Das klรคrende Wort kam dann letztlich von Linke-Stadtrat Sรถren Pellmann, nachdem sich die Ratsversammlung schon ausgiebig mit den รnderungsantrรคgen von Linksfraktion und AfD zum Baubeschluss fรผr die Auslagerungsschule Paunsdorf in der Klettenstraรe beschรคftigt hatte. Letztlich kreiste die ganze Sache nur noch um die Frage: Braucht auch eine Interimsschule vรถllige Barrierefreiheit oder nicht?
Der Planungsbeschluss fรผr diese Interimsschule stammt aus dem Jahr 2021. Jetzt geht es ums Bauen der Modulschule: โAm Standort Klettenstraรe 43 soll eine Auslagerungsschule auf einer ehemaligen Sportplatzflรคche errichtet werden, damit die anstehenden Komplexsanierungen der Oberschule Paunsdorf sowie der Grundschulen Brรผder-Grimm und Theodor-Kรถrner gemรคร der aktuellen Schulbaustrategie (VII-DS-07361-NF-04) durchgefรผhrt werden kรถnnenโ, heiรt es in der Vorlage der Stadt. So weit, so durchdacht.
Der Baubeschluss fรผr die Interimsschule in der Klettenstraรe.
Ab Herbst soll gebaut werden, ab 2025 soll die Interimsschule zur Verfรผgung stehen und voraussichtlich bis 2032 genutzt werden.
Aus Sicht der Stadt wรคre es kein Problem gewesen, die Interimsschule nur teilweise barrierefrei zu bauen, da betroffene Kinder mit entsprechender Behinderung in dieser Zeit problemlos an andere, barrierefreie Schulen in Paunsdorf umgelenkt werden kรถnnten.
Aber die Sache ist nicht wirklich eine Frage des Pragmatismus, auch wenn OBM Burkhard Jung das gern so sehen wรผrde. Denn in diesem Fall ginge es um einen zusรคtzlichen Aufzug, damit die Interimsschule ebenfalls komplett barrierefrei wird.
Was nach Aussage von Schulbรผrgermeisterin Vicki Felthaus etwa vier Monate Bauverzรถgerung bedeuten wรผrde und 600.000 Euro zusรคtzliche Kosten.
Beantragt hatte die Linksfraktion in ihrem รnderungsantrag dazu: โDas Genehmigungsverfahren fรผr den Anbau eines Aufzugs an der Auslagerungsschule wird nachtrรคglich gestartet und dieser zeitnah nachgerรผstet. Die Kosten werden dementsprechend neu berechnet und in den Punkten der Vorlage ergรคnzt.โ
รnderungsantrag der Linksfraktion zum Baubeschluss der Interimsschule in Paunsdorf.
Was ja am Baubeschluss nichts รคndern wรผrde. Es mรผsste nur nachtrรคglich installiert werden.
Die AfD-Fraktion sah hier freilich wieder einen schรถnen Ansatz, auf den schon fahrenden Zug aufzuspringen und beantragte noch einmal extra: โUm die Barrierefreiheit in der Auslagerungsschule Paunsdorf (Klettenstraรe) vollumfรคnglich zu gewรคhrleisten, wird ein Personenaufzug in den Bau integriert.โ
Sodass dann auf einmal scheinbar eine รผbergreifende Allianz im Stadtrat von Linken und AfD zu entstehen schien. Was aber nicht wirklich der Fall war, denn der AfD-Antrag fiel nach der emsigen Diskussion am 15. Mรคrz in der Ratsversammlung mit 5 zu 48 Stimmen wieder klรคglich durch.
Der Linke-Antrag zu diesem Punkt hatte zwar auch die AfD-Stimmen bekommen. Aber da hatte Sรถren Pellmann auch schon die Sรคchsische Bauordnung herausgeholt und Leipzigs Verwaltung darauf hingewiesen, dass sie zwar schรถn pragmatisch denken wรผrde, wenn sie Interimsgebรคude auch mal ohne Fahrstuhl plane. Immerhin geht es ja um Steuergelder.
Kein Hintertรผrchen in der Bauordnung
Aber die Sรคchsische Bauordnung ist an dieser Stelle recht eindeutig und bezieht sich nicht nur auf normale Schul- und Kitaplanungen, bei denen grundsรคtzlich Barrierefreiheit gewรคhrleistet werden muss.
In der Sรคchsischen Bauordnung ยง 50 steht dazu ziemlich klar: โBauliche Anlagen, die รถffentlich zugรคnglich sind, mรผssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere fรผr
1. Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens โฆโ
Dort ist keine Ausnahme fรผr temporรคre Bauten definiert. Sodass Pellmann durchaus recht haben dรผrfte mit seiner Ansicht, dass die Stadt nach Baubeschluss fรผr die Interimsschule sowieso prรผfen mรผsste, inwiefern der ยง 50 der Sรคchsischen Bauordnung hier zutrifft. Und wahrscheinlich wird sie aus Dresden den Bescheid bekommen, dass er zutrifft.
Es ist dann letztlich sogar egal, dass auch der รnderungswunsch der Linksfraktion mit 19:35 Stimmen abgelehnt wurde. Die Stadt muss das prรผfen.
Auch der Antragspunkt Nr. 9 der Linksfraktion wurde mit 20:31 Stimmen abgelehnt. Der lautete: โDie Verwaltung wird beauftragt, Interimsgebรคude fรผr Schulen kรผnftig vollumfรคnglich barrierefrei zu planen und zu errichten.โ
Auch da kann es jetzt passieren, dass die Landesdirektion eindeutig sagt, dass es auch bei Interimsbauten keine Ausnahme gibt.
Fรผr die anderen Antragspunkte der Linksfraktion gab es dann eine groรe Mehrheit im Stadtrat mit 39:11 Stimmen.
Die lauteten: โ10. Die Verwaltung wird beauftragt zu prรผfen und aufzulisten, welche Schulgebรคude aktuell nicht vollumfรคnglich barrierefrei sind.
11. Fรผr nicht barrierefreie Schulgebรคude, fรผr die zeitnah keine Sanierung angedacht ist, erarbeitet die Verwaltung bis Ende des Jahres 2023 ein Konzept zur barrierefreien Erschlieรung.
12. Die Verwaltung wird beauftragt, bis zum 4. Quartal 2023 zu prรผfen, inwieweit die auf dem Gelรคnde Klettenstraรe geplanten Sportanlagen frรผher auf einem anderen Grundstรผck geplant und umgesetzt werden kรถnnen.โ
Und die Gesamtvorlage der Stadt erhielt sowieso eine mehrheitliche Zustimmung, sodass die Interimsschule in der Klettenstraรe jetzt gebaut werden kann. Und Leipzigs Verwaltung tut wohl sehr klug daran, direkt bei der Aufsichtsbehรถrde nachzufragen, ob der ยง 50 der Sรคchsischen Bauordnung hier vollumfรคnglich zutrifft. Denn da ein โJaโ sehr wahrscheinlich ist, mรผsste man die Installation eines Fahrstuhls schnellstmรถglich ebenfalls in die Wege leiten.
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