat Volker Külow davon aus, dass es tatsächlich so ist, dass die Gespräche mit dem Eigentümer seit zwei Jahren stocken und deshalb auch die Schulbaupläne auf dem Jahrtausendfeld nicht in die Stiefel kommen.
Also fragte die Linksfraktion noch einmal nach, denn wenn ein Grundstück derart für wichtige Investitionen der Stadt blockiert ist, kommt irgendwann der Stadtrat ins Spiel.
In der Ratsversammlung am 14. Dezember stand die Anfrage von Volker Külow „Stand der Umsetzung der Beschlussfassung zum Jahrtausendfeld“ (Nr. VII-F-07981-AW-1) auf der Tagesordnung.
Antwort aus der Dezember-Ratsversammlung zum Stand am Jahrtausendfeld.
„In der Frage ging es darum, wie der im Februar 2021 vom Stadtrat beschlossene Antrag VII-A-01781 ‚Jahrtausendfeld bis 2022 entwickeln – Dialogverfahren durchführen und B-Plan aufstellen‘ bis dahin umgesetzt worden ist. In dem Beschluss wurde die Stadtverwaltung seinerzeit beauftragt, ‚bis zum Ende 2022 ein B-Plan-Verfahren entsprechend § 1 Abs. 3 BauGB für die Grundstücke 583, 583/a, 748, 775 und 775/2 einzuleiten.‘
Weiterhin wurde beschlossen, dass ‚dem B-Plan-Verfahren vorgelagert im Jahr 2021 ein Dialogverfahren durchgeführt (wird), in welches Bürgerinnen und Bürger und alle relevanten Stadtteilakteurinnen und -akteure einzubeziehen sind‘“, heißt es in der neuen Anfrage der Linksfraktion, zu der es am 15. März nun ein neues kleines Geplänkel in der Ratsversammlung gab.
Nur dass Thomas Dienberg jetzt deutlich zurückhaltender war in den Aussagen zum Geländeeigentümer, der Stadtbau AG.
Auch 2022 gab es weitere Gespräche
Das zeichnete sich schon in der schriftlichen Antwort auf die Linke-Anfrage ab, denn Külow und Dienberg hatten sich nach der Ratsversammlung im Dezember noch einmal versucht zu verständigen. Nur war Külow danach noch nicht so richtig zufrieden: „In Beantwortung meiner mündlichen Nachfrage zur o.g. genannten Antwort erklärte der zuständige Bürgermeister und Beigeordnete, Herr Thomas Dienberg, am 14. Dezember 2022 u. a. wörtlich, dass er ‚mehrere Gespräche zur Person mit dem Eigentümer (des Jahrtausendfelds – V.K.) geführt‘ habe, dieser aber den angebotenen „Dialog (…) nicht will“.
Damit wurde öffentlich durch die Stadtverwaltung erklärt, dass ausschließlich die Eigentümerin des Jahrtausendfeldes die Verantwortung dafür trägt, dass es zwei Jahre Stillstand bei der Umsetzung des Stadtratsbeschlusses gegeben hat. – Da gegenüber dem Fragesteller gesetzliche Vertreter der Eigentümerin unmissverständlich bestreiten, dass es entsprechende Gespräche mit ihnen zur Umsetzung des o.g. Stadtratsbeschlusses zum Jahrtausendfeld gegeben habe …“
Die neue Antwort zum Jahrtausendfeld aus der Ratsversammlung vom 15. März.
Ein recht unübersichtliches Minenfeld.
Aber Thomas Dienberg wollte den Schwarzen Peter nicht in seinem Dezernat liegen lassen.
„Die Stadtverwaltung ist an der integrierten, bedarfsgerechten und baldigen Entwicklung des Jahrtausendfelds sehr interessiert. Der Baubürgermeister Thomas Dienberg hat in der genannten Ratsversammlung nicht die Dialogbereitschaft der Grundstückseigentümerin infrage stellen wollen, sondern ausdrücken wollen, dass vor Beginn eines Dialogverfahrens die Grundlagen für die Flächenentwicklung auf beiden Seiten geklärt sein müssen.
