Wenn wichtige Bauprojekte immer öfter im letzten Moment und mit Zeitdruck in die Ratsversammlung kommen, ist das natürlich auch eine gelinde Erpressung. Denn wenn sich die Stadträte und Stadträtinnen noch einmal Zeit zur Beratung ausbedingen, kann das dann schnell eine Verschiebung um Jahre bedeuten. Wie bei der Gustav-Esche-Brücke I über die Neue Luppe, für welche die Stadtverwaltung ganz bald eine Zustimmung vom Stadtrat haben möchte.

Möglichst gleich im Anschluss an die kleine Gustav-Esche-Brücke, die gerade gebaut wird. Aber weil Zeitdruck besteht und man den Autoverkehr über die Gustav-Esche-Straße nicht unterbrechen möchte, soll es wieder heftige Eingriffe in den geschützten Baumbestand geben.

Grüne schreiten mit eigenem Antrag ein

„Aktuell befindet sich die Gustav-Esche-Brücke II im Bau, im Anschluss soll ab 12/2023 bis 3/2026 die Gustav-Esche Brücke I wegen ihres ebenfalls sehr schlechten Bauzustands mit bereits bestehender Lastbeschränkung durch einen Neubau ersetzt werden. Mit dem Neubau in der Breite des Bestandsbauwerks entfallen die Brückenpfeiler in der Luppe und es werden die Verkehrsbedingungen für alle Verkehrsarten verbessert. Dazu ist dieser Bau- und Finanzierungsbeschluss in Höhe von rd. 13,5 Mio. € zu fassen“, heißt es in der Vorlage der Stadt.

Vorlage zur Gustav-Esche-Brücke I.

Doch die Eingriffe in den Baumbestand für die Umfahrungsstrecke werden heftig. Darauf wies die Initiative Stadtnatur hin, die auch eine entsprechende Fachaufsichtsbeschwerde eingereicht hat.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen greift das Problem jetzt auf und beantragt, auf die Umfahrung zu verzichten. „Der Ersatzneubau der Gustav-Esche-Brücke I i. Z. der Gustav-Esche-Straße über die Neue Luppe wird so realisiert, dass nur eine einseitige Ersatzfahrbahn geschaffen wird, die über eine Lichtzeichensignalanlage den Verkehr in beide Richtungen regelt. Die entsprechenden Punkte werden angepasst“, lautet der Grünen-Antrag.

Man kann nicht so rücksichtslos mit dem Auwald umgehen

In der Begründung widerspricht die Grünen-Fraktion den Argumenten der Stadt, die eine solch aufwendige Umfahrung für nötig hält: „Die Straßenverkehrsbehörde argumentiert, dass die Leistungsfähigkeit der stark frequentierten Straße während der Bauzeit erhalten bleiben muss und daher ein Ersatzneubau durch das angrenzende Landschaftsschutzgebiet geschaffen werden muss. In der veranschlagten Größe wäre dies ein sehr starker Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald und Vogelschutzgebiet, bei dem 51 Bäume gefällt werden würden.

Abgestellt wird dabei einseitig nur auf die Belange des Autoverkehrs. Die Belange des Naturschutzes werden nachrangig behandelt. In Zeiten von Klimakrise und Trockenheit weisen viele Bäume im Leipziger Auwald bereits deutliche Schäden auf. Der Einschlag jetzt kann auch in den nächsten Jahren nicht kompensiert werden.

Es ist auch nicht mehr vermittelbar, dass generell Umweltschutzbelange nachrangig gewichtet werden. Mit einer nur einseitigen Behelfsbrücke kann die Verkehrsachse auch unter Einschränkungen erhalten werden, bei geringeren Baukosten und weniger Umweltschäden. Die Einschränkungen des Verkehrsflusses sind in der ausgeglichenen Abwägung aller Schutzgüter zumutbar. Es ist bedauerlich, dass die Sanierung im Bestand nicht schon vor Jahren erfolgt ist, da so ein Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet hätte komplett verhindert werden können.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass bei einer Sanierung im Bestand, die allein aufgrund des Brückenzustands nicht mehr möglich ist, eine einspurige Verkehrslösung an der Brücke während der Bauzeit umgesetzt worden wäre. Das Argument, dass zwingend eine Ersatzbrücke in kompletter Breite der Gustav-Esche-Brücke I zu erbauen ist, verfängt also an dieser Stelle nicht.“

Bei der kleinen Gustav-Esche-Brücke, die gerade gebaut wird, hat die Ratsversammlung zu spät reagiert, um die massiven Eingriffe in den Auwald zu verhindern. Ob sich diesmal eine Mehrheit findet, um weitere Verluste wertvoller Baumbestände zu verhindern, bleibt abzuwarten.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar