Schon gegen die ersten Baumfällungen im Vorfeld des Baus der kleinen Gustav-Esche-Brücke 2022 hat die Initiative Stadtnatur eine fachaufsichtliche Prüfung beantragt. Und nun wurde sie von der Ankündigung der Stadt überrascht, dass gleich im Anschluss ab Dezember 2023 auch die Brücke über die Neue Luppe gebaut werden soll. Wieder mit Eingriffen im Naturschutzgebiet.

Anlässlich der Verbandsbeteiligung zu dieser weiteren Brückenerneuerung in der Gustav-Esche-Straße hat die Initiative Stadtnatur deshalb ihren Antrag auf fachaufsichtliche Prüfung bezüglich dieses Bauvorhabens erweitert.

Kritik der Initiative Stadtnatur

Neben den geplanten Eingriffen im Auwald – immerhin liegt die Brücke im FFH-Gebiet, im SPA-Gebiet und im Landschaftsschutzgebiet – für die Umgehungsstraßen für den Brückenneubau (I und II) an der Gustav-Esche-Straße, die erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes verursachen, weist die Initiative Stadtnatur auf die Zerstörung von artenschutzrechtlich relevanten Lebensräumen durch die als Ausgleichsmaßnahme deklarierte Rodung eines 3.000 m² großen Waldbestandes aus Eschen-Ahorn hin.

Dieser wurde zudem bereits im Forstwirtschaftsplan 2018 und 2019 als forstliche Maßnahme geführt und käme auch deshalb als Kompensationsmaßnahme nicht infrage.

Blick auf den als Kompensation für die Eingriffe zur Rodung vorgesehenen Eschen-Ahorn-Bestand. Foto: Initiative Stadtnatur
Der als Kompensation für die Eingriffe zur Rodung vorgesehene Eschen-Ahorn-Bestand. Foto: Initiative Stadtnatur

Gerade diese Kompensationsmaßnahme findet die Initiative Stadtnatur inakzeptabel: „Diese Maßnahme wurde auch schon für die Brückenerneuerung II, der unsere fachaufsichtliche Beschwerde galt, angesetzt. Damit sind die Rodungen von Teilbereichen dieses Bestandes bereits genehmigt. Da wir uns außerhalb der Schutzzeiten des Bundesnaturschutzgesetzes (§ 39) befinden, ist hier absolute Dringlichkeit geboten, um diesen Bestand und seine Fortpflanzungs- und Ruhestätten vor der Zerstörung zu schützen“, heißt es im Schreiben an die Landesdirektion.

Die Landesdirektion soll einschreiten

Gerade hier wünscht sich die Initiative ein Einschreiten der Landesdirektion. Denn nicht alles, was aus forstlicher Sicht logisch erscheint – hier die Entfernung eines gewachsenen Eschen-Ahorn-Waldes – ist naturschutzfachlich akzeptabel.

„Darüber hinaus bitten wir um umgehende fachaufsichtliche Weisung, die geplanten und bereits im Zusammenhang mit der Brückenerneuerung Gustav-Esche-Straße II widerrechtlich genehmigten Rodungen eines artenschutzrechtlich relevanten Waldbestandes zu unterbinden (‚Ausgleichsmaßnahme A 4 Waldumbau auf externer Fläche in ca. 900 m Entfernung zur Gustav-Esche-Brücke I, nordöstlich des Auensees innerhalb des FFH-Gebiets‘)“, betont das Schreiben an die Landesdirektion.

„Diese Maßnahme ist außerdem bereits in den Forstwirtschaftsplänen von 2018 und 2019 als forstseitig geplante Maßnahme enthalten und daher nicht als Kompensationsmaßnahme geeignet. Zudem ergibt sich die Frage, ob aufgrund der Betroffenheit des FFH-Gebietes nicht ein ordentliches Plangenehmigungs- oder gar Planfeststellungsverfahren mit entsprechender ordentlicher Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden sollte.“

Zeitdruck für die Beteiligung

Denn irgendwie scheint hier wieder ein zeitlicher Druck aufgebaut worden zu sein, der die zu beteiligenden Umweltverbände dazu zwingt, binnen zwei Wochen ihre fachlichen Einsprüche zu formulieren, obwohl es die Pläne für die Brücke über die Neue Luppe schon seit 2020 gibt.

Dass auch für die Umfahrung der neuen Baustelle alter Baumbestand gefällt werden soll, formuliert die Vorlage der Stadt so: „Bauzeitlich ist eine Inanspruchnahme von Flächen für die Umfahrung und die Baubereiche erforderlich. Es ist ein Vertrag mit der LTV (Landestalsperrenverwaltung, d. Red.) abzuschließen sowie eine befristete Waldumwandlung bei der Oberen Forstbehörde zu beantragen. Es ist kein dauerhafter Grunderwerb erforderlich.“

Die Vorlage zum Neubau der Brücke über die Neue Luppe.

Befristete Waldumwandlung? Das stieß der Initiative Stadtnatur ganz sauer auf.