Über die ggf. missverständliche Formulierung hat sich Herr Dienberg sowohl mit der Grundstückseigentümerin als auch dem Fragensteller ausgetauscht“, formulierte das Dezernat nun ganz vorsichtig, wie es nach der Dezembersitzung dann doch in den Telefonleitungen geknistert haben muss.
„In 2022 waren die Eckpunkte für ein Dialogverfahren noch nicht geklärt. Dies betraf sowohl den Eigentumsübergang an die heutige Grundstückseigentümerin als auch die Bedarfsprüfung für eine weiterführende Schule (siehe dazu die Beantwortung der Anfrage VII-F-07981).“
Das ist wohl wie auf großem politischem Parkett. Bevor man wirklich verhandelt, müssen die Gespräche erst einmal vorsichtig und protokollarisch angebahnt werden.
Zeitnah die nächsten Gespräche
„Nun, nach Klärung dieser Eckpunkte, haben sich der Baubürgermeister und die Grundstückseigentümerin vereinbart, zeitnah die Gespräche für die Vorbereitung der Flächenentwicklung aufzunehmen“, atmet das Baudezernat auf.
„Ziel der Stadtverwaltung ist es, – entsprechend der Beschlusslage – ein Bebauungsplanverfahren mit einem vorgeschalteten Dialogverfahren durchzuführen, dies alles in guter Zusammenarbeit mit der Grundstückseigentümerin.“
Das Dialogverfahren scheint also alsbald beginnen zu können.
Die Gespräche aber, so betont das Baudezernat, seien nie abgerissen: „Die Stadtverwaltung ist mit der Grundstückseigentümerin des Jahrtausendfelds fortlaufend im Gespräch zu einer Vielzahl von Entwicklungsmaßnahmen im gesamten Stadtgebiet. In den Abstimmungsgesprächen zwischen Herrn Dienberg und der Grundstückseigentümerin, die teils protokolliert wurden, teils nicht, war und ist das Jahrtausendfeld eines von mehreren Themen. – Das zuletzt protokollierte Gespräch zum Jahrtausendfeld fand am 17.05.2022 statt.
Dabei wurde die Abhilfe des Widerspruchs und das Negativzeugnis als Voraussetzung für ein B-Plan-Verfahren thematisiert. Zudem wies der Baubürgermeister auf die Ziele des Stadtrats und der Stadtverwaltung hin, das Jahrtausendfeld als nutzungsgemischten Standort für die Themen Schule, Wohnen, Grünraum zu entwickeln.“
Also keineswegs das von Volker Külow unterstellte „Nichtstun seit 2021“.
Lauter Missverständnisse
Aber das Missverständnis hat eben doch für gehörige diplomatische Verwicklungen gesorgt, wie das Baudezernat feststellt: „Es gab einen Briefwechsel und ein Telefonat zum Ausräumen des Missverständnisses über fehlende Dialogbereitschaft und zur Verständigung über die nächsten gemeinsamen Schritte zur Entwicklung des Jahrtausendfelds.“
Und Volker Külow hatte auch Unrecht damit, Thomas Dienberg ein „Dienstvergehen durch unrichtige und/oder unvollständige Angaben zur Aufgabenerfüllung der Verwaltung gegenüber dem Stadtrat“ zu unterstellen und den OBM wegen Disziplinarmaßnahmen anzufragen.
Die sachliche Antwort aus dem Baudezernat dazu: „Der Oberbürgermeister hat den zuständigen Fachbürgermeister mit der Flächenentwicklung des Jahrtausendfelds beauftragt und lässt sich anlassbezogen berichten. Der Oberbürgermeister sieht keinen Anlass für ein Dienstvergehen.“
Da war es schon erstaunlich, wie ruhig dann Dienberg am 15. März auf weitere Nachfragen von Volker Külow reagierte. Was nichts daran ändert, dass das Jahrtausendfeld augenscheinlich ein Jahrhundertprojekt ist und es wohl noch eine geraume Zeit dauern wird, bis im Dialogverfahren geklärt ist, ob und wann dort die dringend benötigte Schule gebaut werden kann.
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