Zur Behelfsbrücke während der Bauzeit heißt es in der Vorlage: „Zur Aufrechterhaltung der Verkehrsbeziehungen während der Bauzeit wird östlich der vorhandenen Brücke eine Umfahrung mit einer 3-feldrigen Behelfsbrücke und Rampen hergestellt. Die Umfahrung erfolgt östlich neben der Gustav-Esche-Straße, da hier ein geringer Eingriff durch Nutzung der Parkflächen und Wege am Haus Auensee möglich ist. Die Linienführung wurde so festgelegt, dass so wenig Starkbäume wie möglich gefällt werden müssen.“

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachtet?

Und noch etwas vermisst die Initiative Stadtnatur: „Weiterhin fehlt jegliche Würdigung der Behörde im Sinne des Vermeidungsgebotes und der Darstellung einer Abwägung zwischen der Unversehrtheit des FFH-Gebiets und der räumlich funktionalen Lebensräume und der Gewährleistung einer örtlichen, temporären Umfahrungsstrecke.

Dass ein zwingend erforderliches, öffentliches Interesse für die Errichtung einer lediglich zur Gewährleistung einer örtlichen Umfahrung zu errichtenden Brücke vorliegt und damit einen entsprechenden Rechtfertigungsgrund für den dargestellten Eingriff in die geschützten Lebensräume und FFH-Gebiet bietet, ist schwerlich nachvollziehbar und deutet auf einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hin.“

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Es gibt 5 Kommentare

an TLpz – wenn die Brückenbereiche im Ganzen betoniert wurden dann wird eine Trennung schwierig, richtig. Aber wenn die Brücke aus Riegeln bzw. nebeneinanderliegenden Platten besteht, ginge eine Trennung. Das weiß leider nur das vta.

@Christof
> 3. Warum muss überhaupt eine Umfahrungsbrücke gebaut werden? Warum reicht keine halbseitige Sperrung der vorhandenen Brücke mit Ampelschaltung?

Weil eine ganze Brücke nicht hälftig abgerissen werden kann. Die Brücke wird nicht saniert, sondern abgerissen und neu gebaut.

Aus dem Artikel werde ich nicht so richtig schlau – jetzt müsste mir mal Jemand auf die Sprünge helfen:
a) zum Bau einer Umgehungsbrücke für den Neubau der G-Esche Brücke II über die Neue Luppe wird als Ausgleichsmaßnahme ein Stück bestehender Wald gerodet , um dort andere Gehölze anzupflanzen. Was soll denn der Sinn dieser “Ausgleichsmaßnahme “sein – bestehendes Gehölz beseitigen um anderes Gehölz wieder anzupflanzen? Nicht nachzuvollziehen.
b) So richtig wird mir nicht klar, um welches Gelände es sich für die “Ausgleichsmaßnahme” handeln soll? (‚Ausgleichsmaßnahme A 4 Waldumbau auf externer Fläche in ca. 900 m Entfernung zur Gustav-Esche-Brücke I, nordöstlich des Auensees innerhalb des FFH-Gebiets‘)“ – nördlich vom Auensee befindet sich die A-Bebel-Kampfbahn, der große Parkplatz und Gewerbe, nordöstlich dann nur hinterm Viadukt ein Waldstreifen zwischen Weg zur Wettinbrücke und Weißen Elster – und hier wachsen seit ca 15 Jahren angepflanzte Bäume.
3. Warum muss überhaupt eine Umfahrungsbrücke gebaut werden? Warum reicht keine halbseitige Sperrung der vorhandenen Brücke mit Ampelschaltung? Eingeschränkt nutzbar ist die Bestandsbrücke über die Neue Luppe sowieso nur. Und die Fahrzeuge stauen sich letztendes in jedem Fall an der G-Schwarz-Brücke und an der Kreuzung Linkelstr-G-Schumann-Str. Warum muss hier wieder mal Auwald platt gewalzt werden?

Diesen kleinen Waldbestand an der Eisenbahnlinie, der für den sogenannten Waldumbau – der eigentlich eine Waldvernichtung ist -, kenne ich aus eigener Anschauung. Es handelt sich um einen Waldbestand, der von Eschenahorn, einer nichtheimischen Art, dominiert wird (da wurde in dem Artikel etwas verwechselt), aber auch Bergahorn und Schwarzer Holunder enthält, am Rand auch alte Kirschen. Wie dem auch sei, auf alle Fälle ist der Bestand sehr strukturreich und mit seinem Totholzreichtum und der starken Dynamik und damit dem hohen Entwicklungspotenzial sehr wertvoll für Flora und Fauna. Er muss in Ruhe gelassen werden! Wenn die untere Naturschutzbehörde so einen Eingriff auch noch als Kompensationsmaßnahme mitträgt – so sieht es ja offensichtlich tatsächlich aus -, ist das ebenfalls völlig inakzeptabel! Das ganze ein einziges Verwaltungsfehlverhalten-Trauerspiel! Leider kein Einzelfall…

Die Stadt Leipzig lässt Bäume im Naturschutzgebiet fällen damit Autofahrer keine Umleitung fahren müssen. Eine Schande dass die Entscheidungsträger dafür sogar noch mit öffentlichem Geld belohnt werden.

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